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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Szana, Thomas von: Tihamér Margitay
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0358

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von Thomas v, 5zana

seine leeren Taschen ans dem zerfetzten Beinkleide hervor-
kehrt, nachdem wahrscheinlich auch das letzte „Zehnerl"
in Form eines Gläschens „Bittern" den Weg durch die
Kehle genommen und außerdem noch zahlreiche kleine
Bildchen, deren heitere Themata allgemeinen Beifall fanden.
Der größte Triumph harrte indessen des jungen
Künstlers im Herbste des Jahres 1886. Da stellte er
nämlich das Bild „Ter Unwiderstehliche" aus (s. Jg. IV,
S. 15), welches seinem Namen mit einemmale auch im Aus-
lande einen guten Klang verschaffte, und ihm die Kunst-
märkle der ganzen Welt zugänglich machte. Über dem
ganzen Bilde weht die sonnige Stimmung eines Humors,
dessen Wirkung sich unmöglich auch nur ein einziger Be-
schauer desselben entziehen kann. Die morosesten Rezen-
senten verzogen das strenge Antlitz zu einem heitern
Lächeln und unter der Wirkung desselben schrieben sie
dem Bilde begeisterte Lobhymnen. In kurzer Zeit war
das Bild in den verschiedensten Reproduktionsweiscn er-
hältlich und wir glauben nicht zu viel zu behaupten, wenn
wir sagen, daß dasselbe seinen Weg durch den ganzen
Kontinent genommen hat, und zu den bekanntesten Bildern
moderner Meister gehört.
Nach dem durchschlagenden Erfolge des „Unwider-
stehlichen" erhielt das Talent Margitays neue Flügel.
Im nächsten Jahre hatte das Publikum schon wieder
Gelegenheit, angesichts seiner „Guten Partie" (Abb. s.
d. Heft) in herzliches Lachen auszubrechen. Es ist dies ein
gemaltes Lustspiel, die Familienfeier einer derangiertcn
Gentryfamilie, die mit gemischten Gefühlen den vorgestellten
häßlichen Freier, der aber eine „gute" Partie ist, —
empfängt. Die Alten kommen ihm einschmeichelnd ent-
gegen, die jungen Damen können ein Lächeln nicht ver-
beißen, während die zukünftige Braut befremdet dasteht.
Über diesem Bilde ist der ewigfröhliche Humor des wohl-
gemuten Künstlers ausgegossen, dessen liebenswürdige
Heiterkeit jeden Beschauer seines Werkes ansteckt.
Ein damit verwandtes Thema finden wir auch in
dem unter dem Titel „Der Korb" bekannt gewordenem
Bild (Abb. s. S. 279), welches ebenfalls der Protest eines
jungen Mädchens gegen eine Ehe ist, welche man dem-
selben aufzwingen will. Dieses Bild brachte ihm bei der
Jahres-Ausstellung des Budapester Künstlerhauses im
Jahre 1888 den ungarischen großen Kunstpreis ein. In ^
allen diesen Werken Margitays äußert sich ein bedeutender
Fortschritt. Nicht nur seine Süjets wurden inhaltsreicher
und manigfaltiger, sondern auch sein Gefühl für Humor
und Komik gewann an Feinheit.
Das jüngste Werk des genialen Malers sind die
„Flitterwochen", ein lebensvolles und geistreiches Ge-
mälde (Abb. s. d. Heft). Die Idee, welche er diesmal zum
Gegenstände seiner Ausarbeitung machte, stellt an das
Talent des Künstlers, zu charakterisieren, hohe Anforde-
rungen; denn die Komik des Bildes gewinnt nicht nur
in der Situation, sondern in ganz besonderem Maße
auch in dem Miencnspiel ihren Ausdruck. Das Bild
erzählt in klarer Sprache kurz und bündig die ganze
Situation. Es ist an demselben nichts Gekünsteltes und
nichts Überflüssiges. Die ganze Komposition ist nicht nur
schön und klar, und bis auf die geringste Nuance durch-
dacht, sondern auch das Werk eines reichen, an Erfindung
und Humor überschäumenden Geistes. Die „Flitter-
wochen" waren im Sommer während der Weltaus-
stellung in Paris und brachten dem Künstler eine neue

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Auszeichnung ein. Auf der Ausstellung des Budapester
Künstlerhauses gewann das Bild den Georg Rathschen
Preis, und wurde von Sr. Majestät dem Kaiser und
König Franz Joseph I. für seine Privatgalerie erworben.
Das Atelier des geistvollen Humoristen mit dem
Pinsel ist die Pilgerstätte nicht nur der Budapester,
sondern auch ausländischer Amateurs. Das Kompositions-
talent und den wahrhaft ästhetisch durchgcbildcten Ge-


Au- U.. v. Illurgitays äkizzenbuch

schmack des Künstlers lernt man erst dann näher würdigen,
wenn man sein Atelier gesehen hat. Es ist dies eine
Sehenswürdigkeit Budapests; erstens schon durch den aus-
erlesenen Geschmack, der sich im Arrangement desselben
manifestiert. In diesem vornehmen, schönen Hause bleiben
aber dennoch das schönste nnd kostbarste: die Skizzen,
Entwürfe, Studienmappen und Bilder des jungen
Malers.
Sein neuestes Werk, welches eben auf der Staffelei
der Vollendung cntgcgengeht: die „Nebenbuhler" ist
für die Ausstellung des Münchener „Salons" bestimmt.
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