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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Unsere Bilder
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Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0137

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Unsere Bilder. — Weibnachtsbücherschau

104

Wäre. Sehr fein ist aber die Unterscheidung in der
Charakteristik der drei Gefährten die Braith da wonne-
trunken in die frühlingsgrüne Au hinaustreibt. Schon
insofern als das iin Alter fortgeschrittenste der Rinder
seine reifere Einsicht dadurch bethätigt, daß es gleich zu
fressen anfängt, während sein jüngerer Genosse noch neu-
gierig in die Welt hinein schaut, die sich soeben im
Morgenglanz vor ihm anfgethan und der jüngste Lieb-
ling der Familie sogar seinem Vergnügen durch ent-
zücktes Herumspringen Luft macht. Dies verschiedene

Verhalten zur Natur hat unser Maler aber mit einer
Feinheit dargestellt, daß man ihn dreist einen Seelenmaler
der Ochsen nennen dürfte. Jedenfalls geht er in der
Jndividualisirung dieser interessanten Tiergattung weiter
als alle seine Vorgänger, ja er hat ihr ganz neue
Seiten abgewonnen, da er ihr eine Reinheit des Natur-
gefühls beigesellt, die seine Rinder nur zu oft erquick-
licher wirken läßt, als Anderer Kinder und Frauen, die
uns doch auch durch ihre naive Natürlichkeit am meisten
fesseln.

Weilmackts b Ücker sck.ru

Dom Herausgeber

IV.*)

Indem wir nun zu den eigentlichen Festgeschenken übergehen,
beginnen wir mit der „Bildermappe für Kunstfreunde."
(Verlag der Gartenlaube Emst Keil's Nachfolger Preis 8 Mk), welche
aus den besten Holzschnitten genannten Blattes zu einem in der
That recht interessanten Albuin von 10 Heften ä 5 Blatt znsammen-
gestellt ward. Gilt von den Holzschnitten genau dasselbe, wie von
denen der illustrierten Zeitung, d. h. sind sie bei vielein technischen
Geschick von einer ermüdenden Einsörmigkcit der Behandlung, so
erhält man dagegen durch sie eine Auswahl derjenigen Bilder,
welche in den letzten zehn Jahren am meisten Glück in Deutsch-
land gemacht haben, also ein überdies recht interessantes Stück
deutscher Kunstgeschichte, wo freilich selbst die noch so stark aus-
gesprochene Individualität der Maler unter der gleichen Ueber-
setzung in Schwarz und Weist oft zu leiden hat. Am erquicklichsten
wirkt der heutige Holzschnitt in der Landschaft, wo er es in der
That zu sehr befriedigenden Resultaten bringt, wie in dem aus
dem Leib der Illustrierten Zeitung herausgeschnittenen „Alpen-
landschasten" (Leipzig, I. I. Weber, Preis 12 Mk), wo man Süd-
bahern, Tirol und die Schweiz in ihren schönsten Teilen unerwartet
gut und vollständig geschildert findet.

Bei der Fortsetzung von Hanff's Werken (Stuttgart, Dtsch.
Verlagsanstalt Lief. 3 —11 ä 50 Ps.), lässt die Verschiedenheit der
Zeichner eine ivohlthuenbe Abwechslung wenigstens nicht ganz ver-
missen (s. S. 106). Weit origineller verspricht die Illustration bei
„Grillparzers Frauengestalten", von Or Ludwig Singer,
mit Zeichnungen von Franz Thiele zu werden (Wien, Bartenstein, 20
Lieferungen a 50 Pf.j, einem Künstler, der noch eine bestimmt
ausgesprochene, stark klassizisüsche Physiognomie hat. Eine un-
gcwöhnlich reizende, ganz echt künstlerische Gabe sind dann die
„K leinen Geselle n" von Frosch! (Leipzig, E. A. Seemann, Preis
8 Mk), ein Albuin von 16 Lichtdruckbildern, von spielenden Kinder-
gruppen des berühmten Zeichners, wo man die Natur der Kleinen
gerade aus den besseren, also nicht durch die Not verkümmerten
Ständen mit merkwürdiger Feinheit und Anmut belauscht findet.
Bei dieser herzerquickenden Naivität fühlt man sich selber wieder
jung und ich wüsste nicht, was man z. B. einer jungen Mutter
für ein passenderes Geschenk geben könnte. Es wäre den» „Allerlei
aus Hendschel's Skizzenmappe" (Frankfurt a. M., Hendschel,
15 Mk.), ivo wir aus diesen, anscheinend unerschöpflichen Fund-
gruben des längst dahingeschicdenen Künstlers, noch einmal ein
ganzes Heft voll der prächtigsten Kinder und Alten finden, die
mit dem köstlichsten Humor der Natur so recht abgestohlen scheinen
„Für die fröhliche Jugend" ist dann auch Daniel Sanders hüb-
sches Heft von Gedichten, Fabeln und Märchen, „Fröhliche Ju-
gend" bestimmt, das Hans Loschen hübsch farbig mit allerhand Getier
illustriert hat (Berlin, Lüstenöder, Preis 6 Mk.), so dast das
Ganze allerliebst elegant aussieht. Dies gilt nun auch ganz be-
sonders von dem köstlichen Bande „Im Mai", Frühlingslieder
und Bilder von deutschen Dichtern und Künstlern (München, Ber-
lagsanstalt Bruckmann, Preis 20 Akk.), ivo einer Auswahl prächtiger
Gesänge unserer besten Dichter, eine Anzahl von Passenden Früh-
lingsbildern der Münchner Schule gegenübersteht, unter denen
dann freilich Franz Simm's Liebespaar im Park und die reizenden
Umrahmungen von Ed. kluger, das künstlerisch wertvollste dar-
slellen. Das ist aber gar keine Frage, daß bei all diesen eleganten
Weihnachtsgeschenken der Lichtdruck das beste thut, da es voll-
ständig unmöglich wäre, Bildern und Arabesken den ganzen Reiz

*) HI. im vorigen Hefte.

der Handzeichnung zu lassen und ihn mit mannigfacher Abtönung
zu verbinden, wenn man blos auf Holzschnitt, Radierung oder
Stich angewiesen wäre, die überdies die Herstellung so sehr ver-
teuern. Das gilt auch von einer mit besonderem Luxus aus-
gestatteten Ausgabe des Shakespeare'schen „So in Hiernach ts-
trau m" mit Bildern von Kanoldt und W. Volz (Leipzig, Amelang,
Preis in Mappe 20 Mk.), wo besonders die mehr landschaftlichen Illu-
strationen Kanoldt's von großem Reiz sind, da dieser treffliche Nach-
folger Preller's seinen Meister an Fülle und Reiz der Lichtver-
teilung meist noch übertrifft, während den figürlichen Bildern des
Volz zwar nicht der Humor, aber doch oft die feinere Grazie der
Darstellung gebricht. — Ganz kann man Edm. Kanoldts Verdienst
indes erst bei „Amor und Psyche" (Karlsruhe, in Kommission bei
Suck) kennen lernen, acht Photographien nach Bildern, die er im
Salon eines rcicken Kunstliebhabers in Leipzig ausgeführt. Denn
hier kommt erst der ganze Wohllaut seiner ebenso fein in den
Linien abgewogenen, als organisch durchgebildeten Kompositionen
mit ihren herrlichen Silhouetten und majestätischen Bauwerken zur
Geltung. Haben diese Landschaften oft etwas Parkartiges, so eignen
sie sich gerade deshalb zum Wohnsitz der Götter umsomehr, als sie
überall jene stolze Majestät und traumhafte Fülle zeigen, wie sie
uns in der Welt nirgends so als in den römischen Villen entzückt.
Die Kunst für Alle bringt Seite 107 eine dieser köstlichen Kompo-
sitionen, ivo unsere Leser dann am besten sehen können, wie sehr
es zu bedauern ist, dast die Mode des Tages sich von dieser Be-
handlung der Landschaft ganz abgemendet hat, die sich freilich zu
unsereni modernen Naturalismus oft verhält, wie Homer'sche Verse
zur Prosa eines Zeitungsartikels.

-ln den majestätischen Ernst südlicher Natur und die Unmög-
lichkeit, ihren Charakter ohne strenge Stilisierung der Formen
wiederzugeben, erinnert uns dann auf jeder Seile das eben er-
schienene Werk „Aus biblischen Pfaden" (Hamburg, Expedition
des Kindcrsreuudes, 10 Mk.), das uns, reich mit Holzschnitten illu-
striert, über Egypten nach Jerusalem führt und den Rückweg über
Damaskus und Beirut nimmt, nicht ohne uns in seinen land-
schaftlichen wie figürlichen Bildern einen deutlichen Begriff von der
einstigen Pracht und heutigen trostlosen Verkommenheit des Orients
zu geben. Bon den biblischen Stätten und ihren frommen Er-
innerungen weg führt uns nicht unvermittelt ein „Deutscher
Kinderfreund" ^Hamburg, ebendort 4 Mk), weil mit stark reli-
giöser, ja spezifisch protestantischer Färbung iu's Vaterland zurück.
Das Blatt wird von P. Fries und Joh. Rinck recht zweckmäßig
redigiert und trifft den für Kinder paffenden Ton in seinen sehr
mannigfaltigen, durch oft recht hübsche Bilder unterstützten Auf-
sätzen ganz gut, so dast man es um so eher empfehlen darf, als
besonders seine Bilder meist von der Overbeck-Bcith-Peschel'schcn
Schule herrühren und daher durch ihre edle und würdevolle Sty-
lisicrung viel besser geeignet sind, den Kindern früh Ehrfurcht vor
diesem Gebiet einzuflösten, als unser heutiges stark sozialdemokratisch
angehauchtes, d. h. ungewaschenes, gemaltes Christentum. Man
kann das fröhliche und sinnlichere katholische Süddeutschland nicht
schäxsxr vom Protestantischen Norddeutschland unterscheiden als es
gegenüber dem „Kinderfreund" von den bei Braun L Schneider
München, erscheinenden „Jugend blättern" geschieht, die den
heutigen Jahrgang gleich mit „Fräulein Bubenmädels Tagebuch" an-
sangen. Wie die Bilder dann meist farbig sind, so geht der lebhaftere,
weniger salbungsvolle Ton denn auch fort und an des stolzen
Kaisers Stelle wird dann der Prinzregent Luitpold der Verehrung
der Kinder eingeprägt. Das Blatt trägt eben durchaus den
 
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