Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

DOI Artikel:
Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
DOI Artikel:
Vacano, Emile Mario: Kollaboratoren: ein Apropos
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0361

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunstlitteratur und vervielfältigende Kunst — 1?om Kunstinarkt — Kollciboratoren. Don E. 111. Oacauo

285

Kunst litieralur und vervielfältigende Kunst

Klm. „Taschen-Kalender für Amateurphotographcn". HcrauS-
gcgebcn von 4u. A. Micthe 1802 (Berlin, Brrlag von R.
'Mückenberger. Preis 2 M.) „Es wird oft behauptet, das; die
Photographie eine Modekrankheit sei, welche, wie andere Erschei-
nungen derselben Art, epidemisch die Menschheit ergriffen hätte,
um alle ansteckungssähigen Individuen mit sich zu ziehen, um
dann wieder nach kürzerer oder längerer Zeit fast spurlos zu
verschwinden." Der Verfasser registriert diese Ansicht, teilt sie
aber nur bedingt, widmet vielmehr gerade der Liebhaberphoto-
graphie seinen vortrefflichen Taschen-Kalender, welchen wir schon
in seinem vorigen Jahrgange zur Kompletierung der photo-
graphischen Ausrüstung vorgcschlagen haben. Nun ist der Inhalt
wesentlich vermehrt, trotzdem das sehr elegante Taschenbuchformat
beibehalten wurde. Der Verfasser hat eben das neue nur dort
herangezogen, wo es sich als praktisch bewährt hat, und das ist
eine gute Methode für das Programm eines Ausrüstungsbuchcs.
Neun Kunstbeilagen bieten teils Vorlagen für Wahl von Sujets
für Anregungsbedürftige, teils Illustrationen zu neuen Auf-
nahmeverfahren, wie jenes mit dem famosen Mietheschen Tele-
objektiv. Weitere Empfehlungen sind in diesen Blättern schließlich
überflüssig, da der Kalendermann den Lesern unsrer photo-
graphischen Spalte ja genügend vertraut sein dürfte. l>vlch

Vom Kunstmarkt

O. L. Paris. Alexandre Dumas verkauft seine Galerie.
Diese vor einigen Wochen durch die Presse gehende Nachricht ver-
blüffte alle Welt, und als mau vollends erfuhr, daß er seinen
Aufenthalt in Paris aufgeben und sich nach äl-u-I)- le Noy zurück-
ziehen werde, zerbrach man sich über die Ursachen dieses Ein-
schusses den Kopf. Man raunte sich von einer Liebesgeschichte
zu, andere behaupteten, er wolle einer Lieblingstochter mit dem
Ertrage aus der Galerie eine besondere Zuwendung machen.
Doch das interessiert uns an dieser Stelle nicht, wohl aber
die kostbare Galerie, die zur Versteigerung gelangen sollte.
Meissonier nimmt in dieser mit einem seiner berühmtesten
Werke: „Dem Leser" den ersten Rang ein. Ferner gelangte von

Meissonier das Porträt eines Offiziers des ersten Kaiserreichs,
ein für die Evangelien von Cnrner gemalter hl. Paulus, ein
Blcistiftporträt des Herrn von Chevignä und ein Dutzend sehr
gut ausgeführter Zeichnungen, Skizzen für bekannte Porträts zum
Verkauf. Nicht versteigert wurde selbstverständlich das 60 cm auf
40 cm kostbare Porträt Dumas. Ein Aquarell, die Affaire
Clcmcnccan, blieb ebenfalls hiervon ausgeschlossen. Vollon
ist durch ein Dutzend Bilder ersten Ranges in dieser ein
Weltereignis bildenden Versteigerung vertreten, unter welchen:
Die Eier, der Helm und eine Metzgerei, welche an den
berühmten Rembrandt erinnert. Millet ist mit einer schönen
Auferweckung des hl. Lazarus, Gericault mit einem Selbst-
Porträt an dem Verkauf beteiligt. Von weiteren Künstlern ist zu
nennen: Jules Duprc mit mehreren Arbeiten, Theodore
Rousseau mit einigen Landschaften, de Mittis mit einer
entzückenden Pariser Studie, Mattheh mit verschiedenen Marinen,
Berthon und Lefebre mit nackten Frauen, Protais mit
einer Landschaft, Delacroix mit einem Tiger, Decamps mit
einem Hunde und Tragonard mit zwei „galanten Szenen".
Bon Prudhon gelangte eine große und treffliche Zeichnung
zum Verkauf, von Corot „Frauen", ferner ein Porträt von sedais
von Chardin gemalt, ein anderes einer unbekannten Frau von
Natlier, von Fortuny ein Janitschar und von Riesen er eine
Bacchantin. Tassaert figuriert mit 35 Bildern, unter denen
eine etwas dekolletierte Leda, zu der die Grisette mit dem Kopf-
kissen ein Pendant bildet. Es ist unmöglich, hier den ganzen
Katalog aufzuzählen. Die Nennung der Hauptschätze der Samm-
lung zeigt, daß es sich nicht um eine banale Versteigerung handelt.
Das Ergebnis ist etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Statt der gehofften Million wurden nur 512,000 Francs erzielt.

i>H7l

— Prag. Gabriel Mar' neuestes Gemälde „Die Seherin
von Prevorst" ist durch den Hofkunsthändler N. Lehmann in
Prag, bei dem das Gemälde ausgestellt war, an die Galerie des
Rudolsinum zu Prag verkauft worden. iss-O

— Leipzig. Bei C. E. Boerner in Leipzig findet am
14. Juni und an den folgenden Tagen eine Versteigerung von
Kupferstichen und Radierungen alter und neuer Meister aus
Privatbesitz statt. OMU













läotlüborLtorcn

Lin Apropos von L. UI. vacano 'n»u-k Ebu,-,,

m Mittelalter der Kunst (das man, da die Kunst
jünger ist als die geschichtliche Ära, um mindestens zwei
Jahrhunderte später als das politische Mittelalter ansetzen
kann), war in der niederländischen und vlämischcn Schule
die Mitarbeiterschaft zweier Maler fast ebenso gang und
gäbe und naturgemäß, wie heutzutage die Kollaboration
zweier Pariser Vaudevillisten. Maler verschiedenen Faches
gaben ihr Bestes zu einem Bilde und schufen dadurch
annähernd tadellose und vollendete Bilder. Merkwürdiger
Weise hat just von diesen Bildern keines Weltruf
erlangt, was wohl ein Beweis sein dürste, daß die
künstlerische Mitarbeiterschaft aus einem Bilde und mögen
die betreffenden Meister an und für sich noch so groß
sein, nie ein vollkommen harmonisches Ganzes schafft:
ein Gemälde muß eben wie ein Musikstück, der Ausfluß
eines Geistes, die Formula eines Gedankens sein.
Man denke sich z. B. in der Musik eine Sonate von
Mozart und Beethoven, eine Oper von Weber und Wagner,
ja sogar einen Walzer von Strauß und Arditi komponiert!

Angenommen selbst, die beiden Meister verständen
es, eine harmonische Totalität ihres Werkes hervorzu-
bringen: der Beschauer oder der Zuhörer werden un-
willkürlich die beiden Künstler miteinander vergleichen, sie
gegeneinander abwägen, und dieses Denken und Kritteln
läßt die rechte Freude am Werke selber nicht aufkommen.

Wir erinnern nur an die großen Staatsgemälde
von Dirk van Deelen (geb. zu Heusden 1605, gest. zu
Arnemuyden 1671) und seines Busenfreundes Anthonie
Stevaerts-Palamedeß (geb. 1604 zu Delft, gest. in
Amsterdam 1673), zum Beispiel ihren großen Saal des
Binnenhofes von Haag während der Versammlung der
Reichsstände durch Jacob Cats. Es gab keine vollstän-
digere, echtere Seelen- und Lebensfreundschaft wie diejenige
dieser beiden. Sie waren in der That „zwei Herzen und
ein Schlag". Und doch verraten die Figuren, welche durch
die Hand des Palamedcß in die Architektur seines Geistes-
bruders hincingemalt worden, einen so ganz andern Farben-
auftrag, eine so ganz andere Pinselführung, ein weiblich
 
Annotationen