Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI article:
Pecht, Friedrich: Das Kunstgewerbe auf der Berliner Jubiläums-Ausstellung
DOI article:
Kaden, Woldemar: Ein Blumenmaler
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0103
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
52 Das Unnstqewcrbe auf dcr Berl. Iilbil.-Allsstellung. Dan Fr. Pecht — §in Blltnteunlaler. Dan W. Aaden

kommen und nnr zit leicht übersehen werden. Bei der großen Bedeutnng derselben ist dies nnr ein neuer
Beweis, wie dringcnd notwendig fnr uns die Veranstaltnng einer allgcmein deutschen Jndustrie-Ausstellnng
wäre. Sie allein könnte dcr Nation wie dem Ausland endlich eine lebendige Anschaunng davon verschaffen,
welche ungehcueren Fortschritte speziell unser dentsches Kunsthandwerk seit eincm Jahrzehnt gemacht hat. Eine
solchc Ausstellung wäre aber um so wohlthätigcr, als hier noch die Möglichkeit cines großartigen Exports
gegeben ist, sobald die llnternehmnngslust nnd das jeht fast ganz mangelndc Verständnis nnd der Nationalgeist
unserer Kanfleute mit der Leistungsfähigkeit unserer Knnstgewerbctreibenden anch nur cinigermaßcn Schritt
halten werden, was jctzt allcrdingS durchans noch uicht überall, sondern höchstcns bci den Buch- uud Kunst-
hündlern der Fall ist.


^5i n Vlliinxnmlllxr.
vo>, ivcitdl'Mür üadcii

77k>as Schöustc auf dcu Flurcu suchen, Blümcheu pflückeu
uud Bluiiieusträußchcu und „Bouketts" biudeu,
Kräuze uud Guirlanden wiudcu, mag, wie mäuiiiglich be-
kauut, cin althergebrachter Spvrt Neuverliebtcr seiu, ist
aber wie Strüiupfestricken uud das Kuüpfeu vou Secgras-
teppichen keiue augeuiesseue Beschüftiguug für die rauhere
Schwerthand des Manues. So ist niir auch, obschou ich
uieiuaudcm „seiu Gefühl uud seine Kirche" raubcu will,
ciu uiüiinlicher Bluiueuiuater, iveun cr zufällig keiu Nieder-
lüuder des XVII. oder XVIII. Jahrhuuderts war, selbst
wenu er zu seiueu Bluiueu eiue gauze Schüssel aus-
gereister Früchte legte (Saiut-Jeau verzeihe unr uiciiie
Süude!), uieuials ganz küustlerbürtig crschieiieu.
Biir schieu es eiu würdiger Thuu, die Götter und
Göttiuueu, meiuctwegeu au deu Beiueu, aus dcni Olhiup
herabzuzieheu uud zuiu Modellstehen zu zwiugcu, als so
eiu Veilcheu am Wiesenraud oder eiu Gäuseblümcheu, oder
auch eiue stvlzeTulipaue undPüouie, „init allcn Würzelchen"
ausgrabeu, um sie auf die Leiuwaud zu verpflanzen.
Die Geschichte der Blumeumalerei mag niich vielleicht
iu meineu barbarischeu Aiischauiiugeu bestürkt haben; deuu
gauz am Eude der starkeu Kuust und als mau sie iu
alleu Laudeu ciusargtc, crschieu jeue wie eiue letzte lllaiike
au ciuem absterbeudcu Baum, uud, wie man Blumeu auf
die gewöhulichen Meuscheugräber streut, so warf sie ihre
heitereu Prvdukte auf das Hüueugrab der großen Kuust.
Die Tulpculiebhaberei der Holländer uud die Blütezeit
der Blumenmalerei fieleu ziisamuieu uud das Faktum sagte
mir geuug.
Jch sah auf diescm süßlyrischen Felde, ohue den
alteu Meistern David uud Coruelis de Heem, Mignon,
Jan van Huysum, vau Dael, Gröulaud, Frauz Petter,
uud wie sie alle heißeu, uoch im Grab zu uahe trcteu zu
wollen, viel lieber das weiche Mädcheu, die saufte Frau
beschüftigt, vou deucu dauu, wie im wirklichcu Garteuleben,
gar viele (Neigeuführeriu lllachel Ruysch) in trcfflicher
Weise sich ausgezeichuet habeu und (ich glaube Hermine
Stilke, Elise Waguer, Auna Peters, Hermiue v. Schniidt-
Preuschen nenueii zu niüssen) noch heute sich auszeichnen.
Wenn aber ein männlicher Künstler nichts anderes
gelerut hat, oder seinem sanfteren Gemüte zu Liebe, nichts
anderes lernen wollte nnd schließlich seine helle Freude au
den Blumen und ihrer Verewiguug hat, uuu so mag er
sie eben üben in aller nenn heiligen Musen Nameu. Uud
ivenu cr, was ja bei alleu uusereu Bestrebungen die Haupt-

sache, Ehreu damit uud Gold uud als preisliche Zugabe
eiu holdes Weib zu crriugeu vermag, so mag er auf seiueu
Kollcgen Laudschafter oder Historien-, Geure- oder Tier-
maler, au dessen Atelierpförtleiu weder der Ruhmesherold
uoch dcr Geldbriefträger jc augeklopft, weuu uicht mit
Stolz — dazu ist er als Maler der demütigeu Blumen, der
das Veilcheu iu seiu Wappen geuommen, viel zu be-
scheidcu — so doch mit Geuugthuuiig herabschaueu.
Abcr ich meine, es gibt gegenwürtig nur wenig
Blumenmaler uud einer der alteu, der iu den vierziger
Jahren blühtc, ist in diesem September gestorben: Fran-
cesco Malacrea in Triest.
Dem Francesco Malacrea hatte unzweifelhaft i»
jungeu Jahrcn die Göttin Flora selbft, da sie einen
Biodcll-Blumeukorb ablieferte, jenes Glück als eiu Fiudcl-
kiud ins Atelier getragen, uud er zogs groß.
Seiue Bilder dienten vorzugsweife, und dort find ja
Blumen am Platze, mouumeiitalcu Dekoratiouen, es waren
aber auch selbstäudige Quadratmeter große, auch größere, auch
klciuere und viel klciuere Stückcheu lebendiger pcatur, wie
herausgeschnitteu aus dem großcu Zauberteppich dcs blühen-
deu Frühliugs uud glüheuden Sommers, uud wetteiferten
mit dcn Kiuderu jeues uud deu reiseu Schöuheiteu dicses
an Farbeupracht u»d Frische, au Lieblich- uud Üppigkeit.
llud hiug jo ein Bliimcn- oder Fruchtstück im parsümierten
Boudoir eiuer vornehmen Dame, so fehlte ihm uichts zu
seiner Vollkomineuhett: dcr Dust verschmolz mit den
leiichteuden Farben zn eiuem süßeu Lenzestraum, aus dem
uur der Name des Küustlers iu goldeneu Lettern hervor-
glänzte.
Uud dauu hieß er oft nicht mehr Signor Malacrea,
sondern schlcchtwcg Francesco, vder gar Cccco und Ehecco.
So uanute ihn die Liebe über Blumcn. Doch das siud
selbstverstüudliche Dinge.
Aber die Liebe schwebt iu der Luft und lüßt den
Magcu leer. Francesco Malacrea jedoch hatte auch viele
Bestclluugcn und ward dadurch in der Haudelsstadt au
der Adria eiu augesehcuer uud wohlhabeuder Mauu. Was
er damals gcwirkt, ist uoch heute in vielen Speisesälen
nnd Eßzimmcrii Triests zu sehen, wv die Blumen seiuer
glücklicheu Jugeudperiode blüheu.
Er war stolz auf seine Kuust, ohue übermütig zu
sein, denuoch meiute er, au Schöpfungskraft mit Gottvater
selbst es anfnehmen zn kLnneu, nnd wenn dieser am dritten
Schöpfuugstage, wo es galt, dcm groben Erdbodcn durch
 
Annotationen