Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0031
DOI Artikel:
Kaufmann, Leopold: Karl Müller, [1]
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0031
,8
Varl Ntüller
Vater helfen. Auf diese Weise wurde er sehr früh in die mittelalterliche Kunst eingeführt und seinem jugend-
lichen Herzen eine besondere Liebe für die Kunstwerke dieser Zeit eingeflößt, der er mit zunehmendem Ver-
ständnisse sein ganzes Leben hindurch treu geblieben ist.
Zu früh und gänzlich unerwartet starb der Galeriedirektor Müller am 5. April 1835 im kräftigen
Mannesalter von fast 51 Jahren. Karl Müller verlor in seinem Vater auch seinen Lehrer, der nicht allein
in der gediegensten Weise den Grund der künstlerischen Ausbildung seines Sohnes legte, sondern auch durch
seine umfassende Bildung die allgemeine geistige Entwickelung desselben in hohem Grade gefördert hatte.
Mehr wie gewöhnlich vorgebildet, folgte
Karl Müller im Herbst des Jahres 1835
seinem älteren Bruder Andreas auf die Aka-
demie nach Düsseldorf, wo er in die Sohn-
sche Malklasse eintrat und hier so rasche
Fortschritte machte, daß er schon im folgen-
den Jahre in die erste Klasse aufstieg und
ein Bild eigener Erfindung auszusühren
unternahm.
Karl Müller kam zur guten Zeit nach
Düsseldorf, die Befürchtungen, die bei dem
Wegzuge von Cornelius nach München er-
hoben wurden, die beginnende neue Blüte
der alten Akademie würde wesentlich ge-
schädigt werden, ergaben sich bald nach der
Übernahme der Leitung durch Fr. W.
Schadow als unbegründet. Schadow hatte
sich zwar, als er 1810 von Berlin nach
Rom gegangen war, zunächst an Cornelius
und Overbeck angeschlossen und sich auch
an den epochemachenden Freskomalereien in
der Casa Bartholdi beteiligt, er war aber
dabei seiner Vorliebe für die Ölmalerei
treu geblieben und legte hohen Wert auf ein
gründliches Studium der Natur.
Wenn eine Anzahl bedeutender Schüler
Cornelius, ihrem Meister, nach München ge-
folgt war, so brachte Schadow einen Ersatz
in Hübner, Köhler, Beudemann, Sohn,
Mücke, Hildebrand und Lessing, die mit ihm
von Berlin, wo er für kurze Zeit eine
Malerschule gegründet hatte, nach Düsseldorf
zogen. Mau hat es schon oft ausgesprochen,
und es darf heute als eine unangefochtene
Wahrheit betont werden: Schadow war
vor allen andern durch die glücklichste
Mischung der seltensten Eigenschaften ein
wahrhafter Lehrgenius, ein organisierter
pädagogischer Geist. Durch die Einrichtung der Ateliers für ausübende Kunstschüler und der aus diesen
hervorgegangenen Meister-Klasse hatte Schadow eine in höchstem Grade gegen die früheren Akademien fördernde
Neuerung ins Leben gerufen, der Düsseldorf zum großen Teile seine rasche Blüte verdankte. Schadow über-
wachte auf das sorgfältigste alle Zweige des Unterrichts, er wußte dabei den Eigentümlichkeiten der Einzelnen
mehr Rechnung zu tragen, als Cornelius; es war ihm eigen, „ein verständiges Gewährenlassen der jungen Leute
innerhalb nicht zu eng bemessener Schranken des Respekts und der Gestattung von so viel Freiheit, wie nur
irgend mit der Ordnung und dem Fleiße, welche gefordert wurden, verträglich war. Seine Stellung zu der
Schule war eine wahrhaft väterliche. Sein Haus stand jedem osten, der au gebildeter und bildender Geselligkeit
Geschmack hatte, und wurde als bekannter Sammelplatz von Geist, Talent und Bildung von distinguierten
Fremden und Einheimischen gern besucht. Karl Müller wurde von Schadow mit väterlichem Wohlwollen aus-
genommen und gehörte bald zu den treuesten Freunden des Schadowschen Hauses. — Auf die künstlerische
Entwickelung Müllers übte den meisten Einfluß Ernst Deger aus, dessen Arbeiten mir ihrer maßvollen Schönheit
Aus Larl Wüllrrs Skinenbuch
Varl Ntüller
Vater helfen. Auf diese Weise wurde er sehr früh in die mittelalterliche Kunst eingeführt und seinem jugend-
lichen Herzen eine besondere Liebe für die Kunstwerke dieser Zeit eingeflößt, der er mit zunehmendem Ver-
ständnisse sein ganzes Leben hindurch treu geblieben ist.
Zu früh und gänzlich unerwartet starb der Galeriedirektor Müller am 5. April 1835 im kräftigen
Mannesalter von fast 51 Jahren. Karl Müller verlor in seinem Vater auch seinen Lehrer, der nicht allein
in der gediegensten Weise den Grund der künstlerischen Ausbildung seines Sohnes legte, sondern auch durch
seine umfassende Bildung die allgemeine geistige Entwickelung desselben in hohem Grade gefördert hatte.
Mehr wie gewöhnlich vorgebildet, folgte
Karl Müller im Herbst des Jahres 1835
seinem älteren Bruder Andreas auf die Aka-
demie nach Düsseldorf, wo er in die Sohn-
sche Malklasse eintrat und hier so rasche
Fortschritte machte, daß er schon im folgen-
den Jahre in die erste Klasse aufstieg und
ein Bild eigener Erfindung auszusühren
unternahm.
Karl Müller kam zur guten Zeit nach
Düsseldorf, die Befürchtungen, die bei dem
Wegzuge von Cornelius nach München er-
hoben wurden, die beginnende neue Blüte
der alten Akademie würde wesentlich ge-
schädigt werden, ergaben sich bald nach der
Übernahme der Leitung durch Fr. W.
Schadow als unbegründet. Schadow hatte
sich zwar, als er 1810 von Berlin nach
Rom gegangen war, zunächst an Cornelius
und Overbeck angeschlossen und sich auch
an den epochemachenden Freskomalereien in
der Casa Bartholdi beteiligt, er war aber
dabei seiner Vorliebe für die Ölmalerei
treu geblieben und legte hohen Wert auf ein
gründliches Studium der Natur.
Wenn eine Anzahl bedeutender Schüler
Cornelius, ihrem Meister, nach München ge-
folgt war, so brachte Schadow einen Ersatz
in Hübner, Köhler, Beudemann, Sohn,
Mücke, Hildebrand und Lessing, die mit ihm
von Berlin, wo er für kurze Zeit eine
Malerschule gegründet hatte, nach Düsseldorf
zogen. Mau hat es schon oft ausgesprochen,
und es darf heute als eine unangefochtene
Wahrheit betont werden: Schadow war
vor allen andern durch die glücklichste
Mischung der seltensten Eigenschaften ein
wahrhafter Lehrgenius, ein organisierter
pädagogischer Geist. Durch die Einrichtung der Ateliers für ausübende Kunstschüler und der aus diesen
hervorgegangenen Meister-Klasse hatte Schadow eine in höchstem Grade gegen die früheren Akademien fördernde
Neuerung ins Leben gerufen, der Düsseldorf zum großen Teile seine rasche Blüte verdankte. Schadow über-
wachte auf das sorgfältigste alle Zweige des Unterrichts, er wußte dabei den Eigentümlichkeiten der Einzelnen
mehr Rechnung zu tragen, als Cornelius; es war ihm eigen, „ein verständiges Gewährenlassen der jungen Leute
innerhalb nicht zu eng bemessener Schranken des Respekts und der Gestattung von so viel Freiheit, wie nur
irgend mit der Ordnung und dem Fleiße, welche gefordert wurden, verträglich war. Seine Stellung zu der
Schule war eine wahrhaft väterliche. Sein Haus stand jedem osten, der au gebildeter und bildender Geselligkeit
Geschmack hatte, und wurde als bekannter Sammelplatz von Geist, Talent und Bildung von distinguierten
Fremden und Einheimischen gern besucht. Karl Müller wurde von Schadow mit väterlichem Wohlwollen aus-
genommen und gehörte bald zu den treuesten Freunden des Schadowschen Hauses. — Auf die künstlerische
Entwickelung Müllers übte den meisten Einfluß Ernst Deger aus, dessen Arbeiten mir ihrer maßvollen Schönheit
Aus Larl Wüllrrs Skinenbuch