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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Heilbut, Emil: Ein französisches Provinzial-Museum, [3]
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Zu Hubert Salentins siebzigstem Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0181

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von Herman Helserich — Zn Hubert Salentins siebzigstem Geburtstag

siegreich aufgerichtet. Das ganze Thema, die Byronsche
Stimmung und der Türke hinten scheinen auf ein Bild
hinzudeuten voll Allegorie, also voller Schwäche, und
dennoch ist es ein gutes Bild, voller Leben in seinen
symbolischen Figuren; und die Lichtführung ist so einfach und
klar — viel einfacher und klarer als man sie dieser
wüsten Romantikerzeit zuzutrauen von vornherein geneigt
ist. Doch besser noch gefällt mir ein kleines Bild von
Delacroix, das nichts als einen Löwen zeigt; Delacroix
ist in zwei Dingen, wie ich glaube, für unsre Zeit der
größte Mann: niemand wie er hat die Wildheit und Schön-
heit von Löwen, und niemand wie er das Meer gemalt,
wenn es weithin wie eine große Macht gelagert, unter
nächtlich werdendem Himmel seine Flut dehnt. Das vierte
Bild von Delacroix, ein ruhender Araber, ist schwächer; es
hat uurDelacroix' Fabrikmarke und wenig von seinem Genius.

Was Daubigny anlangt, so ist von ihm hier eine
seiner schönen Wasserlandschasten von der Oise, ohne be-
sonderen Vorzug und über die ich mich deshalb kurz
fassen kann; Corot aber zeigt eines seiner allerschönsten
Werke, eine seiner allerpoetischsten Arbeiten, und darum
sei cs erlaubt, etwas ausführlicher von ihr zu reden.
Man denke sich den schönsten Sommernachmittag. Die
Badenden sind so fern von allem und jedem zuerst des
Morgens doch immer wirkenden Einflüsse der Kälte, es
ist ihnen so wohlig, die Bäume und alles haben eine so von
Farbe durchzogene Stimmung, wie man das vielleicht trotz
der gegenteiligen Bemerkung im Kataloge nur findet,
wenn der Nachmittag seine Schatten ausbreitet, jedenfalls

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läßt jener Nachmittagsstimmung, die jeder nach schönen
Sommertagen kennen gelernt und genossen hat, den
Zauber dieses herrlichen Bildes eher übermitteln, als
wenn man an den Morgen denkt. ' Man denke sich,
Diana mit ihren Jägerinnen ging nach der Jagd zum
Wasser. Sie nehmen ein Bad; zwei nehmen eine Ge-
nossin und lassen sie, die sich ihnen anvertrant, im Wasser,
hin und wieder gleiten, so daß es kleine Wellen macht.
Eine vierte Genossin kommt um die Gruppe geschwommen
und hebt fröhlich den Arm zur Begrüßung; der Wald
liegt im Schweigen der kommenden Nacht da, die
Zweige, die nach dem Lichte zu stehen, zittern halbdurch-
sichtig. Die Atmosphäre, nach unten zu dichter und
nebliger, dunstiger, fängt an, das dem See gegenüber-
liegende, nur mit niedrigem Buschwerk bewachsene Ufer
mit lichtem Golde zu verhüllen; mit Goldstaub; diese
Farbe fängt an, sich im ausruhenden See zu spiegeln,
die Nacht wird bald und milde eintreten und Dianens
Jägerinnen finden dann beim Mondlicht den Heimweg zu
der Stätte, wo sie lagern. Es ist kaum denkbar, daß
eine antike Szene so lebensvoll von einem Maler aus
unsrer Zeit darzustellen war, keusch und rein, ganz natür-
lich und ganz, als wäre man in dieser klassischen Zeit.

Es ist wahr, daß das Genie weder an den Ort,
noch an jene gebunden ist, und wer den bei allem Liebreiz
doch unbedeutenden See von Bille d'Avray einmal ge-
sehen hat, den Corot malte und an das Paris denkt,
dessen Milieu das seine war, der findet für diesen Satz
eine Anwendung in dem Gedanken an ein solches Bild.

Lu Hubert Salentins

ts. Düsseldorf.
Am 15. Januar d.
Js. feierte einer der
Nestoren der Düssel-
dorfer Schule, Hubert
Salentin seinen sieb-
zigsten Geburtstag.
Salentin, der seit
40 Jahren ununter-
brochen hier lebt und
schafft, ist einer der
ausgezeichnetsten
Düsseldorfer Genre-
maler, eine interes-
sante und eigenartige
Persönlichkeit und
dessen Lebens- und
künstlerischen Ent-
wicklungsgang und
hervorragendes
Schaffen es wohl an-
gezeigt erscheinen
lassen, aus Anlaß
seines 70. Geburtstages einen Rückblick auf sein Leben und
sein „Werk" zu werfen.

Hubert Salentin wurde am 15. Januar 1822 zu Zülpich
in der preußischen Rheinprovinz geboren, wo sein Pater als
^ Landmaun lebte. Diesen verlor Salentin schon frühe, und seiner
Mutter, einer Frau von innigem Gemüt und klarem Verstände,
dabei mit einem poetischen Anfluge der Seele begabt, lag die
Erziehung Huberts und seiner Geschwister ob. Obwohl sie die
Spuren der künstlerischen Talente in dem Knaben erkannte und
pflegte, zwang die Lage der Familie, Matter und Sohn, dem
Geheiße des Bormunves zu folgen, der darauf drang, daß
Hubert Salentin ein Handwerk lerne. Da er einen Gefallen an
entschieden männlicher Arbeit und kräftiger Ausübung eines Ge-

siebztgftem Geburtstag

Werkes hatte, so wählte er zu seinem Berufe das Schmidehand-
werk. Er kam 1836 in Köln zu einem tüchtigen Schmiede-
meister in die Lehre. Der Hauptgrund Salentins, seine Lehrjahre
in Köln zu bestehen, war die Hoffnung, in der großen Stadt
viele und seltene Bilder zu sehen, die er in seinen Freistunden
zu besuchen gedachte. Aber diese Hoffnung ging während seiner
Lehrzeit nicht in Erfüllung; er mußte vom frühen Morgen bis
zur Nacht an der rauchenden Esse stehen, das Feuer schüren und
den Hammer schwingen. Erst als seine Lehrzeit beendet war,
konnte Salentin seine kargen Mußestunden dazu benutzen, die
Kunstwerke des großen Kölns kennen zu lernen und als Auto-
didake, in sehr primitiver Weise, der Ausbildung der Kunst sich
widmen. Von seinem ersten Gesellenlohn lauste er Aquarellkarton,
Tusche und Pinsel und begann seine Studien. Was er von
Kunstwerken bekommen konnte, kopierte er Sonntags. Auch
mit Ölfarben machte er Versuche und malte Porträts seines
Meisters und seiner Mitgesellen. Zehn Jahre dauerte der Auf-
enthalt Salentins in Köln. Da starb in seiner Vaterstadt ein
Schmiedemeister; Salentin, den es wieder zur Heimat zog, kaufte
auf den Wunsch seiner Mutter die Hinterlassenschaft des Schmiedes
in Zülpich, übernahm als selbständiger Meister das Geschäft und
betrieb dasselbe gewissenhaft und fleißig, ohne indessen der ge-
liebten Kunst gänzlich untreu zu werden. Da führte der Zufall
einen Düsseldorfer Künstler auf Studienreisen nach Zütpich.
Als Salentin von dessen Anwesenheit Kenntniß erhielt, suchte
. er ihn auf und legte ihm seine Arbeiten und Studien vor.
Dieser erkannte diese ungewöhnliche Begabung, das selbst in den
kindlichen Malversuchen sich offenbarende Talent Salentins; er
ermutigte ihn dazu, sich weiter zu bilden, gab ihm Anleitung,
wie er dies zunächst thun solle und versah ihn mit dem nötigen
Material. Der malende junge Schmiedemeister wurde nun in
seiner Heimatstadt ein als etwas Besonderes angesehener Mann,
der mancherlei Aufträge auf Fahnen, Transparente und Bilder
erhielt. Bon besonderem Werte war es für Salentin, daß
durch den Ruf, den er, ein neuer Quinten Majsys, allmählich
auch in weiteren Kreisen erhielt, in Verbindung mit Leuten
 
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