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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Kaufmann, Leopold: Karl Müller, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0030

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VII. "Jahrgang. Heft 2

iZ. Oktober 1891

tzerauFgegeben von Friedrich Pecht

„Die Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geh. Abonnementspreis im
Buchhandel oder durch die Post (Reichspostverzeichnis Nr. 3517, bayr. Verzeichnis Nr. 406, k. u. k. östr. Zeitungsliste Nr. 1593) 3 Mark 60 Pf. für das Vierteljahr

(6 Hefte); das einzelne Heft 75 Pf.

Marl Müller

von Leopold Kaufmann

r^lssn einem warmen Sommerabend des Jahres 1845 war in dem schönen
Ermekeilschen Garten am Rhein zu Bonn eine heitere Gesellschaft
junger Herren um eine Maitrank-Bowle versammelt. Da der Tisch nicht
ganz besetzt war, bat ein fremder Herr um die Erlaubnis, sich anzu-
schließen. Ein junger Privatdocent brachte die Rede auf die neuen
Wandmalereien in der Apolinariskirche zu Remagen und äußerte sich
etwas skeptisch über die zu erwartenden künstlerischen Erfolge. Der
Fremde nahm das Wort und erzählte, er sei jetzt eben von Remagen
gekommen, wo er mit der größten Befriedigung den Arbeiten seines
jungen Freundes Karl Müller stundenlang zugesehen habe. „Die
Krönung Mariä", die in diesem Sommer zur Hälfte fertig werde, habe
ihn entzückt, es sei eine wundervolle Komposition von wahrhaft Rafaelesker
Schönheit. Er könne daher allen, die sich für Kunst interessieren, nur
dringend raten, sich selbst durch den Augenschein zu überzeugen, daß er
nicht zu viel gesagt habe und berechtigt sei, seinem jungen Freunde Karl
Müller eine glänzende Zukunft zu prophezeien. „Wenn ich die Ehre
hätte, Sie persönlich zu kennen", erwiderte der Privatdozent, „dann
dürfte ich Sie wohl an das Wort Goethes erinnern: „Du sprichst ein
großes Wort gelassen aus." Der Fremde nahm mit einer höflichen
Verbeugung seinen Hut ab und sagte in ruhigem Tone: „Ich bin der
Landschaftsmaler Professor Schirmer aus Düsseldorf."

Freudig überrascht begrüßten die jungen Herren den berühmten
Meister, stießen begeistert mit ihm an und ließen ihn und seinen Freund
Karl Müller hochleben. Was Schirmer damals vorausgesagt hat, ist
auch in Erfüllung gegangen.

Am 29. Oktober 1818 wurde Karl Müller in Darmstadt geboren.
Sein Vater war der Galeriedirektor Or. Franz Hubert Müller, ein Mann von mehr wie gewöhnlicher
Begabung, der durch Fleiß und Energie seinen Weg durch das Leben sich hatte bahnen müssen. Die französische
Revolution zerstörte den Wohlstand seines elterlichen Hauses; die Säkularisation des Kurfürstentums Köln
nahm ihm jede Aussicht auf eine glänzende Laufbahn als Beamter in seiner Heimat. Der Tod seines Vaters,
der als kurkölnischer Geheimerat seinem Landesherrn nach Arnsberg gefolgt war, brachte bei Müller den schon
lange gehegten Wunsch, sich ganz der Malerei zu widmen, zur Ausführung.

Neben seinen eigentlichen Dienstgeschäften als Galeriedirektor der großherzoglichen Kunstsammlungen
in Darmstadt gab sich Müller mit Wärme und Begeisterung dem neuerwachten Studium der mittelalterlichen
Kunst hin, sein Prachtwerk über die Katharinen-Kirche zu Oppenheim wird für immer in der Kunstgeschichte
einen ehrenvollen Platz behalten. Bei den Arbeiten in dieser Kirche mußte Karl Müller schon als Knabe seinem

Die Kunst für Alle VII. Z

Karl Wüllrr

Nach einer Photographie von p. Z. Schreiner
in Bad Neuenahr
 
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