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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Kaden, Woldemar: Ein Blumenmaler
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Pecht, Friedrich: Künstlerische Weihnachtsgaben, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0105
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Ein Blumenmaler. Von N). I<aden — Aünstlerische ZVeihnachlsgabeu. Von Fr. Oecbt

bereitet, ihn einmal sogar nüt der kaiserlichen Regierung
in Konflikt gebracht.
Statthalter in Triest war damals der Baron von
Mohring. Diesem hatte die revolutionäre Gestalt des
Kiinstlers bald in die Augen gestochen. Jn emem Ansall
von Übereifer befahl er, den Maler zn rufen und ihn
auszuforschen über den Grund seiner absonderlichen Mode
und ihn zu überreden, diese Romantik dem politischen
Glanben zu Liebe au den Nagel zu hängen.
Aber die Polizeiagenten kannten diesen Räuber und
konnten bestätigen, daß er der ruhigste Bürger Triests und
der treueste Unterthan seiner Majestät war. So ließ
man den Mann mit dem Federhut in Rnhe, nnd Herren-
modeu und politische Moden gingen an diesem vorüber,
ohne daß er je sich um die eine oder die andere ge-
kümmert.
Auf dem Blumenmarkte also stand der Alte, schaute
mit blitzenden Augen, stellte in Gedanken die herrlichsten
Bilder zusammen und klimperte dazu mit den wenigen
Kreuzern in den Taschen seiner weiten Beinkleider. Daun
traf er seine Wahl, mit hundert Qualen, feilschte lange,
aber das Erworbene bildete sein Entzücken. Nicht ackstend
auf das Gewühl der Meuge, die Augen tief i» die Kelche
seiner Rosen, seiner Nelken und Kornblumeu versenkt,
kehrte er in seine öde Kanimer zurück, die an solchen
Tagen wieder mit eiu wenig flüchtigem Duft, ein wenig
ebeuso flüchtiger küustlerischer Begeisteruug erfüllt war...

Auch diese Lichtblicke waren ihm in den letzten Jahren
nicht mehr vergönnt. Der rechte Arm ward vollständig
gelähmt und der nunmehr vierundsiebenzigjährige Alte hatte
oft nichts zu essen. Da mußte der Tod wie ein Befreier
erscheinen. Er kam, aber wie ein stürmischer Bcfreier.
Er machte mit dem gebrechlichen Maler keine Umstände,
und er stürzte ihn auf eiuem Bittgange die Treppe hinab
und drunten fand man ihn mit zerschlagener Stirn, aus
der „des Blutes rote Rosen" guollen; der alte Federhut
lag weit drüben auf dem Pflaster.
Nun zog man ihm auch die verschossene Samtjacke
aus. Ein paar Stunden Todeskampf und dann war der
Francesco tot.
Sein Tot brachte der Stadt den einst Gefeierten
wieder in Erinnerung, sie schickte eiue große Anzahl ihrer
Bürger, ihn zu Grabe zn bringen; allen voran schritt der
„Lircolo urtistico triestino", der hat auch, wie die Zei-
tungen berichteteu, dem Toten eineu riesigen Lorbeerkranz
auf den Sarg gelegt. Und der Pfarrer sprach: Ameu!
Bei so eineni Künstlergrab, ein solches Künstlerleben
überdenkend, dürfte man schon ein bischen melancholisch
werden. Aber es bleibt ein schöner Trost, ein klassisch-
poetischer: unser armer Freund wandelt druuten im
Hades auf der berühmten unendlicheu Asphodeluswiese;
Asphodelus, einc Götterpflanze, deren schlanke Blüte das
Auge crfrent, deren Wurzel gleichzeitig gratis eiuen kräf-
tigen Nährstoff gibt.

Liünftlerischc Weihnachrs gaü en.
von Lr. pecht

aß ein Fortschritt unserer Jllustrationskunst in den
mehr oder weniger eleganten Bänden zu entdeckcn
wäre, die sich da anf unserem Tische versammelt, das kann
man eigentlich kaum behaupten, jedenfalls bezieht er sich
dann nur auf die Technik. Sind doch sogar einige der
besten Werke unter denselben schon einer früheren Zeit
angehörig jund nur stn ueuen Ausgaben erschienen oder
jetzt erst ivollendet worden. Weit eher möchte man aus
manchen heurigeu Publikationen auf eiue bedenklich zu-
nehmende Verflachung in unserer Künst schließen, auf jene
Llbneigung so vieler, selbst sehr begabter Künstler, es ernst mit
derselben zunehmen und die allemal sagt: Ja, beim nächsten Bilde
werde ichs schon besser machen, diesmal wollte ich nur schnell
Geld verdieuen! Das hört man so oft, bis der, welcher
so spricht, des Zusammennehmens gar nicht mehr fähig ist.
— Zeigt uns doch schon jede Ausstellung nnseres Kunst-
vereins neben deni Guten auch eine Überflntung mit dem
elendesten Zeug, das einem die ganze Jnstitution vcrleiden
möchte, da seine Herren Verfasser nicht einmal die Zeit
gefunden haben, ihre Bilder auch >nur halbwegs fertig zu
machen. — Möchten sich dieselben die Zopfmaler erst
einmal ordentlich ansehen, die sie so gerne nachahmen, um
der unangenehmen Notwendigkeit zu entgehen, Charaktere
statt Karrikaturen, wahre Empfindung statt aufgebauschter
Phrase zu geben. Sie würden dann immerhin Respekt
vvr dem Können eines Tiepolo bekommen, wie frivol
der Gebrauch auch sein mag, den er davon macht.
Wenn man vollends diese alljährlich anschwellende,
durch die Leichtigkeit der heutigen Reproduktionsvcrfahrcn

noch fortwährcnd gesteigertc F-lut von Weihnachtsbüchern
sieht, von dencn Ivir uns hier selbstverständlich aus die
bessercu beschränken, so möchte man fast zweifelu, daß unsere
deutsche Kuust gerade ihre schönstcn Lorbeeren auf dem
Felde der Jllustrution gepflückt, sich da ganz allein der
jeder anderen Nation eiust überlegen gezeigt habe, als noch
die Cornelius, Schnorr, Führich, Schwiud,
Ludwig Richter, oder Menzel, Oskar Pletsch,
Ramberg, A. v. Werner den Stift führten.
Einen Abglanz davon findet mau uoch bei Heudschel,
der ärmer an Erfindung, an gestaltenbildcnder Phantasie,
als sein Vorbild Ludwig Richter, ihn dafür wenigsteus im
Bcreiche der Kinderdarstelluug un dlaturgefühl ehcr noch
übertrifst. Tarum wird denn auch der ucu ausgelegte Band
„Ans HcudschelsSkizzenbnch" (Frankf., Hendschel. Pr. 20 M.)
sich nm so leichter die Gunst des Publikums erhalten, als
seine Kindcrgruppen mit dcm fröhlichsten Humvr der Natur
unmittelbar abgclauscht sind uud den Frankfurter Boden
ebenso deutlich abspiegeln, als die Richter'schen deu
sächsischeu.
Nicht so deutlich als im Gedicht, ist der allemannische
Stamm in den Bilderu zu Scheffels „Ekkehard",
lNcüuchen,VerlagsanstaltfürKiiustu. Wissenschaft. Pr. 20 M.)
wiederzufinden, mit ivelchen sich die Pilotyschule vor zwanzig
Jahren ihre Sporen iu der Jllustrationskuust verdicnte.
Tagcgeu findet mau hier in reichem Maße das, was diese
Schule so sehr vvu ihreu trockcncren Vorgängerinnen unter-
scheidet: malerischeu Reiz und wohlthueude Freiheit der
Behandluug. Tabei sind diese Kvinpvsitioncn bei aller
 
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