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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0379
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-o«Ssg> PERSONAL- UND ATELIER-NACHRICHTEN <5*=ö-

und eine Landschaft mit einem See nach Gewitter
und Sturm, über ihr den mit dem Aufruhr in der
Natur versöhnenden Regenbogen, und noch manches
andere. Danken wir dem Künstler, dass er wiederum
einer grossen Anzahl heimischer Kunstinteressenten
ein paar so genussreiche Tage verschafft hat. —
Teicherts Salon zeigte uns mehrere wohlgelungene
Bilder Ed. Anderson's, alles ostpreussische Motive,
von denen besonders die Winterlandschaften vom
Kurischen Haff einen recht intimen Charakter auf-
wiesen und gut beobachtet waren. — Unser heimi-
scher Bildhauer Professor Reusch vollendete eben
ein Modell zu einem Grabdenkmal: eine sitzende
weibliche Figur von schöner Modellierung mit
innigem, liebevoll-trauerndem Ausdruck. <*>
KOPENHAGEN. Severin Kroyer hatte eine
Ausstellung von etwa vierzig neuen, aus dem
Jahre 1901 stammenden Arbeiten veranstaltet, die
in der Mehrzahl Früchte eines längeren Rekon-
valeszenten-Aufenthalts sind, den der schwer er-
krankte Meister in Tirol und Italien verbrachte. Es
sind zumeist kleinere Oelbilder, Aquarelle und
Pastelle, von denen ein 'Sonnenuntergang im Etsch-
thal< in herbstlicher Stimmung, ein >Bettler in
Taorminac, Schilderungen der italienischen Wein-
ernte und die Skizze eines Björnson-Porträts als
besonders glückliche Schöpfungen genannt seien.
Kroyer zeigt sich in diesen Arbeiten wieder im
Vollbesitze seiner Künstlerkraft.
STUTTGART. Der secessionistischen - Freien Ver-
einigung württembergischer Künstler« gehören
bislang an: O. Reiniger I. Vorsitzender, Alex. Frhr.
v. Otterstedt II. Vorsitzender, F. Hollenberg Schrift-
führer, K. Schickhardt Kassierer, ferner H. Drück, H.
Pleuer, Th. Bausch, P. Huber, 0. Jung, E. Kiemlen,
Fritz Lang, Th. Lauxmann, W. Plappert, G. Rheineck,
C. Scharrath, C. Schmauck, R. Schmidt, E. Schön,
E. Starker, H. Weisshaar, F. Zix, F. Zundel.
DERLIN. Dem ordentlichen Lehreran der Akademie,
" Maler Friedrich Kallmorgen, ist das Prädikat
Professor« beigelegt worden. — Prof. Fr. Schaper
modelliert zur Zeit eine Bronzestatue des Johann
von Küstrin, welche die Stadt dem Bruder des Kur-
fürsten Joachim III. errichten wird. In kaiserlichem
Auftrage führt ausserdem Prof. Georg Janensch
ein Denkmal des Kurprinzen Friedrich Wilhelm,
des späteren Grossen Kurfürsten aus, das auf dem
Hofe des jetzt als Kaserne dienenden früheren
Schlosses seinen Platz finden soll. Eine gleichfalls
für Küstrin bestimmte Büste Friedrichs des
Grossen als Kronprinz, die an dessen Gefangen-
schaft in Küstrin erinnern soll, ist dem Bildhauer
Wilh. Haverkamp übertragen. — Die für den
18. Oktober dieses Jahres geplante Enthüllung der
vor dem Brandenburger Thor zu errichtenden
Denkmäler des Kaisers und der Kaiserin Friedrich
ist, wie es heisst um ein Jahr, hinausgeschoben
worden. — Aus der Albert Louis Funk-Stiftung
wurde dem Studierenden der akademischen Hoch-
schule, Bildhauer Erich Schmidt aus Berlin,
ein Stipendium auf vier Jahre verliehen. — Der
diesmalige Preis der Dr. Paul Schultze-Stiftung
13000 M.) ist dem Bildhauer Adolf Amberg aus
Hanau zuerkannt worden, das Stipendium der ersten
Michael Beer-Stiftung (2250 M.) erhielt der Maler
David Moses (genannt Mose). Um den für Kupfer-
stecher ausgeschriebenen Preis der zweiten Michael
Beer'schen Stiftung hatte sich niemand beworben.
— Im Wettbewerb um den grossen Staatspreis von
je 3300 M. ist der für Maler bestimmte nicht zur

Verleihung gekommen, den für Bildhauer bestimmten
erhielt Alfred Raum aus Bernau. Dem Bildhauer
Walther Schmarje aus Flensburg wurde für
seine zu den Wettbewerben um den Grossen Staats-
preis wie auch den der Dr. Paul Schultze-Stiftung
eingelieferten Arbeiten eine > Ehrende Anerkennung«
ausgesprochen.
IEN. Emil Orlik ist eine der interessantesten
Individualitäten der Wiener Secession. Von
einem längeren Aufenthalt in Japan zurückgekehrt,
veranstaltete der Künstler im Kunstsalon Pisko eine
Gesamtausstellung. Man sieht in einem Saal die
trüben, melancholischen Bilder, welche während
eines Aufenthaltes in England entstanden: Nebel-
stimmungen, Rauchatmosphären. Die Linien aber
bereits ungemein lebendig, der Eindruck der Be-
wegung vortrefflich festgehalten. Dies fällt auch
in dem der Graphik gewidmeten Raum besonders
auf. Hier sind mit vollständigster Beherrschung
der verschiedenartigsten Techniken, als Holzschnitt,
Radierung, Farbenradierung, Schabkunst etc., kurze
Noten wiedergegeben — Aphorismen — Feststel-
lungen ganz flüchtiger Erscheinungsmomente. Die
Lebhaftigkeit einer Probleme suchenden Künstler-
natur schafft hier ein sehr anziehendes Bild nach
wechselnden Impressionen. Diese Anlagen kommen
Orlik nun bei seiner Aufnahme der japanischen
Kultur besonders zu statten. Sein beweglicher
Geist ergötzte sich an den bunten Phantasien eines
kunstdurchsättigten Volkes. Er vermochte es, sich
von der Gefahr einer rein äusseren Anempfindung
fernzuhalten und die Wesensbedingungen der
japanischen Kunst zu erkennen. Nur durch sehr
ernstes Forschen, nur indem der Künstler die
Sprache des Landes erlernte und mit den wenigen
grossen Künstlern, welche Japan heute noch besitzt,
Umgang pflog, nur nachdem er von diesen sich in
ihre Ausdrucksweise, in ihre Technik einführen
Hess, gelang ihm dies. Wir bekommen daher nicht
angenehme Reiseschilderungen eines Kunst- und
Weltbummlers zu sehen, sondern geniessen das
seltene Schauspiel, dass ein Naturell fremde Kunst-
werke in sich aufzunehmen vermag und dieselben
in einer merkwürdig objektiven, sehr wahr gesehenen
Art wiedergiebt. Koloristisch ganz exquisit sind
die Pastelle >Das Wo-Theater«, -Wandgemälde des
Hano Tanyu«, .Hausgärtchen« und viele andere.
Die so schwere Technik des japanischen Holz-
schnittes, welcher eine grosse Feinfühligkeit und
Accuratesse der Handübung verlangt, weiss Orlik
so sicher wie einer der japanischen Meister aus der
guten Kunstperiode zu handhaben. Ob der Künstler
die in der Ferne erworbene Virtuosität der Form-
kürzungen, der Prägnanz, des Farbenglanzes auch
im Heimatlichen zu verwerten im stände sein wird?
Diese Frage ist bereits beantwortet. »Aus Böhmen
betitelt sich eine Serie von Bildern, welche meist
Strassenzüge kleiner Städte, alte Hofansichten, alt-
modische Häuser darstellen. Sie sind bereits nach
der Japan-Reise entstanden und zeigen wie frei
Orlik die Errungenschaften seiner Studienreise zu
verwerten weiss. Mit seltener Sicherheit ist das
Malerische der Motive herausgewählt. Knapp, klar
und eindringlich, grosszügig und doch liebevoll im
Detail sind die Formen hingesetzt. Farbenkräftig,
froh, leuchtend, aber von subtilster Kontrastkenntnis
ist die Farbigkeit. Für einen echten Künstler be-
deutet auch eine starke Beeinflussung seines Wesens
durch fremde Kunstwerte keine Gefährdung seiner
Individualität. Und so hat auch Orlik nur den ihm
schon von der Natur verliehenen stark impressio-
nistischen Neigungen die feste Fundamentierung

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