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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Moderne Kunst auf der Hamburger Gewerbe- und Industrieausstellung
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Architektur - Ausstellungen, Sammlungen etc.
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0052

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Moderne Kunst auf der Hamburger Gewerbe- und Industrieausstellung — Personal- und Ateliernachrichten

vielmehr jeder Wirkung nach besten Kräften gerecht zu werden
versucht. Auch aus Karlsruhe sandten Künstler Werke ein. Wir
nennen zunächst Kallmorgen (ein geborner Altonaer). Kall-
morgen hat sich in kurzer Zeit durch eifriges Naturstudium in
die Reihe der besseren deutschen Künstler gestellt. Im Ansange
reiner Landschafter bemühte sich Kallmorgen mehr und mehr die
Staffage der Landschaft gleichwertig zu machen und allmählich
brachte er es dahin, daß seine Figuren ein integrierender Teil
seiner Gemälde wurden. Seine Bilder zeichnen sich vor allem
durch eine frische Farbengebung aus. Seine Figuren sind
charaktervoll, nur will uns bedünken, mangelt ihnen oftmals die
absolute Zusammengehörigkeit mit ihrer landschaftlichen Umgebung.
Das gesandte Bild „Ostermontag" hat uns am besten gefallen.
Die Personen stehen gut im Raum. Die von der Arbeit heim-
kehrenden Musikanten, die so vielen andern den Schlaf geraubt,
denken selber nicht an die Ruhe, weit wichtiger ist ihnen die
Kenntnis ihres errungenen Besitzes. Auf dem Heimwege zählen
sie ihre Einnahme, deren Höhe alltäglich das Barometer ihrer
Lebensfreude ist. Im frischen Grün stehen die Bäume, geschmückt
mit bunten Blüten im heiteren Frühlingsmorgensonnenlicht.
Das ganze Bild atmet Frische. Ernsteren Motiven hat sich
Julius Rehder zugewandt. Seine Mönche in ihren weißen
Skapuliers sind gut gezeichnet, auch in der Farbe gut, nur der
Komposition können wir den Vorwurf der Langweiligkeit nicht
ersparen. Zwei Figuren in Aktion dürfen nicht photographisch
uninteressant erscheinen, entweder muß die Bewegung oder der
geistige Ausdruck wirkungsvoll zur Erscheinung kommen.
Am Schluß unsres Berichtes wiederholen wir nochmals,
daß es nicht in unsrer Absicht lag, durch die Kunstausstellung
im Anschluß an die Industrie- und Gewerbeausstellnng zu
Hamburg einen kritischen Gang zu machen, wir wollten vielmehr
nur den Eindruck schildern, den die Ausstellung auf uns
gemacht hat.

Personal- und Alelirrnachrichlrn
rk.v.3r. Budapest. Ignatz Roskovics, der unter
den neueren ungarischen Malern sozusagen allein die religiöse
Malerei kultiviert, und dessen St. Johann von Nepomuk als
echtes Produkt religiöser Inspiration, seinerzeit nicht gewöhn-
liches Aufsehen erregte, hat in jüngster Zeit, bei der künstlerischen
Ausschmückung der Szinnaer Kirche (im Zempliner Komitat)
neuerdings glänzendes Zeugnis seiner hervorragenden Fähigkeiten
erbracht. Diese Kirche, welche äußerlich durchaus keinen monu-
mentalen Eindruck auf den Beschauer macht, ist bezüglich ihrer
inneren Ausschmückung heute bereits eine der Sehenswürdigkeiten
des Zempliner Komitates. Roskovics sührte die Dekoration der
Kirche im Renaissancestil aus, und hat in den mit Relief-
Ornamenten und Vergoldungen gezierten Rahmen des in
warmem Grau gemalten Plasonds, insgesamt sieben größere
Deckengemälde vollendet. An den Seitenwänden des Sanktu-
ariums, rechts und links vom Altäre sind zwei Kompositionen
sichtbar: „Christus übergibt die Schlüssel der heil.
Kirche an Petrus" und „Christus am Kreuze". Bei der
ersten wird unser Interesse durch den mit milder Hoheit ge-
mischten kummervollen Ausdruck des Antlitzes des die letztwilligen
Versügungen treffenden Gott-Menschen, — bei der zweiten
durch die ruhige Wirkung des vom dunklen Hintergründe hervor-
leuchtcnden Körpers in Anspruch genommen. Aus der Wölbung
des Kirchenschiffes, welche eine Einteilung bildet, sind die vier
Evangelisten in kreuzförmigen Rahmen dargestellt. Unter ihnen
ist besonders die Gestalt St. Johannes gelungen, in dessen tief-
liegenden Augen das Feuer erhabener Poesie lodert, welche ihn
in seinen Schriften von den übrigen Evangelisten unterscheidet.
Diese vier Gemälde mit ihren dunklen Flecken bilden einen leb-
haften Kontrast zu dem die Mitte des Plafonds einnehmenden
„Chor der Engel" mit seinen brillant wirkenden lichten
Farben. Die Hauptgestalt der Komposition ist ein weißgekleideter
mit weißen Rosen bekränzter Engel, welcher mit ausgebreiteten
Armen als Chorführer die um ihn mannigfaltig gruppierten sin-
genden Engel leitet. Auf der hoch ober ihnen schwebenden Wolke
stehen die Erzengel Michael und Gabriel. Ersterer hält eine auf
die Wolken gesenkte Fahne und ein auf dieser ruhendes Schwert
in den Händen, als siegte er über seine ehemaligen gegen Gott
empörten Gefährten, während der sanfte Gabriel eine Hand auf
die Brust legt, in der andern aber eine Lilie hält. Das ganze
Gemälde entspricht seinem Titel: „Ehre sei Gott in der Höh'."
Die Komposition wird nicht allein durch die kraftvolle Farben-
wirkung, sondern auch durch die ausgezeichnete Charakterisierung

der einzelnen Gestalten gehoben, was bei dekorativen Werken
heute — leider — nur mehr zu den Seltenheiten gehört. —
Die Altarbilder der Kirche werden ebenfalls durch Ignaz Ros-
kovics ausgeführt. Das Bild des Hauptaltars stellt Ungarns
Patronin: die Jungfrau Maria dar, auf einem auf Stufen
stehenden Steinthrone sitzend, das Segen spendende Jesuskind im
Schoße. An den Stufen des Thrones zu Füßen Marias ist
zwischen weißen Rosen Ungarns Wappen sichtbar, während die
Krone des Landes von einem Engel in der Höhe gehalten wird,
umgeben von mehreren Gesährten, deren Aufmerksamkeit auf das
göttliche Kind gerichtet ist. Im Hintergründe steht St. Josef
mit Staunen die Szene betrachtend. — Die Bilder der beiden
Seitenaltäre stellen das Kind Maria im Kreise ihrer Eltern —
und die Legende St. Johannes von Nepomuk dar. Die Altar-
bilder Roskovics' bilden sowohl hinsichtlich der dem Erhabenen
zustrebenden Auffassung, als auch hinsichtlich der technischen Aus-
führung, den besten Teil dessen, was die kirchliche Malerei Un-
garns aus neuerer Zeit aufweisen kann.— Im Atelier Ti Ham er
v. Margitays nähern sich zwei größere Bilder ihrer Vollendung.
Das eine, mit dem Titel: „Bor dem Altar" behandelt ein
schon öfter bearbeitetes, trotzdem aber den Malern noch immer
interessantes Thema, in neuer Variation. Die betrogene, ver-
lassene Geliebte tritt eben in die Kirche, als ihr Verführer einem
andern Mädchen vor dem Altäre ewige Treue schwört. Den
Mittelpunkt des Bildes bildet die durch die Aufregung der un-
erwarteten Szene bestürzte Braut, welche ohnmächtig in die
Arme eines älteren Mannes, wahrscheinlich eines nahen Ver-
wandten, sinkt. Neben ihr steht der Bräutigam, die nieder-
geschlagenen Augen auf den Fußboden geheftet und sowohl
in seinem Gesichisausdrucke, als auch in seiner ganzen Hal-
tung die Qualen der Gewissensbisse und der Reue erkennen
lassend. Auf der linken Seite des Bildes vor dem Altäre ist
der die Trauung vornehmende Priester mit dem ministrierenden
Knaben sichtbar, während den rechtsseitigen Vordergrund die
auf den Boden gesunkene ehemalige Geliebte einnimmt, neben
welcher ihre Mutter steht, mit ihrer hocherhobenen Rechten auf
den Verführer weisend. Das Bild gewinnt durch die aus-
drucksvolle dramatische Bewegung dieser beiden Figuren an
Interesse. Minder gelungen ist der Mittelpunkt des Bildes, wo
Margitay wenig neues bieten konnte. Die ganze Komposition
gibt übrigens Zeugnis von dem sorgfältigen Studium der
Natur und von dem sich immer mehr entwickelnden realistischen
Sinne des jungen Künstlers. Bedeutend origineller und mit
der künstlerischen Individualität Margittays übereinstimmender
ist der Vorwurf des zweiten Bildes, das den Titel „Die
Rivalen" tragen wird. Insgesamt sind auf demselben drei
Gestalten: ein kokettes junges Mädchen, ein Offizier und ein
ausschüßender Jüngling, letzterer mit einem riesigen Blumen-
strauß in der Hand. Den Offizier und den jungen Mann hat
ein und derselbe Anlaß in den elegant möblierten Salon ge-
führt: das Geburtsfest des Mädchens. Sie kamen ihrer Huldi-
gung Ausdruck zu verleihen, und dieser Beweis von Sympathie
berührt das Mädchen angenehm; doch während sie für den jungen
Burschen bloß einen koketten Blick hat, wendet sich ihr Interesse
dem neben dem Tische sitzenden Offizier zu, den sie jedenfalls
für eine gewissere Partie hält. Margitays Bild ist ganz aus
dem heutigen Leben entnommen und wird mit seiner gut ge-
lungenen Charakterisierung gewiß eine der interessantesten Nummern
der in den ersten Tagen des Monats November zu eröffnenden
Gemälde- und Skulpturenausstellung sein. Der junge Künstler
thut gut daran, wenn er beständig bei dem heiteren Genre
bleibt, zu dessen Kultivierung er, wie ersichtlich, großen Beruf
hat. „Der Unwiderstehliche" und „Der Korb" wenigstens, mit
welchen er seine ersten größeren Triumphe errang, lassen hieraus
schließen. — Vela Spänyi, der hervorragende ungarische
Landschaftsmaler, der sich besonders für die bewässerten, sumpfigen
Gegenden des Alföld interessiert, hat den ganzen Sommer in
seiner Szt. Lörinezer Villa zugebracht, wo eine ganze Reihe
immer schönerer Skizzen zu sehen ist. Einen Teil dieser Skizzen
wird der Künstler noch bis zur Budapester Herbst-Ausstellung
Herstellen, doch der größere Teil wird erst in München
vollendet werden. — Georg Vastagh hat in jüngster Zeit
einen Auftrag auf die Ausschmückung der Budapester Jnner-
städter Pfarrkirche erhalten, wo er mehrere größere und kleinere
Wandgemälde ausführen wird, bezüglich deren Vorwürfe jedoch
noch kein endgültiger Entschluß gesaßt wurde. Georg Bastagh
hat seinerzeit auch an der Ausschmückung des Budapester Opern-
hauses mitgewirkt, wo er den Bildercyklus „Bacchus' Erziehung"
in der prachtvollen Vorhalle des Theaters malte.
 
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