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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Zu Ludwig Knaus 60. Geburtstage
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Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0105

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72 Zu Ludwig Anaus' so. Geburtstage, vom Herausgeber — lveihnachtsbücherschau. vom Herausgeber


zurück. Dagegen bringt er eine Menge städtischer Typen, so seine mit unübertrefflich liebenswürdigem Humor
ausgefaßten Judenbilder, endlich seine lange Reihe von wahrhaft köstlichen Porträts, wo denn die von Ravens,
Mommsen, Helmholtz solche Meisterstücke der Charakteristik sind, daß sie nach dieser Seite hin selbst seine
Bauern übertreffen. Die geistige Bedeutung dieser Männer fand an ihm einen ebenso verständnisvollen
Schilderer, als die naiven Existenzen der Kinder und Bauern. Ja selbst ins Gebiet der idealen Kunst hat er,
wie erwähnt, in seinen liebenswürdigen, an die Mnrillos erinnernden Madonnen so glückliche Ausflüge ge-
macht, daß man fast bedauern möchte, daß er sie nicht öfter wiederholte. Seinen großen Mitbewerbern um
den Preis der Volksschilderung, den Vautier, Defregger
und Passini steht er unleugbar als die reichere Natur
gegenüber; sind sie dadurch wesentlich naive Künstler,
daß ihnen das beste unbewußt gelingt, so ist er fast
von allem Anfang an bewußt und doch überall eigen-
artig, wie er denn wohl auch sucht, aber nie ohne zu
finden. Und so möge dies an glänzenden Erfolgen so
unerhört reiche Künstlerleben denn noch lange Triumphe
feiern, wie seine bisherigen Werke eine der schönsten
Zierden unsrer nationalen Kunst bilden I

Krndrstudir. von Ludwig Rnaus

WeihngchtMücherschau
vom Herausgeber
I.
L^Lngesichts der unübersehbaren Flut von mehr oder weniger
künstlerischen Erzeugnissen, die sich alljährlich vor Weih-
nachten auf dem Tische des Herausgebers der „Kunst für Alle"
versammeln, wandelt denselben unwillkürlich ein gewisses Grauen
an, wie diese Masse irgend zu bewäliigen, d. h. das mit einiger
Sicherheit herauszufinden märe, was für die Kunst unsrer
Heuligen Zeit und die allmälige Umwandlung in den Sitten
und Anschauungen der Nation besonders bezeichnend erscheint.
Denn die Kunstgeschichte ist Kulturgeschichte und wird inhaltlos,
wenn sie aufhmt, es zu sein. — Die charakteristischen Züge
unsres heutigen Schaffens hervorzuheben ist aber umso schwie-
riger, als die Ausdehnung des Materials bei Beginn unsrer
Musterung noch gar nicht zu übersehen ist, dasselbe vielmehr
täglich durch neue Einläufe vermehrt wird, so daß man me
wissen kann, ob nicht schon morgen ein Teil unsrer Schlüsse
durch irgend etwas neues, wahrhaft bedeutendes ganz umge-
stoßen werde. — Unter diesen erschwerenden Umständen bleibt
nichts andres übrig, als die Moral unsrer Fabeln an den
Schluß derselben zu verlegen und einstweilen, bevor wir über
die Zukunft unsrer Kunst, oder gar über die unsrer Nation,
denn die Kunst ist die wahre Seherin dieser Zukunst, Ver-
mutungen aufslellen, mit der Vergangenheit, d. h. mit den vielen
Fortsetzungen älterer Veröffentlichungen anzusangen. Dabei wird
sich schon mancherlei ergeben, was nicht bloß sür heute, sondern
auch noch sür die nächsten Jahre gilt! — So z. B. bei den
„Meisterwerken der Holzschneidekunst", von denen ein
neuer, der XI. Baud (Leipzig, I. I- Weber, elegant gebunden
18 Mark) vorliegt. Hier kann nun ein großer Fortschritt in
technischer Gewandtheit unmöglich geleugnet und es muß auch
zugegeben werden, daß derselbe ohne Zweifel zum Teil dem
von Franz Lipperheide gegebenen Anstoß zuzuschreiben ist.
Unsre Holzschneider waren aber glücklicherweise sehr bald so
klug, das Beispiel der ihnen als Muster vorgehalteneu
Amerikaner und Engländer nur so weit zu befolgen, als der
Nutzen auf der Hand lag, d. h. wenn man eine Menge Dinge
nur mit einer Strichlage hervorzubringen suchte, zu denen
man früher zwei und mehr gebraucht, sich aber sorgfältig hütete,
dies zur Regel zu machen und dadurch einer unausstehlich
eintönigen Manier zu verfallen. Das ist und bleibt aber die
erste Bedingung bei aller Aneignung des Fremden, wenn
man es in lebendigen Besitz verwandeln soll: daß man
sich ihm frei gegenüberstellt und es zu verbessern trachtet, gleich-
viel ob man Raffael oder amerikanische Holzschneider nachahme.
Allerdings hat auch die jetzige, vorzugsweise auf malerische
Wirkung hindrängende Art des Holzschnittes noch den Fehler,
Las Individuelle der Behandlung beinahe ganz zu verwischen,
so daß die Blätter von Breudamour, Knesing. Heuer L Kinnse
 
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