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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Eckert, Eduard: Die geplante Neuregelung des Urheberrechtes an Werken der bildenden Künste, [2]
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Günther, Fritz: Aus den Erinnerungen eines Museumsdirektors
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0204
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-a-fi^> AUS DEN ERINNERUNGEN EINES MUSEUMSDIREKTORS <ö£-b-

Daß dabei nicht alle Wünsche Berück-
sichtigung gefunden haben, die aus Künstler-
kreisen geäußert worden sind, ist bei dem
Widerstreite der Interessen, die in Frage
kommen und von dem Gesetzgeber gegen-
einander abzuwägen sind, nicht verwunderlich.
Sehr zu bedauern ist es, daß man im Reichs-
amte des Inneren nach den Erfahrungen, die
man dort bei der Beratung mit Sachverständigen
gemacht hat, dem Wunsche nach einer ge-
setzlichen Regelung des Kunstverlagsrechtes
noch nicht nachkommen zu können glaubt.
Auf all das näher einzugehen, ist hier nicht

JOSEF FLOSSMANN KINDERBOSTE

der Platz. Der Zweck dieser Zeilen ist in
der Hauptsache erfüllt, wenn es ihnen ge-
lingt, unter denen, die es angeht, vor allem
unter unseren Künstlern, das Interesse an
der Neuregelung unseres künstlerischen Ur-
heberrechtes zu stärken, sie insbesondere auf
einige bedenkliche Bestimmungen des Ent-
wurfes hinzuweisen, deren Beseitigung oder
Verbesserung anzustreben es jetzt noch nicht
zu spät ist.

AUS DEN ERINNERUNGEN
EINES MUSEUMSDIREKTORS

Von Fritz Günther

Der alte Wallraf, der Gründer des nach
ihm benannten Museums in Köln, hatte
von der Tätigkeit eines Museumsbeamten keine
besonders hohe Meinung. Der Konservator
müsse sich — so bestimmte er bei Schenkung
seiner Sammlungen an die Stadt — im Mu-
seum aufhalten, damit er Fürstlichkeiten und
sonstige Honoratioren empfangen und sie
durch die Ausstellung begleiten könne. Es
braucht dann wohl niemanden wunderzuneh-
men, wenn Frau Geheimrat Sauerbier oder
Herr Präsident Leisetreter die Güte haben,
den Konservator durch einen Aufseher auf
ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen und
dessen Führung beanspruchen. Wenige Be-
sucher machen sich ein Gewissen daraus, den
geschäftigen Müßiggang eines Museumsleiters
durch eine mehr oder weniger interessante,
mehr oder weniger mit der Kunst zusammen-
hängende Unterhaltung zu unterbrechen. Man-
cher Besitzer eines seiner Meinung nach un-
schätzbaren Bildes ist entrüstet, wenn seine
liebenswürdige Einladung, das kostbare Werk
in seiner Wohnung zu besichtigen, mit der
ebenso liebenswürdigen Einladung beantwortet
wird, es zur Begutachtung im Museum vor-
zuführen. Er kann sich nur schwer vorstellen,
daß der Konservator, wenn er allen derartigen
Einladungen folgen wollte, den ganzen lieben
Tag per Droschke von Haus zu Haus fahren
müßte, um schließlich in hundert Fällen viel-
leicht einmal den Weg halbwegs lohnend zu
finden.

Die Angebote zu Ankäufen und Ausstel-
lungen bieten für den Museumsmann eine
nie versiegende Quelle der Heiterkeit, da-
neben freilich auch des Aergers und Ver-
drusses. Eine kunstgewerbliche Sammlung
wurde lange Zeit von einem ehrsamen Schnei-
dermeister mit dem Antrage bestürmt, einen
Anzug ohne Naht, den er gebaut hatte, aus-
zustellen.*) Das hartnäckige Männchen ruhte
nicht eher als bis es alle Instanzen bis zum
Minister, natürlich ohne Erfolg, durchlaufen
hatte. Eine andere Sammlung erhielt eines
schönen Tages mit der Post ein eingeschrie-
benes Paketchen aus Trier, das eine ovale
Bleiplatte, eine Art Medaillon zum Anhängen
enthielt. Auf der einen Seite zeigte es in

*) Er kalkulierte also: Einen Anzug machen, ist
ein Gewerbe, einen solchen ohne Naht aber — eine
Kunst. Das Ganze also — Kunstgewerbe.

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