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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 31.1915-1916

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Wolf, Georg Jacob: Richard von Poschinger: (1839-1914)
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https://doi.org/10.11588/diglit.13094#0423
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r. von poschinger f

viehherde

sein. Diese Auswahl abwechslungsreich zu ge-
stalten, könnte nicht im mindesten schwer fal-
len. Denn Poschingers Kunst, so ausgespro-
chen persönlich und originell sie ist, enträt
nicht der frühesten Mannigfaltigkeit. Eine
im Jahr 1909 in der Galerie Heinemann in
München veranstaltete Poschinger-Ausstellung
zeigte in nahezu hundert Werken, wo überall
Poschinger die Motive seiner Gemälde suchte
und fand, und in welcher Art sie ihm zum
Bilde zusammenwuchsen. Viel verdankte der
Künstler einem mehrjährigen Aufenthalt in
Schleißheim, dessen reizvolle Umgebung: Moor,
Heide, die wundervollen Bäume an der Allee
nach Dachau, Torfstiche, Fasanengehege, ihm
willkommene Vorwürfe gaben zu Gemälden, in
denen der vollkommene Zauber der Flachland-
schaft, die so unendlich feinere künstlerische
Kultur voraussetzt als die Gebirgslandschaft,
eingefangen ist. Andere Gebiete seines Schaf-
fens waren Dachau, Moosburg, Langenpreising
bei Erding, die Ammergegend bei Polling, der
Chiemsee, die Ufer des Starnberger Sees, das
Isartal. Nie malte er da „Ansichten", sondern
er vertiefte sich in irgend ein ausgesprochen
malerisches Detail: eine Sandgrube konnte es
ihm antun oder ein frisch gepflügter Acker,

ein behäbig hingelagerter Bauernhof, eine schön
silhouettierte Baumgruppe, ein Altwasser mit
seinen überraschenden Spiegelungen und Far-
benschattierungen. Die lauten, grellen Stim-
mungen liebte er nicht: matte Sonne, graue
Tage, der hereinbrechende Abend — das sind die
bevorzugten Beleuchtungen seiner Landschaf-
ten, die er auch nur sehr selten mit Menschen,
ein wenig öfter mit Tieren staffierte . ..

Indessen hielt Poschinger dafür, daß man
auch gelegentlich eine Auslandsreise tun müsse,
um sein Auge durch Vergleichsmöglichkeiten für
die Eindrücke der Heimat zu schärfen, und so stu-
dierte und malte er in England, Frankreich, Bel-
gien, Holland und Italien. Er hat die Klippen bei
Dover abgeschildert und am Posilip seine Staf-
felei aufgestellt, ein Strandbild aus Schevenin-
gen, 1875 entstanden, und mit frohem Menschen-
gewimmel belebt, gehört in seiner gebändigten
Farbigkeit sogar zum Schönsten, was uns Po-
schinger gab. Aber trotzdem wird der teure
Meister in der Erinnerung seiner Verehrer fort-
leben als der Maler der Münchner Landschaft,
der Reize aus der Nähe, und als der Reprä-
sentant einer Landschaftskunst, für die die
Frage: „Warum in die Ferne schweifen?" noch
restlos Geltung hat. G.J.Wolf

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