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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Schur, Ernst: Ein Prachtwerk über japanische Kunst
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Schumann, Paul: Max Klingers "Vom Tode"
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0366

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EIN PRACHTWERK ÜBER JAPANISCHE KUNST — PERSONAL-NACHRICHTEN

EIN PRACHTWERK ÜBERj

JAPANISGHE-KUNST

T^Ver Kunstverlag Shimbi Shoin in Tokio und Lon-
don hat kürzlich unter dem Titel: „Hundred
Masterpieces of Japanese Pictorial Art" (zwei Bände
mit 100 Tafeln. M 102.—) ein wundervoll ausge-
stattetes Buch über japanische Malerei erscheinen
lassen. Die Auswahl dieser Sammlung, die im gan-
zen einen Ueberblick über die Geschichte und die
Entwicklung der japanischen Malerei gibt, ist von
der Kaiserlichen Akademie der Künste in Tokio
getroffen worden. Dadurch ist ein authentisches
Material zusammengebracht worden, an das sich
der Japanforscher in Deutschland halten kann. Das
ist an sich schon sehr wertvoll, denn der Verlag
setzt seinen Ehrgeiz darin, die Werke zu publizieren,
die vom Standpunkt der japanischen Forscher und
Kenner ausschlaggebende Bedeutung haben und so
sind es in der Hauptsache nicht die üblichen Blätter,
denen wir in deutschen Publikationen nun schon
bis zum Ueberdruß begegnen. Der Reichtum, die
Kraft und die Schönheit in den Werken der japani-
schen Malerei, die zum größten Teil japanischen,
öffentlichen wie privaten, Sammlungen entstammen,
alle diese Eigenschaften, die zusammen mit der
kalligraphisch-dekorativen Wirkung einen so fesseln-
den Reiz ausüben, kommen hier charakteristisch
zum Ausdruck. Die einzelnen Stile und Epochen
sondern sich klar voneinander. Von der hieratisch
strengen Feierlichkeit des Anfangs, dem Prunk und
Farbenglanz, bis zu der zarten Linienschönheit und
dem weichen Ausdrucksrhythmus und jener ge-
wählten Delikatesse, die jeder Erscheinung in Kom-
position, Farbe und Linie den eigenen Stempel auf-
drückt, sehen wir eine Entwicklung, die selbst dem
Eingeweihten Ueberraschungen gibt. Vor solcher
Mappe erleben wir Stunden seltensten, künstleri-
schen Genusses; jedes Blatt bietet eine Ueber-
raschung und wir verharren schließlich beim Anblick
dieser gewählten Uebersicht in entzücktem Schwei-
gen. Hinzu kommt als zweites, wichtiges Moment
die unübertreffliche Güte der Reproduktion. Solche
Blätter kennen wir hier nicht. Die reproduzierende
Technik wird zur Kunst. Mit einer Vornehmheit
und Feinheit wird der Eindruck des Originals — oft
sogar in Holzschnitten — nachgeschaffen, daß dem
Betrachter nie der Gedanke kommt, eine bloße
Imitation anzuschauen. Der Geist, die Seele des
Werkes blicken ihn an, mit dem ganzen Zauber, den
die Unmittelbarkeit der künstlerischen Schöpfung
ausübt. Nimmt man alle diese Vorzüge zusammen,
so kann man den Preis dieser Publikation, deren
dauernder Wert unbestreitbar ist, nur billig nennen
und die Kunstfreunde sollten nicht zögern, sich in
den Besitz dieses schönen und edlen Werkes zu
setzen, das schon durch sich selbst die Vornehm-
heit der Kunst, der es dient, so vorbildlich betont,
zumal in der letzten Zeit die deutschen Werke
dieser Gattung diese Note sehr vermissen lassen.

Ernst Schur

MAX KLINGERS „VOM TODE"

IVÄax Klingers berühmte Folge von Radierungen
AV1 „Vom Tode" (Verlag Amsler & Ruthardt, Berlin)
ist jetzt durch die drei letzten Blätter„Herrscher,Krieg
und Philosoph" vollständig geworden. Das Blatt „Herr-
scher" zeigt eine frühere Darstellung, die Klinger ver-
worfen hatjin geschlossener wirksamererZusammen-

fassung: Der Fürst wird von der Gruppe von Kriegern
zum Kriege gedrängt, auch der noch knabenhafte
Prinz, der sich an den Vater herandrängt, ist kriegs-
lustig; rechts sieht die Fürstin voll Ernst der folgen-
schweren Entscheidung entgegen. Der Fürst ist noch
unschlüssig, aber er braucht nur zuzugreifen, denn
dicht neben ihm kniet der Tod, der ihm als Bischof
gekleidet mit feierlicher Würde auf breitem Kissen
das nackte Schwert zum Glaubenskriege darbietet.
Ist dieses eines der wenigen Blätter, auf denen der
Tod, wie bei Holbein und Rethel als Person darge-
stellt ist, so erscheint der „Krieg", ähnlich wie
„Die Zeit" und „Das Schicksal" (Integer vitae) als
übermenschliche allegorische Gestalt. Riesengroß,
das blanke Schwert in beiden Händen haltend, liegt er
im Hintergrund in einem hochauflodernden Flammen-
meer über brennenden Dörfern und schaut mit ver-
achtender Gleichgültigkeit über das Menschenge-
wimmel im Vordergrunde hin, das den schrecklichen
Rückzug des französischen Heeres aus Rußland 1812
mit Napoleon selbst in einem erschütternden Wirk-
lichkeitsbild darstellt. Eines der wunderbarsten
Bilder der ganzen Folge ist endlich „Der Philosoph"
(siehe die Abbildung Jahrg. 1909'10 S. 567), ein hoch-
gewachsener Jüngling, der über einen schlafenden
Jüngling, über Strom, Gebirg, Wald und Feld, über
Welt und Menschheit hinweg den rechten Arm streckt
und mit den Fingern eine Spiegelfläche berührt, die
nahezu seine ganze Gestalt im Bilde wiedergibt.
Der Sinn dieses merkwürdigen, ganz eigenartigen
Bildes? Der Philosoph, der mit seinen Gedanken-
gängen die ganze Welt und die Menschenseele um-
faßt, trägt doch nur sein inneres Selbst nach außen;
hält er diese Vorstellungen für Wirklichkeit und greift
er nach ihnen, so erkennt er mit Schrecken nur das
eigene Spiegelbild. Das Ganze ein Bild von so
eigenartig ergreifender traumhafter Stimmung wie
kaum ein zweites. Das ganze großartige Werk
„Vom Tode" umfaßt nun 22 Blätter und in ihnen
eine erstaunliche Fülle von Erfindungen vom ein-
fachsten Bericht über einen Tagesvorgang an bis
zu den kühnsten Phantasien einer künstlerischen
Gestaltungskraft, die, befruchtet von hochfliegendem
Geiste in die tiefsten Geheimnisse des Menschen-
geistes einzudringen wußte. p. sch.

PERSONAL-NACHRICHTEN

DERLIN. Die Neuwahl des Präsidenten der Aka-
*-* demie der Künste findet gemäß den Bestim-
mungen der Statuten im Mai dieses Jahres statt.
Die größte Aussicht wiedergewählt zu werden, hat
Professor Artur Kampf, der bekanntlich vor dem
jetzt verstorbenen Präsidenten von Groszheim die
Geschäfte leitete.

/^ESTORBEN: Am 27. Februar im Alter von
58 Jahren in München der Bildnismaler Franz
Pernat, der seine künstlerische Ausbildung auf
der Münchener Akademie unter Wilhelm Diez und
Lindenschmit erhielt und dessen Werke in späterer
Zeit einen Einfluß der Lenbachschen Porträtkunst
nicht ganz verleugneten; eine große Reihe von
Fürstlichkeiten hat sich von Pernat porträtieren
lassen. — In Darmstadt im Alter von 54 Jahren
der Landschaftsmaler August Wondra. — In
Berlin 68 Jahre alt der Maler und Stecher Professor
V. Paul Mohn, Direktor der kgl. Kunstschule, von
dem u. a. die Wandmalereien im Dresdener Hof-
theater stammen.

Redaktionsschluß: 14. März 1911 Ausgabe: 23. März 1911

Herausgeber: F. Schvartz. Für die Redaktion verantwortlich: P. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.

Sämtlich in München
 
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