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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Mortimer, Richard: Die Berliner Kunstausstellung im Landesausstellungsgebäude, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0361
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Die berliner Aunstausstellung im Landesansstellungsgebäude. von Richard Mortimer.

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mit so viel Persönlichem durchtränkt auftritt, kann er zu
einer sehr interessanten, feinsinnigen Kunst führen. Schennis
ist ein Stück Romantiker, der von dem Erbe des Rokoko
zehrt. In seinen Bildern ist ein schwermütiger Ton der
Sehnsucht angeschlagen; wie ein leise klagender Mollaceord
durchhallt er die Erzählungen von der Wehmut verödeter
Parke, von verfallener Pracht. Und wie dem Zeitalter
von Versailles und Trianon ihre anmutige oder pathetische
kokette Pose eigen war, so schlägt auch Schennis hier und
da einen tragischen Ton an, der posiert ist. Aber trotz-
dem sind sie himmelweit von leeren Dekorationen entfernt.
Es ist wirklich fast alles echt und empfunden, und nur ein
Rest bleibt, der Kunst aus zweiter Hand ist. Daß die
Bilder braun im Ton sind, wäre wohl kein Vorwurf. Nur
muß zugegeben werden, daß dieser braune Ton noch der
Verfeinerung fähig wäre. Doch alles in allem sollte man
sich freuen, diesen Künstler wieder an die Oeffentlichkeit
gezogen zu sehen. Seine Thätigkeit scheint sich jetzt vor
allem der Radierung zugewandt zu haben. Diese Arbeiten
sind Träumereien über das Thema Watteau, Boucher,
Fragonard; mit erlesenem Geschmack und einem feinen
Gefühl gemacht, die sie qualitativ fast noch über seine
Bilder erheben.

Das ältere Berlin tritt wenig imponierend auf.
Einige Arbeiten von Meyerheim, Ludwig, Douzette
heben sich ab und repräsentieren diese Künstler in gewohnter
Weise. Eine Kollektivausstellung des Radierers Hans
Meyer bringt vor allen Dingen ganz ausgezeichnete
Studien nach der Natur und den interessanten Cyklus
von Radierungen „Ein Totentanz", in dem etwas von
Klingerschem Geist lebt und der Wohl viel weniger bekannt
geworden ist, als er verdient. Und man wundert sich,
daß ein Mann, der dieses schaffen kann, sich dann darauf
kapriziert, Dnrchschnittsaquaretle anzusertigen wie die
hier ebenfalls ausgestellten.

(Der Schluß folgt im nächsten Hefte.)

alter den Lebenden angehört,
uns ebenfalls ein wenig retro-
spektiv anwehen. Ende der sieb-
ziger und Anfang der achtziger
Jahre trat Schennis sehr in
den Vordergrund, um sich dann
mehr und mehr zurückzuziehen.
Aus jener Zeit stammen die
meisten der Werke. Schennis
ist auf alle Fälle eine sehr
interessante Künstlererscheinung.
Heute, wo Schlagworte wie As-
phalt und Krcmserweiß, Hell-
oder Dunkelmalerei, Realismus
und Idealismus ihre Bedeu-
tung bei ernsthaften Leuten ver-
loren haben, ist der Zeitpunkt
gut gewählt, wieder einmal die
allgemeine Aufmerksamkeit auf
diesen feinsinnigen Künstler zu
richten. Er gehört nicht zu
den Großen, den Pfadfindern,
den Bahnbrechern, den Ein-
samen ; er ist Eklektiker. Doch
muß man nicht jeden Eklekticis-
mus als etwas Herabsetzendes
auffassen. Wenn er, wie hier,

Luzifer sagt sich mit seinem Ludw. Fahre nkrog plnx.
Anhang von Gott los.

Berliner Kunstausstellung

Die Kunst für Alle. XIV.

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