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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0100
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Personal- und Atelier-Nachrichten.

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finster brütenden, von Selbstqual durchfurchten Antlitzes, als die
geschlossene Haltung des meisterhaft durchgebildeten Körpers.
Das Werk giebt beredte Antwort auf die Frage: Bist du glücklich,
Ebenbild Gottes? — Nein! In ihren Lildnisbüsten zeigt
Fräulein Ries dieselbe gereiste Kraft, dieselbe Ausdrucksfähigkeit
ihrer Kunst, die freilich leicht auch etwas zu viel thut. Eine
lebensgroße „Somnambule", welche die Künstlerin in Marmor
ausgeführt hat, ist noch nicht ausgestellt worden. Uesg)

tr. Düsseldorf. Professor Arthur Kampf ist gegen-
wärtig mit den Vorarbeiten zur Ausschmückung des Kreistags-
gebäudes zu Burtscheid-Aachen beschäftigt. Die Wandgemälde
stellen Scenen aus dem modernen Volksleben dar. Zu den
Kosten der Ausschmückung leistet der Kunstverein für Rheinland
und Westfalen einen Zuschuß von 10000 M. — Willy Spatz
ist mit den Entwürfen für die Ausmalung der „Kemenate"

im wiederhergestellten
Schlosse zu Burg an
der Wupper beschäf-
tigt. Das Hauptbild
wird den hl. Suit-
bertus darstellen, der
am Niederrhein zuerst
das Christentum pre-
digte. Für die gesamte
künstlerische Ausschmü-
ckung des Schlosses
Burg steuert der Kunst-
verein die Summe von
50 000 M. bei. EWs;

— Berlin. Ri-
chard Bong, der
Herausgeber und Ver-
leger der illustrierten
Zeitschriften „Moderne
Kunst", „Zur guten
Stunde" und „Für
alle Welt" feierte am
23- Oktober sein fünf-
undzwanzigjähriges
Geschäfts - Jubiläum.
Bong ist auf dem Ge-
biete der Lylographie
einer der Bahnbrecher
des Tonholzschnittes.
Des weiteren gebührt
ihm das Verdienst,
den Farbenholzschnitt
in die Journaltechnik
eingeführt zu haben.

— London. Die
Kgl. Gesellschaft der
Aquarell - Maler
hat den Posten eines
Präsidenten, welcher
durch den Tod Sir John Gilberts frei geworden ist, sowohl
Alma-Tadema, wie Sir Edward Burne-Jones angeboren. Beide
Künstler haben jedoch die Ehre abgelehnt. Wahrscheinlich wird
jetzt die Wahl auf Hubert Herkomer fallen. — Am 31. Oktober
ist in Rom der Kunstforscher Giovanni Battista Cavalca-
selle, 77 Jahre alt, gestorben. Das Hauptwerk des Mannes,
der zuletzt das Kunstressort im italienischen Ministerium der
öffentlichen Erziehung verwaltete, ist seine in Gemeinschaft mit
dem vor etwa einem Jahre verstorbenen Engländer I. A. Crowe
verfaßte Geschichte der italienischen Malerei (London, 1864 bis
1872; deutsch von Max Jordan)..

— München. Professor W. von Rümann hat sein
Modell für das Stuttgarter Kaiser Wilhelm-Denkmal fertig
gestellt. liK8ii

— Zürich. In der Konkurrenz um einen Fries für die
„Galerie Henneberg" hat ein junger Baseler Künstler, Bild-
hauer Adolf Meyer, mit der Skizze eines „Bacchantenzuges"
gesiegt. Der in Marmor auszuführende Fries wird eine Länge
von 20 und die Höhe von 2 m erreichen. 17672;

— München. Aus Anlaß des Namensfestes Sr. K- H.
des Prinzregenten wurden u. a. nachstehende Auszeichnungen
verliehen: der Verdienstorden vom hl. Michael II. Klasse dem
kgl. Geheimrat und Professor vr. Franz Ritter v. Reber,
Direktor der Bayer. Staats-Gemälde-Galerien; der Titel eines
kgl. Professors dem Bildhauer Thomas Dennerlein. UK74;


— Nachträgliches zur jBöcklfin-Feier. Ueber die in
unserem Baseler Bericht a. S. 64 bereits erwähnte Rede Professors
Hermann Wölfflin beim Festakt im großen Saale des
Baseler Kasinos entnehmen wir einem Berichte der „M. N. N."
noch das Nachstehende: Die Rede, klar, sachlich, warm, ohne
großen Aufwand oratorischer Ornamentik, aber Wort für Wort
treffend, glich einem frischen Lorbeerkranz, den wahre Begeisterung
gebunden. Der Redner betonte die Universalität des Künstlers,
das Phänomenale seiner Erscheinung, die Männlichkeit, von der
alle Schöpfungen durchwoben sind, die Entstehungsweise der
Arbeiten und die antipodische Stellung zum Impressionismus.
Nicht nach der Natur malen, sondern die Natur sehen und er-
fassen ! Den Charakter der innerlichen Notwendigkeiten verstehen
und daraus, nicht aus leichtem Erhaschen leichtfaßlicher Eindrücke
das Ganze gestalten. Nebenbei erinnerte der Redner an drei
Grundsätze Böcklins, die er immer festgehalten: 1. Geht auf keine
Akademie! 2. Trinkt kein Bier, sondern Wein. 3. Geht, sobald
Ihr könnt, nach Italien. Das sind Dinge, die er jedem riet.
Redner kam dann auf die verschiedenen Phasen der Entwicklung
des Künstlers, als deren wesentlichste, weil sie einen prinzipiellen
Umschwung nach sich zog, die erste Fahrt Böcklins nach Italien
anzusehen sei; denn damit beginnt die Lösung einer Reihe von
Problemen, mit denen er seiner Zeit weit vorauseilte. Es wurde
des intimen Verkehrs mit Feuerbach, der zeitweisen Hinneigung
im Ausdrucke zu diesem Erwähnung gethan, ebenso aber des
Feuerbach'schen Ausspruches: „Jetzt, wo ich gesehen, was der
schafft, muß ich ganz von vorn anfangen". Das war in einer
Zeit, da Böcklin, jung verheiratet, von der bittersten Not oft
hart bedrängt war. „Und den kennt kein Mensch", ruft Feuer-
bach aus — Böcklin aber ruft ihm vom Wagen aus, der ihn
von der ewigen Stadt nach Norden führt, zu: „Sie Werdens
auch nicht durchfechten". Daß der Lehrer einer Akademie, der
den obenerwähnten drei Grundsätzen huldigte, nicht lange in
seiner Stellung — in Weimar — bleiben konnte, ist selbstver-
ständlich. Wieder zog es ihn gen Süden und nun tritt die
Periode des „feinen Grau" ein. Es war ein Uebergang. Dann
kommt der Baseler Aufenthalt, die Fresken im Museum und in
der Villa Sarrasin und plötzlich, unversehens ein Sprung in
die Farbe, wie er heftiger kaum gedacht werden kann. Die
„Muse des Anakreon" ist die bezeichnendste Leistung dieser
Wendung. Redner betonte, was hier das Wort „Farbe" bedeute,
wie sehr sie sich z. B. von der Makart'schen Oberflächlichkeit unter-
scheide. Sie war bei Böcklin kein Kunststück, es war eine innere
Vision; da fand er sich endlich ganz und gar selbst. Seit seiner
abermaligen Rückkehr nach Italien in den siebziger Jahren be-
gann dann jene Abklärung, der die geläutertsten Werke angehören,
sein „Odysseus und Kalypso", der „Opferhain" und anderes
Herrliches, das man eigentlich alles mit dem Worte „Gefilde der
Seligen" bezeichnen könnte. Den Gipfel großartigster Einfach-
heit erreicht Böcklin in der „Toten-Jnsel", jenem Werke, das an
Größe der Anschauung seinesgleichen nicht hat. Doch er bleibt
dabei nicht stehen. Abermals tritt eine Epoche wahren Farben-
jubels ein, das Elegische tritt mehr und mehr zurück, dafür die
Freude am Sinnlich-Prächtigen um so mehr hervor, und überall
bricht sich die Anschauung des durch und durch gesunden Menschen
Bahn, ein Grund, weshalb seine Bilder mitten im Meere des
Impressionismus und der Pleinair-Malerei seltsam genug aus-
sahen. Redner schloß mit dem Worte, daß Böcklin die Aufgabe
der Kunst nicht darin erblickt, die Wände der Wohnungen zu
dekorieren, sondern darin, der Menschheit die Größe und Pracht
der Natur vor Augen zu führen. Deshalb haben so viele das
Festliche, was seine Kunst durchzieht, nicht begriffen." — In der
Adresse des schweizerischen Bundesrats an Böcklin, die Viktor
Widmann verfaßt hat, fand sich folgender Passus: „Wir können
und wollen es nicht vergessen, daß Sie ein Sohn unseres Landes
sind und bleiben und daß Sie dies namentlich durch den stolzen
Unabhängigkeitssinn bekundet haben, der Sie in Zeiten, als Ihre
neuartige Kunstausübung fast allgemein mißverstanden wurde,
ruhig und zuversichtlich Ihre eigenen Wege gehen ließ. Diese
unbekümmerte, furchtlose Mannestugend, wie sehr sie auch in
Ihrer Persönlichkeit wurzelt, ist zugleich die wünschenswerte
Eigenschaft des wahren Republikaners." — Das zum 16. Oktober
abgegangene Glückwunsch-Telegramm vom Komitee des Böcklin-
Festes in Basel halte folgenden Wortlaut:

Dir ward es zur Unsterblichkeit gegeben,
vom Ruhmesglanz, der Deine Ltirne schmückt.

Ein Abglanz auch die Vaterstadt beglückt.

Die dankbar wünscht dem teuren Jubilaren

Manch tustrum noch zu seinen 70 Jahren. s7686s
 
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