Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

DOI article:
Glücksmann, Heinrich: Die ungarische Kunst der Gegenwart, [1]
DOI article:
Heilbut, Emil: Ein französisches Provinzial-Museum, [3]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0180
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
!-z8 Die ungarische Kunst der Gegenwart, von Heinrich Glücksmann. — Lin französisches Provinzialmuseum

Werber gekaperten Bursche mit dem feurigen Rebenblut gewaltsam begeistern. In diesem Gemälde herrscht ein
wehmütiger, ein sentimentaler Humor, aber Humor doch. Wie Lenau die schlanken Pußtasöhne besang und
mit dem Vorwurf: „Bist kein echter Ungarjunge!" von dem schlauen Werbern fangen ließ, so sitzen die
Umgarnten mit dem Wachtmeister in der Dorfschenke, halb berauscht, rauflustig, singend und fluchend; es
bedarf nur eines Wortes, und die Dämonen sind entfesselt, die Prügelei bricht los. Einsam wie iminer, seit
er denken kann, sitzt hinter den lärmenden Rekruten ein Krüppel, schadenfreudig grinsend; der Arme hofft wohl,
nun werde sein Weizen blühen, wenn erst die Kampfhähne den Dorfmädchen fehlen; eitles Hoffen! Das
Mädchen, daß da so komisch-verzweifelt von ihrem Liebsten Abschied nimmt, wird diesem treu bleiben und den
Krüppel immer nur mitleidig ansehen, und die anderen Mädels werden's auch so thun. Entschiedenere Heiter-
keit atmet Munkäcsys Bild „Der Dorfheld", welches geradezu ein Muster bietet, wie ein großes Motiv voll
Leben und Handlung auf einem kleinen Raume packend behandelt werden kann. Wie tritt uns da mit voller
Wahrheitskraft ohne Zuthat, ohne Beschönigung, ohne Verklärung die ungarische Dorfschänke mit ihrem typischen
Interieur und ihren eigenartigen, kernigen Gestalten entgegen, und wie packt uns der Vorgang, welcher hier
dargestellt ist! Mit stolzem Selbstbewußtsein, aber jedes Eigendünkels bar, steht der muskulöse Bauernbursche
dem affektierten Akrobaten gegenüber, und wir wissen, wie sich der Kampf entscheiden wird, ehe er begonnen.
In diesem Bilde pulsiert die Wärme wirklichen Lebens, und es ist ein Typus für das künstlerische Wesen des Genres.

(Der Schluß im nächsten Hefte.)

Lin französisches Vradinzial-Museum

von Berman Belferich

(Schluß)

an denkt bei diesem Selbstporträt Rolls an Manet;
an Manets Bildnis des blonden Herrn Proust, des ge-
wesenen Kunstministers; man denkt aber gleichzeitig sowohl,
daß Roll die Generation, die Manet folgte, darstellt und
demgemäß, ich möchte sagen alcxandrinisch ausführt, was
Manet nur im Zustand der Skizze festzuhalten vermocht
hat, als auch leider daß Manets Frische und seine eigen-
tümliche Kraft in der Charakteristik durch Farbe, durch
die Späteren nicht erreicht worden ist.

Zu wirklichem Genießen leiten, hier wie überall wo
man sie findet, Meister wie Daubigny und Corot, auch
ist das Heroenzeitalter der französischen Kunst, die Zeit vor
und von 1830 glänzend durch Delacroix vorgestellt.
Kaum einer der französischen Meister ist beim ersten Sehen
so schwer verständlich, so leicht zu unterschätzen; man
nimmt viel früher dieses wahrhaft großen Malers nicht
wegzuleugnende Schwächen, als wahrhaften Vorzüge wahr.
Um so mehr muß man versuchen, in ihn einzudringen;
man wird durch den Erfolg belohnt werden, daß man
Genuß bis zum Hingerissensein an seinem ganz einzig-
stehenden , schwellenden Orgelton der Farbe empfindet
und wahrnimmt, daß dieser Maler, der, wenn er voll-
kommen wäre, sich der so geringen Zahl der größten
Genies aller Zeiten anschlösse, trotz seiner Mangelhaftig-
keiten, trotz seiner Schwächen und Einseitigkeiten, die immer
wieder festzustellen sind, auch obgleich er nicht mit einem
Rubens rangieren kann, durchaus den Ruhm verdient, den
seine Landsleute ihm jetzt zollen.

Vier Werke sind von ihm hier, von denen das größte
leider, bei einem Brande am 7. Dezember 1870, den
nicht deutsche, sondern französische Soldaten durch Über-
heizung eines Ofens in einem Saal deS Stadthauses
veranlaßten, in seiner oberen Hälfte vernichtet worden ist:
eine herrliche „Schlacht mit Löwen", pompös, schärfer,
wahrer, bunter, wilder als Rubens. Dann ein Bild,
Griechenland genannt, das auf den Trümmern von Misso-
longhi stirbt, und Griechenland in der Gestalt einer

Griechin vorstellt, die, die Brust entblößt, verzweifelt
unter einem Himmel von Byronscher Stimmung dasieht;
dazu kommt ein Türke, das Feldzeichen in der Hand-

Aus D. v. Baditz' Skizzenbuch
 
Annotationen