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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Glücksmann, Heinrich: Die ungarische Kunst der Gegenwart, [2]
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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen und Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0202

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iss Die ungarische Kunst der Gegenwart, von Heinrich Glücksmann— Personal- und Atelier-Nachrichten

Kopf des in schlummersanfter Todesstarre dargestellten Volksfreundes ist von der Weihe mivernichtbarcn
Geistesadels übergossen; der Genius, der sich über den Toten beugt, ist von keuscher Schönheit und rührend
in seiner stillen Trauer. Auch technisch hat das Werk bedeutende Verdienste, allein mir fehlt daran die Selb-
ständigkeit der freien frischen Schöpfung; ich kann den Sarkophag nicht ansehen, ohne an das bekannte Begassche
Grabmal für den jungen Stronßberg zu erinnern, und diese, vielleicht unbewußt erfolgte Anlehnung beeinträchtigt
die volle Wirkung des Stroblschen Werkes.

Georg Zala, der mit dem Denkmal der Arader Märtyrer (s. Jahrgang, Heft 9) seinem Vater-
lande dessen bedeutendstes plastisches Monumentalwerk schenkte, ist ein edles, volles Talent, das sich schon
in dem ersten kühnen Versuche offenbarte, in der großen Gruppe „Maria und Magdalena", einer Schöpfung
von seltener Gewalt der Formen und einer Energie des seelischen Momentes, welche der bei solchen Stoffen
üblichen akademischen Schablone zuwiderläust. — Ein denkender Künstler, der seinen Gestalten psychologisch
nahe tritt, ist Julius Douäth, bei ihm geht mit der Kühnheit und ideellen Tiefe der Couception ein ge-
sunder Realismus in der Gestaltung und Durchbildung aller lebendigen Formen Hand in Hand; seine Figuren
lassen das tote Material vergessen, welches in ihnen zu warm durchpulsten, lebenschwellenden Muskeln ver-
wandelt erscheint. — Mit seinem genial erfaßten Modell für das Arauy-Denkmal, das bedauerlicherweise nicht
zur Ausführung gelangt, hat sich Joseph R»na in die erste Reihe der ungarischen Bildhauer gestellt. Ein
flotter und kecker.Naturalist, im zierlich Kleinen auch geistvoll, in großen Kompositionen aber leer und manie-
riert, ist der jetzt in Berlin lebende Georg Kiss, dessen Charakterfiguren und Szenen so recht geeignet erscheinen,
als „ungarische Genreplastik" den Weltmarkt zu erobern. Eine fruchtbare Begabung für diesen künstlerisch
berechtigten Salon-Realismus scheint auch Julius Bazervdy zu besitzen, der sich zuerst mit einer komischen
Hunde-Statuette viele Freunde erwarb. Talente, die Bedeutendes verheißen, bislang aber nur in kleinen Werken
ihr Können bekunden konnten, sind Julius Jaukowics, I. Toth und Anton Boränfi. Erfreuliche Talent-
proben aber sind in einer so jungen Kunst schon als Thaten zu nehmen.

Ein eigentümlicher Charakter läßt sich für die ungarische Plastik der Gegenwart aus allen ihren
Schöpfungen noch nicht ableiten; es fehlt eben jener eigentliche Grundzug, der sich in der Monumentalität der
deutschen, in den reizenden Miniaturen der italienischen und in der Grazie der französischen Bildhauerkunst offenbart.
Doch der Anfang ist gemacht, und bei der raschen Entwicklung, welche der ungarischen Kunst zu eigen ist, dürfen
wir gefaßt sein, plötzlich auf eine nationale magyarische Plastik zu stoßen. Tilgner oder Klein dürfen
nur heimkehren und vaterländische Motive bearbeiten, und — die Bildhauerei reicht der Schwester Malerei die
von der nationalen Trikolore umwundene Hand.

Personal- und Kkelier-Nachrichken

k. L. Karlsruhe. In Prof. Schurth s Werkstätte gehen
die für Krupp in Essen bestimmten Bildnisse des kaiserlichen
Paares rasch ihrer Vollendung entgegen. Die mächtig großen
Bilder sind Repräsentations-Porträts im besten Sinne; aus
dem Hintergrund in schwerem Faltenwurf mit dem Hohenzoller-
wappen treten die ein wenig Überlebens großen Figuren plastisch
hervor. Beide zeichnen sich durch günstige Auffassung aus, be-
sonders aber die Kaiserin, deren Gesicht eine ganz eigene Lieb-
lichkeit zeigt; in dem Kaiser selbst ist die stramme Erscheinung,
die man in den meisten seiner Porträts angestrebt sieht, vollauf
jedoch in nicht übertriebener Weise zur Geltung gebracht, dabei
sprechend ähnlich. Die Bilder werden um so mehr den Ruf Schurths
als einer der besten Porträtmaler verstärken, als seine Thätig-
keit in den letzten Jahren fast ausschließlich dem Bildnis gewidmet
war; wie als hervorragendstes das Pastell des Staalsministers
Turban oder des Malers Klose; zu bedauern ist nur, daß man
auswärts selten oder nie Gelegenheit hat
Schurths Arbeiten zu bewundern, da er die
großen Jahresausstellungen nicht beschickt. —
- Als bemerkenswert im Porträtsach ist auch das
jetzt im Kunstverein ausgestellte
Bildnis der Frau Prof. Claus
Meyer von Georg Tyrahn zu
nennen. Die Figur ist im Garten
sitzend gedacht, bei matt verschlei-
ertem Licht, grün bildet den Hinter-
grund. Diese Beleuchtung des schö-
nen Kopfes gibt eine. ungemein
reizvolle Gesamtstimmung, dabei
Sterbender Gladiator, von I. Toth ist die Behandlung des Fleisches
 
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