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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Hausmann, S.: Die neueste Entwicklung der deutschen Panoramamalerei
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Perfall, Anton von: Dachstuben-Nachbarn, [2]: Novelette
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0343

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von 2. Hausmann — Dachstuben-Nachbarn. Novelette. von A. Frhr. v. perfall

2SZ

geschaffen: hatte er doch in seinen Bildern aus Spanien in vollendeter Meisterschaft gezeigt, wie er mit Luft
und Farbe des Südens sich vertraut gemacht hat, während er gleichzeitig in zahlreichen andren Werken eine
Vertrautheit mit dem Kulturleben des Altertums verrät, wie sie wohl keinem andern seiner Kunstkollegen eigen
ist. So ist es ihm auch gelungen, dem figürlichen und architektonischen Teile eine Natürlichkeit und Glaub-
haftigkeit zu verleihen, die geradezu unübertrefflich genannt werden kann. Dazu kommt, daß die einzelnen
Szenen des Triumphzuges weit genug entrückt sind, um nicht durch die Unbeweglichkeit der einzelnen Figuren
den Zuschauer peinlich zu berühren.
So ist es erklärlich, daß das Panorama von Rom, als es, — in der Farbengebung noch nicht ganz
vollendet — im Sommer 1888 ausgestellt wurde, sofort die wohlverdiente allgemeine Anerkennung gefunden
hat. Im vorletzten Winter ist es — wie aus München verlautet — nochmals überarbeitet, auch im figürlichen
Teile etwas bereichert worden und soll dadurch an Wirkung noch bedeutend gewonnen haben.
Es läge nahe, diese Entwickelung, wie sie hier in Kürze vorgeführt ist, nunmehr noch von dem
Gesichtspunkte aus näher zu betrachten, wie diese neue Kunstform, um diesen Ausdruck einmal beizubehalten,
ästhetisch zu beurteilen sei. Der Rahmen dieses Aufsatzes verbietet uns aber, mit größerer Ausführlichkeit aus
diese Frage hier einzugehen. Es soll deshalb nur kurz darauf hingewiesen werden, welcher Umschwung in
der ästhetischen Würdigung der Panoramen sich in den letzten Jahren thatsächlich vollzogen hat. So lange
die Schlachtenpanoramen noch allein herrschend waren, verhielt sich die berufsmäßige Ästhetik streng abweisend
gegenüber der neuen Erscheinung und zwar in einer übermäßig scharfen Form, die nur als berechtigte Reaktion
gegenüber den reklamenhaften Übertreibungen sich erklären läßt. Wir lesen da — ich citiere aus einem Aufsatze
von Schasler aus dem Jahre 1885 — von „einer ins große getriebenen Spielerei", von „Barbarismen, die
man der naiven Anschauung früherer Zeiten zu gute halten mag", und der genannte Schriftsteller versteigt
sich sogar bis zu dem folgenden Stoßseufzer: „Wenn so etwas heutzutage nicht nur fabriziert, sondern auch
als Kunstwerk bewundert wird und wenn man bedenkt, daß Künstler von unzweifelhaftem Talente zu solcher
Fabrikation sich hergeben, dann möchte man wirklich an dein notwendigen Fortschritte der modernen Kultur-
entwicklung verzweifeln."
Ein andrer Ton ward dagegen — wie wir oben schon gehört haben — angeschlagen, sobald die
Pauoramenmalerei den entscheidenden Schritt von dem Schlachtenbilde zu dem stimmungsvollen Historienbilde
gemacht hatten und Eduard von Hartmann erkannte in seiner „Philosophie des Schönen" ausdrücklich die That-
sache an, daß bei den neuesten Panoramen „der Schwerpunkt immer mehr auf das Gemälde selbst gelegt und
der szenische Teil immer nebensächlicher behandelt werde, — durch dessen völlige Ausscheidung erst das Rund-
gemälde ästhetische Berechtigung erlangen kann". Wir wollen hier dahingestellt sein lassen, ob das Panorama
jemals ganz und gar auf die plastische Füllung des Zwischenraumes zwischen dem Zuschauerplätze und dem
Gemälde wird verzichten können oder nicht, wir wollen auch dem weit ausschauenden Gedanken des genannten
Philosophen von einem möglichen halb- und selbst ganzkugeligen Bilde statt des jetzigen Rundgemäldes nicht
weiter folgen. Jedenfalls aber wird, das scheint uns aus der bisherigen Entwickelung unzweifelhaft hervor-
zugehen, jedenfalls wird dem Panorama, wenn es seine gewaltigen Mittel vollständig in den Dienst einer
Stimmungsmalerei in größtem Stile stellt und bei sorgfältigster Auswahl und Behandlung des Landschafts-
bildes die figürliche Staffage nicht aufdringlich und störend in den Vordergrund setzt, noch eine große Zukunft
beschicken sein. Andrerseits freilich wäre es auch unklug, seine Bedeutung wiederum ins ungemessene
zu übertreiben, und wir möchten uns der Ansicht Hartmanns anschließen, daß bei weiser Beschränkung der
Panoramenmalerei auf ihren naturgemäßen Spielraum „ebenso die Abneigung der idealistischen Künstler und
Kunstfreunde gegen dasselbe sich legen, wie die Einbildung der antiidealistischen Revolutionäre der Kunst, als
ob von dem Panorama eine realistische Reform der bildenden Künste überhaupt ausgehen könnte, in nichts
zerfließen wird".

Dach sticken-O achüarn
Novelette. Von A. Srhr. v. persall

(Fortsetzung aus dem vorigen Hefte)

Lili entzündete eine Zigarette und stieß mit gerunzelter
Stirn einige dichte Rauchwolken, wie im Zorn von sich,
ehe sie begann. Dämmerung trat ein, aus dem Gemälde
leuchtete nur mehr der schneeige Leib der Sonnentochter.
„Es war die schmutzigste, finsterste Gasse des Viertels,
Kinder wie Dohlenscharen darin, Mädchen und Buben;
die wenigsten kannten ihre Väter, wenn sie von der Ar-
beit oder von der Kneipe nachhause kamen, war es ja

Nachdruck verboten
schon finster, und Licht mußte man sparen, man hatte
auch keine Sehnsucht darnach. Ich hatte überhaupt keinen
Vater nach dortigem Sprechgebrauch. Eine dicke, häßliche
Frau schlug mich jeden Abend, wenn ich nichts erbettelt
hatte — das soll meine Mutter gewesen sein, sie nannte
sich wenigstens so. Als sie starb, fühlte ich eine Kette
fallen, weiter nichts. Ich war zwölf Jahre, aber hübsch,
das wußte niemand, ich selbst nicht, der Ruß des Güßchens
 
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