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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Die Teppich-Ausstellung im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin
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Gesunde Wohnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0054
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5eite 46.

^cr. 6.

Fachblatt für Inncn-Drkoration".

zarten farbigen Blatt- und Blüthenornamentes auf weißein Grunde zeigt. Um für
die unendliche Mühe, welche in einer solchen Arbeit steckt, einen Maßstab zu gewinnen,
hat man im Kunstgewerbe-Museum an einem kleinen Stücke von ähnlich feiner
Textur die einzelnen Noppen gezählt, und es fanden sich auf einer kaum mehr als
einen halben Quadratmeter umfassenden Fläche etwa 400,000. Man erwäge, wie
oft der Faden um die Kette geschlungen und gcknodet werden muß, damit ein Teppich
entsteht, der eine ganze Wand bedeckt. Es braucht zur Erklärung eines solchen
Aufwandes nicht mehr darauf hingewiesen zu werden, wie der Teppich dem Orien-
talen etwas anderes bedeutet als dem Europäer. Daher denn auch die große Liebe,
mit der die volksthümliche Stilempfindnng sich mit immer neuer Ursprünglichkeit seit
Jahrtausenden in den einsamen Bauerndörfern und den Hütten der Nomaden über
den ganzen islamitischen Orient von Persien und Bukhara bis nach Indien und
Marokko in diese Stücke hineinknüpft. Dabei beeinflußt ein Volksthum das andere;
denn der Kultus selbst verbreitet diese Produktion, indem er unzählige Teppiche in
der Kaaba als Weihgeschenke sammelt und sie dann an die Wallfahrer wieder ab-
gibt, die sie tragen, soweit die Religion des Propheten gilt; tuen» auch gewisse
Unterschiede zu beobachten bleiben und beispielsweise die Ncincr und zierlicher gefaßte
Maureske den marokkanischen Ursprung erkennen läßt. Selbst die südslavischen, die
kaukasischen Teppiche, von denen sehr schöne Beispiele in der Ausstellung zu finden
sind, bewahren in der Technik und Mustcrkoiuposition den allgckneincn Zug, wenn sie
auch in der Farbe die slavische Freude am frischen, bunten Gegensatz erkennen lassen,
während über den Arbeiten des kleinasiatisch-persischen Orients ein undcfinirbarcr
Gleichklang der Farbenstimmung bei all' der großen Farbenmannigfaltigkeit liegt.
Schöne spanische Arbeiten, welche unter maurischem Einfluß entstanden sind, ver-
vollständigen die Ausstellung. Die Gobelinwirkcrei ist von derselben noch ausge-
schlossen geblieben. Was das Museum an schönen Gobelinstllcken besitzt, wird bei der
demnächst zu eröffnenden Juwclieransstellnng als Schmuck des Lichthofes verwandt
und so vorgeführt werden.

Vellmde Wo!mmigrn.

rl^eber die Gefahren, die unsrer Gesundheit aus der schlechten Beschaffenheit

der Wohnungen drohen können, hielt vor Kurzem der Kanlonschemikcr, Herr
vr. Ambühl in St. Gallen, einen Vortrag, dem wir das Nachstehende entnehmen:

1) Baugrund. Er muß fest, trocken und rein sein. Verpfählung, Kanali-
sirung, Asphaltböden gegen Grundwasser sind Vorkehrungen gegen einen oder andere
Ilebelständc. Am gefährlichsten ist ein Ban auf Schutt- und Komposterde, weil die-
selbe die ausgiebigste Brutstätte aller Mikroben und Baccillen ist, und Cholera- und
Typhnsgefahr in sich birgt. Aus einen guten, gesunden Baugrund borgt zwar ein
Hvpothekarglänbigcr selten mehr als aus ungesunden; doch trägt das mehr auSgc-
worfene Kapital reichliche Zinsen durch Schutz vor Ansteckung.

2) Das Baumaterial ist Las beste, das porös ist, d. h. Lust dnrchläßt, z. B.
Backsteine; cs läßt von Außen weder Hitze noch Kälte durch und hält Jnncnwärmc
des Hauses zusammen. Glas und Eisen werden im Sommer schnell heiß und kühlen j
im Winter zu sehr. Das Hanptersordcrniß bei einem Ban ist aber, daß er gut aus-
getrocknet sei; das ist aber nicht so bald richtig, wenn man bedenkt, daß zum Ban
eines Hauses von 0—4 Stockwerken zu 5 Zimmer ca. 8000 Liter Wasser verwendet
werden. Sind die Wände feucht, kommt Gicht und Rheumatismus. Wenn ein
neues, feuchtes Haus bewohnt sein soll, „so laß im ersten Jahr deinen grimmsten
Feind umsonst d'rin Hausen, im zweiten Jahr für kleines Entgeld deinen Freund
und dann im dritten kannst erst du ungefährdet d'rin wohnen."

8) Im Wohnzimmer ist Hanptcrforderniß gute Luft. Man halte sic frei
von Staub; darum soll der Boden keine Ritzen haben; ein Ricmenboden ans Hart-
-holz ist am besten; Gypsdecken sollen mit Oelfarbe eingestrichen sein, weil sich sonst
nnmcrklich Gyps ablöst und der Luft mitlhcilt. Die größte Gefahr dieser Art bergen
grüne Tapeten in sich, die von Schwcinfnrtcrgrün hergestcttt sind, weil dieses arsen-
haltig, also giftig ist. Das Gift kann erkannt werden, wenn man zu dieser Farbe
in einem Gefäß mit Wasser Salmiak znsctzt: denn das Wasser färbt sich alsbald
dunkelblau, während es von giftfreier, grüner Farbe grün wird.*)

Ein zweites Erfordernis; für die Wohnung ist das Licht; das wird oft zu
wenig beachtet. Jedes organische Wesen bedarf des Lichtes; sollte der Mensch das-
selbe allein entbehren? Darum sei die Wohnstube womöglichst gegen Süden ge-
kehrt, daß sie vom frühen Morgen bis zur Abenddämmerung.der Sonne Licht genießt.

Beim Einbruch der Nacht tritt die Lampe am meisten bei uns in's Recht,
gespeist von Petroleum, das der Gefahren so viele birgt. Wie manches Unglück
wurde schon verursacht, wenn Petroleum ins Herdfcucr gegossen wurde. Ungesund
ist es, wenn die Flamme rußt; denn unvcrbranntc Kohlcntheilchcn mischen sich in
die Lust, gelangen mit derselben in die Lunge. Auch Leuchtgas gefährdet die Ge-
sundheit; so lange wir wachen, warnt uns zwar sein übler Geruch davor; strömt
es aber aus ungeschlossenen Hahnen oder schadhaften Röhren, während wir schlafen,
bringt cs sichern Tod.

*) 'Anmerkung der Redaktion. Wir wollen an dieser Stelle ausdrücklich be-
merken, daß gifthaltige Farben zur Herstellung von Tapeten gar nicht mehr benutzt
werden, Schweinfurter- oder Smaragdgrün schon ans dem Grunde nicht, weil das-
selbe bedeutend thenrer als jedes andere giftfreie Grün ist. Elfteren Domini aller-
dings an Glanz und Schönheit kein arsenikfreics Grün gleich, aber das Smaragdgrün
ist zn kostspielig und außerdem eine sehr schlechte Deckfarbe. Selbst Smaragdgrün
ist völlig unschädlich, wenn cs durch Oel oder Firniß fixirt wird; nur bei den
billigen'prahlerischen Tapeten, auf denen die Farbe schlecht oder gar nicht nr>rt ist,
könnte eine Gefahr vorhanden sein, wenn die Tapete einer zu hohen Temperatur
ausgescvt wird. Zu besseren Tapeten wird Arsenik selten verwendet. Was den
Gebrauch metallischer Gifte bei der Temperatur-Fabrikation im Allgemeinen anbc-
langt, so können wir nur sagen, daß sic völlig unschädlich sind, wenn stc nicht gnade
abgeschabt und gegessen werden.

Ein drittes, was uns noch Noth thut, ist die Wärme, die wir im Winter
durch Ocscn erzeugen. Ter altmodische Kachelofen, dessen Feuerung von der Küche
aus besorgt wird, ist harmlos. Dagegen bergen alle Oesen, eiserne oder von Kacheln,
die mit Ofenklappen versehen sind, große Gefahren. Werden die Klappen z» früh
geschlossen, so glimmt das Feuer noch fort: aber wegen ungenügendem Luftzutritt
entsteht statt Kohlensäure der viel schädlichere Kohlendunst (Kohlenoxydgas), dem
jährlich viele Menschenleben aus übel angebrachter Sparsamkeit zum Opfer fallen.
Bei wachenden Menschen äußert sich die Einwirkung des Kohlendunstes durch Kopf-
weh, Erbrechen, Bangigkeit nsw. und hilft nur Flucht aus dem Zimmer oder
schleuniges Oeffnen aller Fenster. Schlafende Menschen erliegen ohnmächtig dem
baldigem Tod.

4) In der Küche liegt die Hanptgefahr für unsere Gesundheit im Schüttstein,
der Kloake für die Abfälle; wohl wird alles sauber hinuntergcspült, aber aus der
Verwesung der organischen Stoffe entstehen schädliche Gase, die, allerlei Krankheits-
Pilze mitführend, durch die gleiche Leitung in die Küche und die übrigen Wohn-
räume gelangen, wenn nicht der Schüttstcin hermetisch, d. h. luftdicht verschlossen wird.

Pfannen und Kessel sind ans Eisen, Messing, Kupfer oder Zinn. Am besten
wäre Nickel. Eisen bietet für unsere Speiscbercitung keine Gefahren, weil diejenigen
Speisen, deren Verbindung mit Eisen noch schädlich sein könnte, wie z. B. Aepsel,
in anderen Pfannen bereitet werden, weil ihnen Eisen eine unansehnliche Farbe ver-
leihen würde. Kupferpfännen lässt man, um die Bildung des Grünspans zn ver-
meiden, verzinnen. Doch wehe, wenn der Verzinner Blei darunter mischte! Alle
Blcivcrbindungen sind sehr giftig! Ebenso gefährlich ist die Pfanne, wenn die Ver-
zinnung vor Alter rothe Flecken zeigt; solche Pfannen sind gefährlicher, als unver-
zinnte, fort damit zum Verzinner. Von den, Geschirr ist solches aus Porzellan und
Steingut ohne Gefährde, gewöhnliches Töpfcrgcschirr so lange, als die Glasur nicht
beschädigt ist.

6) In das Gebiet der sorgsamen Hausfrauen gehört die Zimmcrreinigung.
Doch nur sehr schwer bricht sich die Erkenntniß Bahn, daß beim trocknen Wischen
und Abständen eine große Masse Staub wieder in die Lust wirbelt, sie verunreinigt
und znm Theil Wieoer sich auf die Geräthe setzt. Nur Wischen und Abstäuben mit
feuchtem Lappen beugt diesem Uebclstand vor.

Ein weiteres Uebel ist das, daß zn wenig gelüftet wird. Kohlensäure
und Wasserdampf verschlechtern die Luft sehr. Auch nach den Mahlzeiten sollte
jcwcilen gelüstet werden. Durch Lüften werden ja auch unsere unangenehmen Gäste,
Fliegen und Mücken Vertrieben.

Zahlreich sind die Gefahren unserer Wohnungen, doch wenn man den Feind
kennt, ist er auch zu bekämpfen.

Der beste Erfolg liegt aber darin, daß die gestreuten Samenkörner auf gutem
Boden reiche Früchte tragen mögen. („Jll. Schweiz. Handw.-Ztg".)

Norlchledenes.

Mvelssusschvelbelt. Zur Erwerbung mustergiltiger Möüelvorlagen hat
die Firma Franz Kiefhäber in Magdeburg für den Entwurf einer einfachen, bürger-
lichen Einrichtung, und zwar: eines guten Zimmers, das zugleich als Damcnzimmer
dienen soll, eines gleichzeitigen Wahn- und Spcizezimmcrs und eines Schlafzimmers
1000 Mark in drei Preisen von 500, 300 und 200 Mark ausgesctzt. Die Entwürfe,
welche mindestens im Verhältniß von 1:10 gezeichnet sein müssen, sind an den
Sekretär des Magdeburger Knnstgcwcrbcvercins, Clcrikns, Albrcchtstraßc 7 II, bis
znm 1. Mai d. I., Abends 7 Uhr, cinzuscndcn. Hauptgewicht wird ans eine einfache,
leichtgefällige und eigenartige Ausbildung der Möbel gelegt. Die Verwendung
farbiger Hölzer, Intarsien, Malereien und Metallschmnck ist erwünscht, sofern diese
Verzierungen den Herstellungspreis nicht wesentlich erhöhen und dieser nicht hindert,
den Möbeln Eingang m weitere Kreise zn verschaffen. Die preisausschreibende Firma
behält sich ferner vor, auch nicht mit Preisen bedachte Entwürfe nach Vereinbarung
anzukanfen. TielKntwürsc sind mit einem gleichlautenden Mcrtsprnch zn versetzen,
und ist ihnen ein mit demselben Merkspruch beschriebener verschlossener Briefumschlag
bcizusügen, der den Namen des Preisbcwerbers enthält.

Wvuchtgav in toll er Worin. Die Umsetzung von Gasen in dcnflüsstigen
oder festen Zustand ist keineswegs neu. Diese Zustandsveränderung ist jcdoctz bei
jeder einzelnen Gasart mit anderen nicht leicht zn überwindenden technischen Schwierig-
keiten verbunden. Andererseits bietet aber die Verwendung technisch wichtiger Gase
in fester Form so wesentliche Vorthcile, daß das Gelingen dieser Umsetzung einen
Fortschritt von ganz wesentlicher Bedeutung bezeichnet. Wie das Patent- und
technische Bureau von Richard Lüders in Görlitz mittheilt, gelang cs dem
Amerikaner Ad rinn Hitt Leuchtgas durch Druck und Kälte auf den achthnndcrtsten
Theil seines ursprünglichen Rauminhaltes znsammenzuprcssen, so daß der erhaltene
Stoff von Butterkonsistenz in geeigneten Gcfässen leicht transportirt werden kann.
Da dieser Stoff sehr flüchtig ist, kehrt er beim Oeffnen eines Ventils nach Maßgabe
des hierdurch anfgenommencn Druckes ungemein rasch in den gasförmigen Zustand
zurück. Die Bedeutung dieser amerikanischen Erfindung ist nicht hoch genug anzn-
schlagen, wenn mau bedenkt, daß dieselbe den Gasverbrauch zu Belcuchtungszweckcn
und als motorische Kraft nicht mehr an die mehr oder minder große Nähe einer
Gasanstalt bindet, sondern Gas an allen von der Erzeugungswerkstätte weit entfernt
liegenden Orten als Vorrath cingclagert und verbraucht werden kann.
 
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