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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Josef von Führich: zur hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages, 9. Februar 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0247

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-b-SÖ> JOSEF VON FÜHRICH -C^ä=^

bauer der Votivkirche, an FChrich, um Ent-
würfe für diese Kirche von ihm zu erhalten,
aber nur einige mit zitternden Linien ent-
worfene Kompositionen gingen noch aus des
Künstlers Hand hervor, die am 13. März 1876
völlig erkaltete.

An der Seite einer treugeliebten Gattin,
mit welcher er bis zwei Jahre vor seinem
Tode in glücklichster Ehe gelebt hatte, führte
Führich ein musterhaftes Familienleben.
Gerne sah sich der Künstler abends von einem
Kreise wahrhaft treuer Freunde umgeben.
Da herrschte die heiterste, anregendste Stim-
mung, doch waren ernste Gespräche niemals
ausgeschlossen. Grosser Sinn und ein feines
Verständnis für Musik zeichneten Führich
aus. Wenn bedeutende Oratorien aufgeführt
wurden, fehlte er nie, auch war er ein
feuriger Verehrer des Dramas und der Oper
und konnte an klassischen Aufführungen mit
der Begeisterung eines Jünglings noch im
späten Alter teilnehmen.

Seine Schüler waren oft um ihn, die Heiter-
keit, der freundlich gesellige Ton in seinem
Hause zog jeden, der das Glück hatte, einmal
in diesem liebenswürdigen Kreise Zutritt zu
haben, immer wieder dahin. Im allgemeinen
aber huldigte der Meister durchaus nicht dem
Dichterworte: „Ernst ist das Leben, heiter

ist die Kunst". Die Kunst war ihm durch
und durch ernst, ja heilig, sie war ihm bei-
nahe ein Teil des religiösen Kultus.

Wenn Führich zum Vorwurf gemacht wird,
dass er sich gegenüber der Farbe zu ablehnend
verhalten habe, so teilt er diesen Abgang mit
den übrigen Vertretern der künstlerischen
Richtung, die er verfocht. In manchen Bildern
seiner künstlerischen Frühzeit hat er aber
doch gezeigt, dass es ihm nicht an poetischem
Gefühl für Kolorit mangelte. Eine durchaus
selbständige Natur, war Führich nicht dazu
angethan, Konzessionen zu machen, erbeharrte
bei seinen Anschauungen, ob auch die ver-
schiedensten Kunstrichtungen um ihn auf-
tauchten. Nach äusseren Erfolgen trachtete
er nie, und das Streben nach Ehre und Geld,
gewöhnlich die beiden Ziele menschlichen
Ringens, blieb ihm fremd. Eine bis in das
hohe Greisenalter immer gleich krystall-
klare, weiche Kinderseele, war sein Herz und
Auge unverrückbar dem höchsten Ideale zu-
gewendet, dessen Verherrlichung die freudige
Aufgabe seines ganzen Lebens bildete, für
welche er stand und fiel, und die so treffend
in der schönen Psalmenstelle zusammengefasst
ist, die auf seinem Grabsteine steht:

„Herr, ich habe die Schön-
heit deines Hauses geliebt."

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