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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt -
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Schulte vom Brühl, Walther: Die Palette
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0441

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Kunstlitteratur und vervielfältigende Kunst — Die Palette.

bei allen Kunstfreunden lebhaftes Interesse finden wird. Die
Hauptabschnitte beziehen sich auf die Fabriken des Pfalzgrafen
Otto Heinrich von Neuburg und des Kurfürsten Friedrich DI.
von der Pfalz uud seiner Söhne zu Frankenthal, die Fabrik
Herzog Maximilians von Bayern zu München 1604—1615, die
zweite Fabrik zu München 1718-1810, und außerdem ist ein
Exkurs über die Wandteppichfabrik der Fürstbischöfe von Würz-
bnrg 1760—1749 angesügt. G. Hirths Kunstverlag hat in be-
kannter Reichhaltigkeit und Güte das Werk mit 20 Lichtdruck-
tafeln ausgestattet und dadurch im Verein mit dem Verfasser
unsrer nationalen Kunstgeschichte einen wesentlichen Dienst ge-
leistet.

?. kt. Denkmäler der Renaissance-Skulptur Toscanas, unter
Leitung von W. Bode herausgegeben von Fr. Bruckmann.
I. Heft. Nächst der Antike ist die in Toscana während der
Renaissance aufgeblühte Bildhauerschule die bedeutendste Erschei-
nung, welche die Geschichte der Plastik bis jetzt aufzuweisen hat.
Von den Pisanern, den Donatello Ghiberti, Verrochio bis zu
Michel-Angelo zieht sich eine lange Reihe von Meistern der Bild-
hauerkunst, wie sie die Welt in gleicher Mannigfaltigkeit und
selbständig ausgeprägtem Charakter zeither nicht wieder gesehen.
Sie vermitteln zugleich den Übergang von der Antike zur
modernen Kunstanschauung in unvergleichlicher Weise. Es ist
daher nur eine logische Folgerung, wenn die Verlagsanstalt für
Kunst und Wissenschaft ihrer durch H. Brunn besorgten und mit
so großem Beifall begrüßten Publikation der bedeutendsten antiken
Bildwerke die der Schule von Toscana auf dem Fuße folgen
läßt. Wenn dann der beste Kenner derselben, I. Bode, die
Leitung des Unternehmens besorgt, so bietet dieß eine doppelte
Bürgschaft für die richtige Auswahl, die bei der auf ca. 70 Liefe-
rungen zu je fünf Blatt berechneten Ausdehnung des Werkes so

ziemlich alles beste zu bringen imstande ist, was noch vor-
handen. Die Größe des Formats und die Vortrefflichkeit der
durchweg an Ort und Stelle bewirkten eigenen Ausnahmen
sichern dieser Publikation denn auch einen Wert, wie er von keiner
andern erreicht werden dürfte, da sie das eingehendste Studium
dieser unvergleichlichen Meister ermöglicht. So kann man z. B.
auf der im Probeheft enthaltenen berühmten Lünette des Andrea
della Robbia mit der Verkündigung, im Hofe des Spedale degli
Jnnocenti in Florenz, noch ganz genau die feine Individuali-
sierung aller einen Halbkreis um die Komposition bildenden
Engelsköpfe unterscheiden, was man selbst vor dem Originale
stehend, wegen der Höhe nicht im Stande ist. Oder man kann
bei Büsten, wie der einer jugendlichen Prinzessin von Urbino
des Desiderio da Settignano jeden einzelnen Meißelschlag an
dem seinwollenen Gewände verfolgen. Diese Abbildungen eignen
sich daher ganz besonders zur Erläuterung für Vorlesungen, für
Kunst- und wissenschaftliche Institute aller Art, wo sie eine Lücke
in unvergleichlicher Weise ausfüllen. iiootl

Vom Runstmarkk

— München. Am 19. September und an den folgenden
Tagen wird in München durch die E. A. Fleischmann'sche Hof-
kunsthandlung in Verbindung mit den Herren I. M. Heberle in
Köln und Josef Th. Schall in Berlin die Abteilung alter Meister
der bekannten Galerie Höch versteigert. Ein illustrierter Katalog
ist in Vorbereitung. imecy

— New-Dork. Professor Josef Weisers großes Gemälde
„Die unterbrochene Trauung" ist von einem Herrn C. W. S ch uh-
mann in New-Dork erworben worden.

We Palette

von Schulte vom Bkübl

s ist heutzutage in der literarischen Welt zwar ge-
bräuchlich, „platte Gegenstände" zu behandeln und
sie vielleicht sogar „breitzutreten", doch so ver-
werflich das an und für sich ist und so wenig ich die
Plattheit in unsrer Litteratur wünsche, ich kann doch
nicht umhin, mir auch einmal einen Stoff von gleicher
Eigenschaft zum Vorwurf zu wählen. Oder wollte mir
etwa jemand bestreiten, daß eine Palette kein platter, —
sogar ein sehr Platter Gegenstand sei? Nebenbei ist sie
meistens — aus Nußbaumholz, was entschieden zu ihren
Gunsten spricht, zumal sie in dieser Holzart massiv her-
gestellt wird und nicht etwa nur fourniert ist, wie unsre
Luxusmöbel. Und doch gehört auch sie zu den Luxus-
möbeln, wenigstens nach der Ansicht mancher Leute, die,
wie wir gleich bemerken wollen, freilich noch weit in
der Kultur zurück sind.

Wenn ich mich nun heute an die Platte Nußbaum-
platte, an die Palette, mache und mich in dieser Be-
ziehung zu einem Feuilletonartikel aufschwinge, geschieht
es lediglich aus der Überzeugung, daß mehrerwähntes
Brett zwar schon genugsam beklext, aber noch nicht
genugsam beschrieben wurde. Trotzdem hat die Palette,
speziell die beklexte Palette, manches Interessante. Ich
denke im Augenblick allerdings nicht an unser Stamm-
lokal in H., welches wir „Gasthof zur beklexten Palette"

getauft hatten und wo wir Pump genossen und uns
einer sehr angenehmen Bedienung, natürlich einer bezopften,
erfreuten. Nein, ich denke nur an die wirkliche und
wahrhaftige Palette, jene länglich runde, ausgeschweifte,
oft auch viereckige Scheibe, mit der runden Öffnung,
durch die man den mehr oder weniger reinlichen Daumen
steckt, während der Unterarm die zwar nicht süße, aber
desto buntere Last des Ganzen zu tragen hat.

Ich habe gefunden, daß dies Malgerät bei kleinen
und kurzen Meistern riesige Dimensionen anzunehmen
pflegt, so zwar, daß sich der Künstler unter Umständen
hinter ihm verstecken oder es auch als Schild benutzen
kann. Bei großen und langen Meistern jedoch, selbst
wenn sie umfangreiche „Schinken" malen, schrumpft der
Gegenstand oft so zusammen, daß er mit einer Mal-
kastenpalette identisch wird. Mag sein, daß diese meine
Beobachtung im allgemeinen eine trügerische ist, ich habe
mich aber immer gefreut, wenn ich sah, daß sich Künstler
und Werkzeug in bezeichnter Weise ergänzten.

Die Bestimmung der Palette ist es zunächst, mit
Würde und Anstand eine Anzahl feuchter Ölfarbenhäuflein
zu tragen, die, schattiert von den tiefsten Registern des
Dunkeln bis zu den höchsten Registern des Hellen, rings
am äußern Rande aufmarschiert stehen. Billige Farben
treten, gewaltige Bergkegel bildend, gewöhnlich sehr protzig
 
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