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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Szana, Thomas von: Tihamér Margitay
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0357
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Tihamer v. Margitay

27-^


.Das Melier T. v. Wargilays

Darstellung gewählt hätte. Allein er empfand es damals
schon voll feinen Taktgefühls, daß die ewige Variation der
alten Themata das Publikum schließlich ermüde, und daß
im Reiche der Kunst nicht nur für dralle kurzröckige Bauern-
dirnen und Burschen mit schmalkrämpigcn Rundhütchcn
und wcitflatternden, weißen und schwarzen Beinkleidern
Raum sei. Die Glorifizierung des Betyarcntnms, welcher
sich am Beginne seiner Laufbahn selbst Michael Munkäcsy
nicht ganz zu entziehen vermochte, erfüllte den schon zu-
folge seiner Geburt sich in edleren, feineren Kreisen be-
wegenden jungen Künstler mit einem wahren Ekel.
Als der Sprosse eines uralten ungarischen Adels-
gcschlechtcs genoß er eine sehr sorgfältige Erziehung, deren
streng moralische Basis die Ursache sein mochte, daß ihn
die gar nicht in unsre Epoche Passende Romantik des
magyarischen Brigantentums anwidcrte. Die ersten Schritte
im Reiche der Kunst machte er unter der Leitung des
trefflichen Professors O. Seitz in München, dessen Schüler
er an der Akademie war. Schon da lenkte der talent-
volle junge Ungar die Aufmerksamkeit seiner Professoren
ans sich, und bald war er einer ihrer Lieblinge. Zwei
erste Preise, die er bei Konknrrenzarbeiten an der Akademie
gewann, liefern den Beweis für den Ecnst, mit welchen
der junge Maler seine Kunst erfaßte.
Nach den mittelmäßigen Erfolgen einiger seiner
größeren Bilder wandte er sein Interesse auf einmal,
man könnte fast sagen ohne jeden Übergang dem modernen
Salonlcbcn zu. Toilettemachende junge Mädchen, in ihrer
Hohlköpfigkeit selbstgefällige Herrchen, wie wir ihnen im
Salon und in den modernen Straßen größerer Städte

zur Genüge begegnen, kokettierende Modedamen und ähn-
liche, andre Gestalten des gesellschaftlichen Lebens erschienen
der Reihe nach auf seinen neueren Bildern, mit welchen
er in rascher Aufeinanderfolge die Ausstellungen des
Künstlerhanses beschickte.
Diese, seine kleineren Bilder fanden alsbald Käufer
und manches derselben findet, in photographischer und
andrer Reproduktion verbreitet, unter dem Publikum zahl-
reiche Liebhaber. Der junge Maler hatte nun den rechten
Pfad betreten, jetzt mußte er nur noch bestrebt sein, seine
Werke inhaltsreicher zu gestalten, und sich mit der Technik
der modernen Meister näher bekannt zu machen. 'Die
anderthalb Jahre, welche er in Italien, die Galerien
Roms, Florenz' und Venedigs eifrig studierend verbrachte,
waren für ihn in jeder Beziehung fruchtbringend. Sein
Farbengesühl hatte sich angesichts der glühenden Farben-
sprache der alten und modernen Meister sehr entwickelt.
Sein „Dekameron", den er, wenn wir uns recht erinnern,
aus Florenz mit heimbrachte, war das erste Bild, welches
für sein Streben nach Charakteristik Zeugnis ablegte und
dabei auch seinen Beruf zum Humoristen manifestierte.
Das Bild fand auf der Ausstellung des ungarischen
Künstlerhanses zahlreiche Beschauer und nicht wenige
Amateurs wurden durch dasselbe auf das liebenswürdige
Talent Margitay aufmerksam gemacht.
Nach dem „Dekameron" wollte jedermann ein Bild mit
heiterer Stimmung von ihm haben. Bildern dieses Genres
sind „der Asphalllion" zuzuzählen, der, ein heiteres Lied
pfeifend, vielleicht eben auf ein Rendezvous wartet (s. S. 280),
daun „der Lump", der mit einer Art süßsaueren Humors
 
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