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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 40.1924-1925

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Schürer, Oskar: Jan Štursa
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https://doi.org/10.11588/diglit.14152#0270
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JAN STURSA

IN DER FRÜHE

JAN STURSA

Plastik ist die sinnlichste unter den bildenden
Künsten. Das muß man sich klar machen,
ehe man an die Betrachtung und Beurteilung
von plastischer Kunst herantritt. Ihr sind jene
Umsetzungen des reinen Sinneneindruckes ins
Abstrakte erspart, wie sie die zweidimensional
bestimmte Mal- und Zeichenkunst fordert in der
Übertragung des Räumlichen auf die Hache.
Frei kann sich der körperliche Sinn gestalten
und ordnen, denn auch die Materialisation fällt
nicht aus dem Sinnenbereiche heraus.
So sollte man glauben, daß gerade in dieser
Kunst naive Natürlichkeit am ehesten Weg und
Ziel findet. Und doch zeigt die Entwicklung im
19. Jahrhundert, daß in der notwendig gewor-
denen Restauration dieser Kunst nicht das na-
türliche Empfinden, sondern die Theorien als
stilbildende Momente bevorzugt wurden, daß in
erster Linie theoretisch formuliert, dann erst
sinnlich geformt wurde. Die mediale Berück-
sichtigung der Antike besonderte nur dies Ver-
fahren. Ja, die im dritten Drittel des Jahrhun-
derts neuerwachende Sinnlichkeit kam auf dem
Umweg über die Malerei zur Skulptur (Rodin)
und mußte so für jene mehr Gefahr statt För-
derung bedeuten.

Erst dieses Jahrhundert ließ eine direkte Natür-
lichkeit auch in der Plastik zum Durchbruch
kommen. Der Wille zur Ursprünglichkeit —
und manchmal die Ursprünglichkeit selbst —,
die in der um 1905 erwachenden Generation zur
elementaren Kunstäußerung drängte, spülte
einen Strom kräftiger Sinnlichkeit auch in die
Anschauung und Gestaltung des Plastischen.
Und erst seit kurzem federt auch diese Kunst
wieder auf, aus einer neuen Berührung mit der
Erde gleichsam, und zielt vom Ursprünglichen
direkt zum Letzten.

Wichtig für die Echtheit dieser Impulse war es,
daß sie gleich im Anfang von ganz urwüchsigen
Kräften heraufgetragen wurde. Nur dies konnte
ein Versanden der neuen Bewegung in Senti-
mentalität und Absichtlichkeit verhüten. Der
Einstrom natürlicher Kräfte mußte ohne Bre-
chung durch eine ermüdete Reflektion direkt in
die Gestaltung einmünden. Deren Gesetze muß-
ten elementar aus den jungen Inhalten erwach-
sen. Die reine Sinnlichkeit dieser Kunst mußte
sich ereignishaft aufdeuten.
An diesen Punkt konnten Leistungen eines jun-
gen, noch nicht durchreflektierten Volkes be-
deutungsvoll werden. Aus ihm besonders wie-
 
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