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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Jahresausstellung 1892 im Wiener Künstlerhause
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Meyer, Kunz: Achtundzwanzigste große Kunstausstellung zu Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0294

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220 Die Iahresausstellung ;sy2 im Wiener Aünstlerhause. von L. v. vincenti— 28. Kunstausstellung zu Bremen

schast („Rauchzimmer") in erster Linie für die Fortschrittsmalerei ein- Krämer weiß mit seinen lebhaft
postierten südlichen Gestalten gute Wirkung zu erzielen. Ächten Humor zeigt Kinzels „Falscher Ton": „Puppen-
theater in Venedig" von Eugen v. Blaas ist etwas zu bunt geraten. Die Italiener haben uns im Genre
nichts besonderes zu sagen; das Bemerkenswerteste gibt Tito mit einem venezianischen Mädchen, das ihrem un-
sichtbaren Galan zum Abschied zuwinkt, der Nachklang einer glücklichen Stunde zittert durch die ganze Gestalt.

In der Landschaft geben uns weder Düsseldorf, noch München viel Neues- Andreas Achenbach
bleibt mit seinen Gewitter- und Nebelstimmungen, seinen Strandmotiven immer überzeugend und sein Bruder
Oswald hat mit dem „Blumenfest in Genzano" ein Prächtiges Stück südlichen Volkslebens auf die Leinwand
gebannt. Auch Oeder bleibt sich gleich und Gilbert Canal schlägt immer dieselben tiefen Mollakkorde an.
Ungemein feingestimmt ist Bochmanns „Abendfrieden", aber die Staffage will mir weniger gefallen. Peter
Paul Müller ist vortrefflich vertreten; durch treffliche Wiedergabe der Nachregenfrische ist uns ein Bildchen
von Hermann Eichfeld ausgefallen (s.S.226); der Wiener Ameseder hat in München große Fortschritte gemacht.
Karlsruhe steht mit Baisch und Kallmorgen glänzend da, während seine eigentlichen Marinemaler diesmal
weniger interessieren. Das weitere Ausland bringt einen Courtens in Großformat „Rückkehr von der Weide",
der trotz der krümeligen Malweise bedeutend ist. Mit besonderem Nachdruck tritt diesmal unser Schindler
mit einer ganzen Reihe von teilweise entzückend gestimmten Landschaften, nur heimischen Motiven, auf, die fast
alle bereits im Privatbesitze stehen. Mir scheint jedoch, ein großes Bild, eine staubige „Landstraße" zwischen
Pappeln mit Luft und Licht, wie sie selbst Schiudler selten geglückt, noch größere Vorzüge zu haben. Es gibt kaum
einen gewöhnlicheren Vorwurf, doch was hat höchste Kunst daraus gemacht! Moll, der bekannte Schüler Schindlers,
erzielt mit einem großen Bilde von der „Schönbrunner Ruine" eine starke Wirkung; Robert Ruß,
Darnaut, Schaeffer, L. H. Fischer (mit indischen Motiven), Zetsche treten mit vollem Können und Erfolge
ein. Tierstücke allerersten Ranges haben Zügel, insbesondere „Abend" (drei Schafe) und Weishaupt ein-
gesendet; Huber und Kröner müssen dann sofort genannt werden. Das Stillleben findet seine ausgezeich-
netsten Vertreter in Hugo Charlemont, Adam Kunz und Schödl; im Blumenstück zeichnen sich die Damen
Tina Blau, Wiesinger-Florian, die beiden Karlsruherinnen Kallmorgen und Wedekind aus. Das
Architekturbild stellt in Rudolf Alt einen ewigen jungen, in dem Römer Bazzani einen dem Genannten
gleichwertigen Meister. Im weiblichen Pastellbildnis behauptet Fröschl seine erste Stellung mit womöglich noch
wachsendem Erfolg, während Clemens v. Pausinger mit glänzender Virtuosität die elegante Damenwelt
malt; Mehoffer, Bunzl und Michalek schließen sich an. Die venetianischen Motive Edgar Meyers und
die nordischen Dettmanns endlich müssen auch diesmal als vollwertige Gaben der landschaftlichen Aquarell-
malerei hervorgehoben werden.

Achtundzwanzigste grosze Uunftau^ftellunN zu Bremen

von Lunz Mever

6Mm 1. März wurde zu Bremen die 28. große Kunst-
ausstellung eröffnet. Sie ist so reich beschickt, daß
nicht alle Bilder gleichzeitig ausgestellt werden können
und so macht der Kunstfreund bei fortgesetztem Besuche
stets neue Entdeckungen und hat fast immer Grund, sich
über dieselben zu freuen. Überhaupt ist das Durch-
schnittsniveau der ganzen Ausstellung ein sehr hohes,
der Wert einzelner Leistungen sogar ein hervorragender.
Von ihren Vorgängerinnen unterscheidet sich die dies-
jährige Ausstellung hauptsächlich durch ihren internationalen
Charakter. Während bisher die benachbarten Düssel-
dorfer dominierten, sieht man jetzt nicht nur Karlsruhe,
Berlin und vor allen Dingen München stark vertreten,
es haben sich auch die Maler nicht deutscher Staaten in
erfreulicher Anzahl eingestellt! Die Italiener sandten
Werke sowohl der Plastik als der Malerei; von den
übrigen Staaten haben wir vor allem Belgien und
Holland zu nennen, dann Spanien und Polen und end-
lich hat sich auch Frankreich mit einzelnen Werken ein-
gestellt! Das ist gewiß eine sehr erfreuliche Thatsache!
Die Kunst ist allen Nationen gegeben und ihre Sprache
ist überall die gleiche. Man braucht durchaus nicht in

den Fehler zu verfallen, die eigenen Leistungen den
fremden Kunsterzeugnissen gegenüber zu unterschätzen;
im Gegenteil, gerade bei dem Vergleich mit den außer-
deutschen Werken erkennt man erst recht klar sowohl die
Vorzüge der deutschen Kunst, wie ihre Schwächen.

Die Plastik nimmt in der Bremer Kunsthalle einen
sehr kleinen Raum ein, trotzdem sind auch hier einige
sehr bemerkenswerte Arbeiten zu verzeichnen. Ein Amor
von G. Eberlein gehört zu den besten. Der Künstler
hat hier in sehr geschmackvoller Weise eine leise Tönung
des Bildwerks angewandt, die demselben nur zu gute
kommt. Imna. cki miele von Paoli in Florenz ist eine
Wiederholung der bekannten alten Geschichte, die ewig
neu bleibt und zwar in einer Form, die den Wunsch
in uns weckt, von den Werken dieses graziösen Künstlers
mehr und öfter zu sehen! Besonders hervorzuheben sind
noch einige kleine Bronzen und bronzierte Abgüsse, der
Faun und die Nymphe von G. Albertshofer, eine
Tscherkessengruppe von A. v. Wahl und ein entzückendes
Terrakottafigürchen, Mignon, von O. Riesch in Berlin!

Von einer Gemäldeausstellung, die mehr als 1000
Nummern umfaßt, in dem mir zugewiesenen Raume
 
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