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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Rahl, Carl: Briefe von Carl Rahl aus den Jahren 1844-1850, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0487

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BRIEFE VON CARL RAHL AUS DEN JAHREN 1844—1850

Soeben habe ich eine Komposition „Das Opferung durchgemacht, und nun gibt es nichts

Leben Karl's des Großen" von Rethel ge- mehr, was ich fürchten oder hoffen könnte,

sehen, es wird in 14 Gemälden, 40 Fuß breit Die Erfahrung und eigene Anschauung ist

und 70 Fuß hoch, in den Kaisersaal zu Aachen Goldes werth. Die Stadt ist von einer Größe

für den König von Preußen gemalt. Steinle und Ausdehnung, daß man beinahe nicht im

wird für denselben ein „Jüngstes Gericht" Stande ist, sie zu übersehen. Hier hört jeder

für den neuen Dom malen. Veit malt eine Rest von kleinstädtischem Wesen auf. Nie-

„Himmelfahrt der Maria" wahrhaftig dreimal mand bekümmert sich um des Andern Thun

schlechter wie die meine, für 10000 Taler etc. und Treiben; von Polizei, obgleich es gewiß

Lebe wohl, es ist genug. Meine Reise reut genug gibt, siehst du nichts; du brauchst keinen

mich ganz und gar nicht und wird mir ge- Aufenthaltsschein, brauchst dich nirgends zu

wiß vom größten Nutzen in Zukunft sein. repräsentiren oder legitimiren, wohnst und

Ein neues Abenteuer mit einer Baronesse, thust, wo es und was dir gefällt. Alle öffent-

das nächstemal mehr, wird sehr lustig. Die liehen Sammlungen und dergleichen kannst

Jesuiten haben hier zu Eisenbahn-Speculationen du sehen, täglich, ohne Erlaubnis von irgend

100 Millionen Francs hergeschickt, ausgemachte einer Seite, auch sprechen, was dir einfällt.

Thatsache. Bei allen öffentlichen Anstellungen ist deine

. moralische Aufführung oder Religion ganz

Paris, 27. Janner 184b 1; es gib{ keinen Studenten in Paris, der

Mein lieber Freund! nicht mit einer Maitresse zusammen wohnte.

Ich bin nun beinahe sechs Wochen in Paris Sie gehen auf Bälle mit ihnen und tanzen
und habe es von allen Seiten studirt, habe ganz verfluchte Tänze, ohne daß dies den
Leiden und Freuden, Liebe und Politik, Kunst mindesten Einfluß auf ihre Studien hätte,
und Natur mit aller Anstrengung und Auf- Du magst hier thun und treiben, was du willst,

es wird Niemand danach fragen. An
Kunstschätzen ist ein großer Reichthum
vorhanden, nur durch das ganze Louvre
durchzugehen, ohne still zu halten, hast
du beinahe eine Stunde nöthig. Herr-
liche Werke aller Zeiten, schöne antike
Statuen, herrliche Gemälde Italiens, der
schönste Paul Veronese, den ich noch
gesehen habe (ich mache mir eine Skizze
davon). Von neueren Malern im Palais
Luxembourg sehr viele verdienstliche
Werke, in allen eine gewisse Virtuosität,
wie an den belgischen Bildern, nur oft
noch besser, doch auch viel schwächere.
Delaroche hat oft sehr gute Griffe ge-
macht, wenn nicht im Colorit, doch in
der Auffassung. Das Museum von Ver-
sailles zählt 1200 neue historische Ge-
mälde; man muß gestehen, das ist doch
großartig für fünfzehn Jahre Regierung.
Leider, obwohl viele einzelne Bildersehr
gut sind, so ist doch gar zu wenig Plan
in Anlegung des Ganzen.

Die Künstler, namentlich die deut-
schen, sind kalt, verschlossen und nei-
disch, und der größere Theil lebt von
lauter Bildchen von etwas lorettenmäßi-
gem Anstrich, nur die bedeutenderen
haben einen solideren Charakter. Wie
viel Waden und versteckte Reize du hier
Ferdinand michl jahrmarkt in eger gemalt und in Natur zu sehen bekommst,

Frühjahr-Ausstellung des Wiener Hagenbundes ist wirklich merk würdig. Was mit Frauen-

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