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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Unsre Bilder
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Ausstellungen und Sammlungen
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Unsre Bilder, vom Herausgeber — Personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler

170

Menschen mißhandelt, tyrannisiert oder doch gehofmeistert
sehen. Ja, in großen herrschaftlichen Parks, wie z. B.
in Versailles, muß sie sogar auch „repräsentieren" und
selbst die Bäume treten da wohlfrisiert auf. Das Gegen-
teil davon, die volle Majestät und stolze Freiheit des
Waldes zeigt uns nun Peter Paul Müller in seinem
„Bachufer", wo das leise Zittern der fallenden Blätter
des beginnenden Herbstes noch durch die Ruhe des still
dahinfließenden Wassers, in dem sich der sonnige Nach-
mittagshimmel spiegelt, erst recht gehoben wird. Denn
gerade dieses stille, innere Leben, das uns so bald über-
rascht, wenn wir eine Weile im Walde sitzen und beob-
achten, jenes leise Atmen der Natur, das gibt der Künstler
auf seinem Bilde vortrefflich wieder. Man sieht die Wils-
tauben übers Wasser Hinschweben, hört das Picken des
Spechtes, das leise Gurgeln der Flut und gerät so lang-
sain in jene süße Träumerei, welche uns die Waldeinsam-
keit so unendlich sympathisch macht. Hier sieht man übcr-
dieß noch überall die goldenen Sonnenstrahlen tanzen
und glaubt die würzige Frische der Waldluft zu atmen.
Wie wohl abgewogen auch alle Massen seien, so hat man
überdies doch nirgends die Empfindung des Zurechtgerückten,
Arrangierten, die uns selbst in der Landschaft so leicht
erkältet. Denn wie der Maler seinen Buchen vollkommene
Freiheit ließ zu wachsen wie sie wollten, so befreit er
auch uns, um so mehr als es offenbar deutscher Wald
ist, in den er uns führt, ja als uns auch nicht der kleinste
Zweifel beschleicht, daß wir die Lust der Heimat atmen.
Wird doch nur bei uns der Wald von jedermann geliebt,
der sonst überall nur geduldet, benützt, ja gar oft ge-
fürchtet wird, während er bei uns allein das stolze Aus-
sehen des vollsten Bürgerrechtes zeigt.

Weit mehr wäre man in Verlegenheit, wenn man
angeben sollte, in welchem altdeutschen Städtchen Beck-
manns Hochzeit gefeiert wird, deren Heldin wir eben,
gestützt von ihrem „Oheim als Brautführer", aus einem
köstlichen Renaissance-Holzbau herauskommen sehen, um
zur Trauung zu fahren. Geschieht das aber in Braun-
schweig, Goslar oder gar am Ende in Hildcsheim? Wie
dem auch sei, jedenfalls ist das Städtchen ein Juwel von
altdeutscher Baukunst und voll von jener tiefen Gemüt-
lichkeit, die sie atmet. Aber auch die Braut rechtfertigt
durch ihre Anmut ganz das Wohlwollen, das ihr der
Herr Oheim widmet, der, sonst ein gar feierlicher kleiner
Herr, am Ende gar der Bürgermeister selber ist! Und
mit welch' köstlichem Humor wird dann die Schilderung
des übrigen Hochzeitszuges getränkt! So die höchst ernst-
haft gestimmten Backfische, die hinter der Braut hergehen,
oder ihre sehr gestrenge Mama, die sich dem hinter ihr
kommenden und, wie sein Freund vor ihm, mit dem
eisernen Kreuze geschmückten Bräutigam gegenüber schon
ganz auf die Schwiegermutterrolle eingerichtet hat; dann
die liebe Nachbarschaft, die auf dem Weg ausgestellt ist
oder zu den Fenstern heraussieht. Wie rührend ist end-
lich ein junges Liebespaar, das leider noch sehr weit
entfernt von diesem schönen Ziele scheint, während ganz
vorne die Höckerin mit dem Kinde, eine mehr neugierige,
als wohlwollende Zeugin abgibt. Die Hochzeit selber
wird offenbar im Gasthof „zur goldenen Laterne" ge-
feiert, den man hinten samt den davor aufgepflanzten
Kampfgenossen und Musikanten sieht, sowie einer Schar
Zecher, die sich pränumerando bekneipt haben. Das ist
aber alles mit einer genauen Kenntnis und Einsicht ge-

schildert, die uns höchst sympathisch berühre», weil sie
uns deutsches Kleinstädterleben, wie es im Norden unseres
Vaterlandes heute noch so existiert, ganz köstlich in seiner
strengen Ehrenhaftigkeit und Ordnung, aber auch tiefen
Gemütlichkeit schildert. Dazu trägt nun die grenzenlose
Sorgfalt, mit welcher der Künstler alles und jedes, die
Äpfel und den Kohl der Höckerin vorne, wie die Musi-
kanten und prächtigen Holzbauten hinten aussührt, nicht
am wenigsten bei, sein Kunstwerk zu einem so echt nationalen
zu machen, wie wir lange keines gesehen, da es unsere
Tugenden, wie unsere Schwächen in gleich anmutendcr
Art und in durchaus selbständiger Sprache zeigt. Jeden-
falls erhält man auf Beckmanns so prächtig festlich
aussehendem Bild die bestimmte Vorstellung, daß Heiraten
eine sehr schöne, wenn auch ziemlich umständliche Sache
sei, in Deutschland sogar viel lustiger »och, als verheiratet
sein! Möchte uns der hochbegabte Meister noch viele
solche ebenso kerngesunde als vollausgereifte Kunstwerke
schenken, wie sie unserer Schule zur Ehre gereichen.

Wie unsere Bildhauerei sich anstrengt, aus der antiken
Schablone zu einer selbständig empfundenen Darstellung
zu kommen, ohne doch die herrliche» Vorwürfe, welche
die griechische Mythe bietet, zu verlassen, das zeigt uns
nicht ohne Erfolg Hirth in seiner „getroffenen Niobide".
Unstreitig ist es ihm auch gelungen, das Entsetzliche der
Situation auf das Mitleidcrregcnde zu mäßigen und
seiner dem furchtbarsten Geschick unschuldig Verfallenen
unsere Teilnahme zu sichern. Gewiß ist der Weg, den
unsere heutige Plastik betreten, um aus der Kälte und
Rohheit der Schwanthalerschen Schule durch ein feineres
Natnrstudium endlich hcrauszngclange», der richtige.

Personal- und Alrlier-Nachrichlrn

— München. Professor Christoph Roth modelliert
gegenwärtig eine Kolossalbüste Sr. Königl, Hoheit des Prinz-
regenten, welche in Carraramarmor ausgeführt wird und im
Rathause zu Nürnberg Aufstellung findet. Se. Königl. Hoheit
der Prinzregent haben dein Künstler in huldvollster Weise mehrere
Male dazu gesessen. Csch

D-v Darmstadt. Nach nunmehriger -tOjähriger Thä-
tigkeit als Theatermaler kann unser langjähriger Hoftheatermalcr
Karl Beher mit Genugthuung ans seine Thütigkeit zurückblickcn.
Der unermüdliche, bescheidene Künstler hat sowohl für unser Hof-
theater wie für viele deutsche Bühnen eine lange Reihe trefflicher
Dekorationen gemalt. lass;

— Berlin. Dem Maler Anton Schöner in Berlin ist
die herzoglich altenburgische Medaille für Kunst und Wissenschaft
verliehen worden. Schoner, der 1860 in Nürnberg geboren
ist und auf der Münchener Akademie studiert hat, Pflegt hauptsäch-
lich die Porträt-Malerei. Das Museum zu Altenburg besitzt
mehrere seiner Werke. CtSs

L-O Karlsruhe. Die beiden hiesigen Künstlervereine
haben sich zu einem großen „Verein bildender Künstler" ver-
schmolzen, was in Interesse der ganzen Künstlerschaft freudig zu
begrüßen ist. Zum ersten Vorsitzenden wurde Prof. Baisch er-
wählt. lsss;

— München. Die Akademie der Künste hat einen von
Robert Raudner lebensgroß radierten Studienkopf für ihre
Sammlung angekauft._ pso;

Denkmäler

V. r. Base l. Die Gesellschaft zur Beförderung des Guten
und des Gemeinnützigen dieser Stadt hat in der Mitte des Hofes
ihres Gebäudes ein Denkmal dem Jsaac Jselin, Ratsschreiber
und Stifter der Gesellschaft, errichtet. Das am 18. September 1861
enthüllte Standbild dieses edlen Menschenfreundes ist 2,30 m
hoch, in Bronze gegossen und stellt Jselin stehend, einen Band
Schriftstücke in der Linken haltend, dar. Die Porträtähnlichen
 
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