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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Pecht, Friedrich: Zum Beginn des neuen Jahrgangs
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Springer, Jaro: Vier neue Entwürfe zum Kaiser Wilhelm-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0013

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vom Herausgeber — vier neue Entwürfe zum Kaiser Wilhelm-Denkmal, von Iaro Springer z

wiederspiegelt und doch einen Kopf von solch merkwürdiger Energie daraus macht, daß sie der unvergleichlichen
Kraft und Erhabenheit seiner vier Kirchenväter durchaus entspricht, wie Holbeins Bildnis Moretts ob seiner
wunderbaren Durchbildung Jahrzehntelang für ein Meisterwerk Leonardos galt, so finden wir ähnliche Neigung
zur Vertiefung ins Kleinste und die Helle Freude an jeder Naturerscheinung bei Goethes Lust an der Naturforschung,
Moltkes Reise- und Geschichtschreibung, wie Bismarcks Liebe zur Landwirtschaft, zum Kohl- und Rübenbau.
Ihnen allen ist es ferner unmöglich, einen Rest, irgend etwas unerledigt zu lassen, selbst auf die Gefahr hin, kleinlich
oder pedantisch zu erscheinen. Ohne Zweifel hat unsre Kunst auch lange Perioden gehabt, wo dieser Zug
der Kleinlichkeit einer breiten flotten Behandlung Platz machte, wie in der ganzen Periode vom Ende der
Renaissance bis zum Zopf und antikisierendem Stil, aber es waren dies eben die Zeiten des vorherrschenden
fremden Einflusses und des unläugbarsten Verfalles, da diese Kunststile unsrer innersten Natur nicht entsprachen.
Aber selbst da taucht der deutsche Charakter immer wieder bei einzelnen, so den Netscher, Balth. Denner, und
selbst bei des Mengs so außerordentlich studierten Porträten oder bei Beichs und andrer Landschaften

auf. Ja die Nazarener, wie Overbeck und Veith, dann selbst Cornelius in seinem Titelblatt zu den

Nibelungen, ebenso der prächtige Führich in seinen herrlichen Kompositionen, wie sein bester Schüler Passini,
kehren beständig wieder zu jener deutschen Art zurück, wie sie die Peter Heß, Krüger und Ed. Meyerheini, oder
der Wiener Waldmüller auch schon zeigen, Knaus, Vautier und Defregger eigentlich'nur fortsetzen. Da sich nun
diese Art von Künstlern bei uns immer wieder ganz von selbst, ja im direktesten Widerspruch mit den gerade
herrschenden Richtungen erzeugt, da sie nicht weniger unserin Volk durchaus am sympathischsten, ja fast allein
von seiner leidenschaftlichen Liebe getragen sind, so kann man ihr Wiederauftauchen eben jetzt nur als ein großes
Glück, als ein heilverkündendes Zeichen begrüßen. Denn nur in einer Kunst, welche der tiefste und unver-
fälschteste Ausdruck der nationalen Eigenart mit all ihren Vorzügen und selbst ihren Fehlern ist, liegt das Heil!

Übrigens begegnen wir derselben echt germanischen Richtung auch bei den Franzosen, wo ihr vor
allem Meissonier, Neuville, dann der in Deutschland so sympathisch begrüßte Bastien-Lepage angehörten, wie
unter den Lebenden Dagnan-Bouveret, dann bei den Spaniern Fortuny, der eifrige Bewunderer Menzels,

unter den Dänen die älteren fast alle, während die Norweger und Schweden wie Frithiof Smith u. a.

ja ohnehin durchaus beeinflußt von deutscher Kunst sind. Dieser spezifisch deutschen Richtung gehört also
nicht nur bei uns die Zukunft, sondern sie dehnt ihren Einfluß bereits auch auf halb Europa aus.

Vier neue Entwürfe
zum Kaiser Wilhelm-Denlimal

Von Iaro Springer

^KHer erinnert sich nicht mit Freuden der ersten
Ausstellung von Konkurrenzentwürfen zum
Berliner Kaiser Wilhelm-Denkmal. Die deutschen
Bildhauer waren mit ehrlicher Begeisterung an
die dankbare Aufgabe herangegangen und eine
Menge schöner Arbeiten war uns damals vor-
geführt worden. Daß keiner der ausgestellten
Entwürfe voll genügen konnte, lag hauptsächlich
daran, daß die Wahl des Platzes dem Künstler
überlassen war. An dieser allzugroßen Freiheit
ist mancher gescheitert. Publikum und Jury
interessierte damals in erster Linie die Platzfrage.
Die eigentliche Bildhauerarbeit, in der gerade
so viel vorzügliches geleistet war, trat ganz zu-
rück. So konnte es kommen, daß manche künst-
lerisch wertvolle Arbeit unbeachtet blieb wegen
des gewählten Aufstellungsortes. Ein gutes
Denkmal ist aber immer mit Rücksicht auf die
künftige Umgebung komponiert, es läßt sich nicht
ohne weiteres aus einen andern Ort übertragen.
Die Platzfrage ist bekanntlich seitdem geregelt
worden. Als Standort des Denkmals ist die
durch den Erlös einer Lotterie freigelegte Schloß-
freiheit bestimmt.

Entwurf zum Kaiser WllhLlm-Nalionaldrnkmal. von L. Hilzers
 
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