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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Unsre Bilder
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Brandes, Otto: Der Salon Meissonier, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0364

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Unsre Bilder, vom Herausgeber — Der Salon Neiffonicr. von Gtto Brandes

verstehen lassen, während die todesmutig der Gefahr und keineswegs eine naturalistische Abschrift der Natur
trotzende Frau sich wie eine rcttungbringende Lichtgestalt war, die regelmäßig um so lahmer wird, je getreuer
vom dunklen Himmel abhcbt. Das ist alles so glücklich sie bleibt d. h. je weniger der Künstler von seinem
disponiert, daß die Hauplwirkuug sicher bliebe, selbst eigenen dazugcthan hat, das ist eben das Verdienst unsres
wenn die Einzelcharakiere viel weniger aus dem Leben Bildes. Dcßhalb erscheint denn auch Wopsner als kein
gegriffen wäre», >als sie cs in der That sind. Daß das langweiliger Kopist, sondern als ein echter Dichter in
aber ganz freie Schöpfung der Phantasie des Künstlers Farben.

Der Salon Mcissonier
von Otto Brandes

>^cit dem 15. Mai sind beide Salons in Paris ge-
öffnet. Über die Umstände, welche diese Doppel-
ausstcllimg hcrbcigeführt haben, sind die Leser unter-


Der Asph-ckklöwr. von Tibamer v. Margitay
richtet. Wir haben an dieser Stelle dem Wunsch Aus-
druck gegeben, daß die Künstler sich noch in letzter Stunde
zu gemeinsamer Aktion versöhnen oder eine Ausstellung
in diesem Jahre ganz unterlassen möchten. Wir sind,
nachdem wir beide Salons gesehen haben, auch heute
noch der Ansicht, daß das das beste gewesen wäre. Der
Salon in dem alten Jndustriepalast der Champs Elysees
darf statutenmäßig nur zwei noch nirgends ausgestellt
gewesene Werke desselben Künstlers amiehmcn. Das
vorige Jahr mit seiner Weltausstellung war nicht günstig

für die künstlerische Produktion. Die Künstler, welche
außerdem für die verschiedenen Kunstabteilungen der
Weltausstellung übermenschliche Anstrengungen gemacht
hatten, mußten notgedrungen erschöpft sein. Auf Rech-
nung dieser Erschöpfung wollen wir, weniger boshaft
wie französische Kritiker, welche den Künstlern im Jn-
dustriepalast Nachreden, sie betrachteten den Salon »Ur-
als Blldcrmesse und malten danach, den nicht wegzu-
lcugnenden Mißerfolg des alten Salon setzen. Die
Herren im Champs de Mars, deren Ausstellung aller-
dings hochbedeutend und vor allem durch die individuelle
künstlerische Handschrift interessant ist, die hier die meisten
der Aussteller schreiben, dürfen darum doch nicht allzu-
laut triumphieren, da ihr Salon auch die Werke früherer
Jahre zugelassen hat, insofern sie noch in keinem Salon
ausgestellt waren. Die Gesamtnote wird ja wohl damit
erheblich erhöht, das Prinzip der bisherigen Salon-
Ausstellungen: zu zeigen, was im letzten Jahre ge-
leistet worden, aber einigermaßen verletzt.
Dieses vorausgeschickt, möchte ich den Leser bitten,
mir zunächst in den jüngst eröffueten, in den Salon
Meissonier zu folgen. Es ist nur natürlich, daß wir
uns vor allem mit dem besten beschäftigen, was die
französische Kunst gezeitigt. Den Spargeln — die Saison
ladet zu dem Bilde ein — beißt man ja auch zuerst die
Köpfe ab.
Vor allen: ist die Einrichtung dieser Ausstellung
eine vortreffliche. Sie nimmt die oberen Geschosse des
zu der Reihe der Weltausstellungs-Gebäude gehörenden
Lalais ckes deaux arts ein, in welchen sich zur Zeit der
»Lxposition universelle«, die Zeutenar-Ausstellung der
französischcu Künste und die belgische Gemälde Ausstellung
befanden. Durch Herausschlageu der Zwischenwände hat
mau zu beiden Seiten der unter der Kuppel ansteigenden
Treppe zwei immense, je über 80 Meter lange Säle ge-
wonnen, die ein prächtiges Oberlicht haben, an deren
einen sich — eine Neuerung — ein schön ausgestattctcr
luftigcr Konvcrsationssaal mit einem mächtigen, einen
herrlichen Blick auf das alte Ausstellungsfcld gewährenden
Fenster anschließt, während an den andern langgestreckten
Raum sich eine Anzahl kleiner Abteilungen reiht, in
welchen noch ein Teil der Ölgemälde, nicht der bedeuten-
deren, die Aquarellen, die in dieser Ausstellung eine große
Rolle spielenden Pastelle, Zeichnungen und Radierungen
Aufnahme gefunden haben. Bei der verhältnismäßig ge-
ringen Zahl von Ölbildern (911 gegen 2480 im Jndustric-
palast) war es bei dieser Platzfülle nicht allzuschwcr den
Künstlern für das Hängen ihrer Bilder gerecht und dem
Publikum durch Erleichterung des Beschaueus angenehm
zu werden. Die Bilder hängen in höchstens zwei Reihen
 
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