LEIPZIGER JAHRESAUSSTELLUNG 1911
zimmern hier für Commerz
getrieben wird, ist zu merk-
würdig, als daß es nicht einige
Zeilen kosten sollte. Ich habe
mir nun vorgenommen, es
recht kennen zu lernen, und
es ist mir auch so ziemlich
gelungen ; ich habe eine ganze
Menge Spectakel durchge-
macht, war in Diebskneipen
— — kurz, es gibt nichts,
was ich nicht kenne. Das Geld
hiezu habe ich auch beinahe
ganz hiergeholt von Porträts;
allein jetzt sehne ich mich so
nach meinem lieben göttli-
chen Rom, wie ein Fisch nach
Wasser. Ich muß das Porträt
desGrafenApponyi malen,und
der läßt so lange zappeln, bis
ich endlich zum Ziele komme,
daß ich verzweifeln möchte.
Nungut,Allesgehtundkommt f. a. harta februarsonne
und Geduld Siegt, aber ich lei- Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession
de sehr durch ihren Mangel.
Ich habe gearbeitet im Louvre, die „Grab- meinen Brief nur theilweise und wenigen
legung" und „Christus in Emaus" nach Tizian, Leuten mittheilen.
die „Hochzeit von Kanaan" von Veronese Lebe wohl, ich wünsche, daß es dir und
göttlich gemalt, und zwei Rubens habe ich den Deinigen wohl gehen möge, und bin wie
copirt. Hier ist eben Ausstellung von den immer dein treuer Freund C. Rahl
besten Sachen der besten Maler Frankreichs. (Der Schluß folgt)
Vernet, Delaroche, Ingres, Cogniet, ArySchäf-
fer, Robert, Decamps, Gericault, Diaz, Briare, LEIPZIGER JAHRESAUSSTELLUNG 1911
Prudhon. Wenige, aber ausgesuchte Sachen, !N Verbindung mit dem deutschen Künstlerbund
von Vernet „Rebekka" und „Thamar und ryß eine Stadt wie Leipzig, in deren Mauern eine
Juda", eklig gemalt wie ein Dosendeckel; *-* So große Zahl von bedeutenden Künstlern lebt,
von Delaroche „Richelieu" sehr ausgeführt, wie: Geheimer Hofrat Prof. Dr. Seffner, Prof.
aber etwas porcellanartig, der „Herzog von Seliger Prof.bruno HEROux.Prof.Huco Steiner
„ . . t -f p- Prag, Geheimer Hofrat Prof. Dr. Max Klinger usw.
Guise , er war sehr schon. Ingres gilt für bisher noch keine ständige Kunstausstellung hatte
den besten, obwohl er am wenigsten kann. die seinem sonstigen Rufe der Rührigkeit und Reg
Schäffer nähert sich unserer Schule, ist aber samkeit entspricht, mußte man lebhaft bedauern,
sehr sentimental und ohne eigentliche Kraft. Diesen Liebelstand hat der Maler Schulze-Rose
„ . ~. ^ ,. .",«,, erkannt und arbeitet seit zwei Jahren mit Ausdauer
Cogniet-Tintoretto malt seine todte Tochter, und Energie an der Schaffung einer Jahresausstel-
sehr viel Ausdruck. Die Breite und Keck- lung für Leipzig. Die Raumverhältnisse sind ja vor-
heit des Vortrages, die plastische Modellirung läufig noch mangelhaft, aber man rechnet damit,
und die, wenn auch etwas schwere Farbe, daß die Stadt das Vertrauen der auswärtigen Künstl_er
, , ,. . , damit lohnt, daß sie sich zur Erbauung einer wur-
ist sehr viel tüchtiger als die sentimentale digen Ausstellungshalle entschließt. Im vorigen Jahre
und dilettantenmäßige Art der Deutschen; wurde von der Ausstellungsleitung eine allgemeine
dafür haben unsere Leute (die besten nämlich) Einladung erlassen; diesmal erging die Aufforderung
mehr Erfindung und Stvl. zur Beteiligung im besonderen an den Deutschen
rl ; , , .... Künstlerbund, der diese Liebenswürdigkeit durch
Dem Dichter Herwegh, welchen ich hier reichste Beschickung quittierte.
malte, gefiel ich sehr, wie ich überhaupt mit Den Hauptsaal beherrscht Corinth mit seinen
meiner Manier, zu malen, den Franzosen zwei großen Figurenbildern „Schmiede des Vulkan"
weit näher stehe, wie meinen Landsleuten, un,d "Harem'. Das letztere, in der Komposition das
, , . , ,. „ . , , gelungenere, zeigt die eminente Souveränität in der
welches ich auch in Rom immer bemerkte. Fleischmalung, die Corinth in den letzten Jahren
Lebe wohl; natürlich, hoffe ich, wirst du erreicht hat. Und trotzdem hält sich Habermanns
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zimmern hier für Commerz
getrieben wird, ist zu merk-
würdig, als daß es nicht einige
Zeilen kosten sollte. Ich habe
mir nun vorgenommen, es
recht kennen zu lernen, und
es ist mir auch so ziemlich
gelungen ; ich habe eine ganze
Menge Spectakel durchge-
macht, war in Diebskneipen
— — kurz, es gibt nichts,
was ich nicht kenne. Das Geld
hiezu habe ich auch beinahe
ganz hiergeholt von Porträts;
allein jetzt sehne ich mich so
nach meinem lieben göttli-
chen Rom, wie ein Fisch nach
Wasser. Ich muß das Porträt
desGrafenApponyi malen,und
der läßt so lange zappeln, bis
ich endlich zum Ziele komme,
daß ich verzweifeln möchte.
Nungut,Allesgehtundkommt f. a. harta februarsonne
und Geduld Siegt, aber ich lei- Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession
de sehr durch ihren Mangel.
Ich habe gearbeitet im Louvre, die „Grab- meinen Brief nur theilweise und wenigen
legung" und „Christus in Emaus" nach Tizian, Leuten mittheilen.
die „Hochzeit von Kanaan" von Veronese Lebe wohl, ich wünsche, daß es dir und
göttlich gemalt, und zwei Rubens habe ich den Deinigen wohl gehen möge, und bin wie
copirt. Hier ist eben Ausstellung von den immer dein treuer Freund C. Rahl
besten Sachen der besten Maler Frankreichs. (Der Schluß folgt)
Vernet, Delaroche, Ingres, Cogniet, ArySchäf-
fer, Robert, Decamps, Gericault, Diaz, Briare, LEIPZIGER JAHRESAUSSTELLUNG 1911
Prudhon. Wenige, aber ausgesuchte Sachen, !N Verbindung mit dem deutschen Künstlerbund
von Vernet „Rebekka" und „Thamar und ryß eine Stadt wie Leipzig, in deren Mauern eine
Juda", eklig gemalt wie ein Dosendeckel; *-* So große Zahl von bedeutenden Künstlern lebt,
von Delaroche „Richelieu" sehr ausgeführt, wie: Geheimer Hofrat Prof. Dr. Seffner, Prof.
aber etwas porcellanartig, der „Herzog von Seliger Prof.bruno HEROux.Prof.Huco Steiner
„ . . t -f p- Prag, Geheimer Hofrat Prof. Dr. Max Klinger usw.
Guise , er war sehr schon. Ingres gilt für bisher noch keine ständige Kunstausstellung hatte
den besten, obwohl er am wenigsten kann. die seinem sonstigen Rufe der Rührigkeit und Reg
Schäffer nähert sich unserer Schule, ist aber samkeit entspricht, mußte man lebhaft bedauern,
sehr sentimental und ohne eigentliche Kraft. Diesen Liebelstand hat der Maler Schulze-Rose
„ . ~. ^ ,. .",«,, erkannt und arbeitet seit zwei Jahren mit Ausdauer
Cogniet-Tintoretto malt seine todte Tochter, und Energie an der Schaffung einer Jahresausstel-
sehr viel Ausdruck. Die Breite und Keck- lung für Leipzig. Die Raumverhältnisse sind ja vor-
heit des Vortrages, die plastische Modellirung läufig noch mangelhaft, aber man rechnet damit,
und die, wenn auch etwas schwere Farbe, daß die Stadt das Vertrauen der auswärtigen Künstl_er
, , ,. . , damit lohnt, daß sie sich zur Erbauung einer wur-
ist sehr viel tüchtiger als die sentimentale digen Ausstellungshalle entschließt. Im vorigen Jahre
und dilettantenmäßige Art der Deutschen; wurde von der Ausstellungsleitung eine allgemeine
dafür haben unsere Leute (die besten nämlich) Einladung erlassen; diesmal erging die Aufforderung
mehr Erfindung und Stvl. zur Beteiligung im besonderen an den Deutschen
rl ; , , .... Künstlerbund, der diese Liebenswürdigkeit durch
Dem Dichter Herwegh, welchen ich hier reichste Beschickung quittierte.
malte, gefiel ich sehr, wie ich überhaupt mit Den Hauptsaal beherrscht Corinth mit seinen
meiner Manier, zu malen, den Franzosen zwei großen Figurenbildern „Schmiede des Vulkan"
weit näher stehe, wie meinen Landsleuten, un,d "Harem'. Das letztere, in der Komposition das
, , . , ,. „ . , , gelungenere, zeigt die eminente Souveränität in der
welches ich auch in Rom immer bemerkte. Fleischmalung, die Corinth in den letzten Jahren
Lebe wohl; natürlich, hoffe ich, wirst du erreicht hat. Und trotzdem hält sich Habermanns
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