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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schliepmann, Hans: Zwei Hauptmotive amerikanischer Innen-Dekoration
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Pariser Brief, [1]: von unserem Original-Korrespondenten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0155
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August-Heft.

Zllustr. kun st ge wer bl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Leite ff5.

wie einfach und doch reizvoll nach Art japanischen Gitterwerkes
sich solche gedrechselten Stäbe zu gemustertem Waschenwerk zu-
sammenfügen lassen.

Selbst in den Fällen nun, wo eine massivere Wirkung erstrebt
und erreicht wird, geschieht dies nicht durch eine Nachahmung
von Steinformen, vielmehr werden alsdann Scheiben oder Äugeln,
wie sie der einfachen
Drechseltechnik entspre-
chen, in mannigfacher
Weise mit den Stäben
verbunden (Abbildung
Nr. 998). Gin ebenso
erstaunlich einfaches wie
reizvolles Nlotiv ist
dabei die Anordnung
solcher Äugeln rc. nach
bestimmten Linien, so
daß sich durch die ein-
fachen senkrechtcnStäbe
eine ornamentale Auroe
schlingt (Abbildg. 990
und 996 in den oberen
Theilen).

Als einen Ueber-
gang zum Schnitzwerk
lassen sich die Gitter-
werke aus geflammten
Stäben betrachten; sie
sind entweder viereckig
im Querschnitt und als-
dann mit der Säge be-
arbeitet, oder draht-
förmig und alsdann durch Pressung in sehr gestreckte Schrauben-
zieherwindungen gebracht. Erstere Gattung (Abbildung Nr. 98 s
und 996) hat vielfach etwas rohes, ist aber für billigere amerika-
nische Ausführungen recht bezeichnend; aus den drahtförmig runden
Stäben aber wird meist ein weitmaschiges Flechtwerk hergestellt,
bei dem der Holzkarakter entschieden verloren geht (Abbildung

Nr. 995). Doch gibt das gleichmäßige Netzwerk mit der rhyth-
mischen Bewegtheit des einzelnen Stabes einen Aontrast, der
immerhin sehr lebendig wirkt und den man z. B. aus Rohrstäben
noch recht wohl stilgemäß nachbilden könnte.

Zu diesen, im Wesentlichen auf Flächenbelebung hinzielenden
Techniken tritt nun einerseits als nothwendige Ergänzung — als

Rahmen—andererseits
als Erweiterung der
ersteren die Schnitzerei.
So lange diese statt des
Stab-oder Gitterwerkes
die Flächen füllt, nach
Art einer etwas besseren
Laubsägearbeit, zeigt
sie in den meisten ame-
rikanischen Ausführun-
gen nur ziemlich ge-
ringen Werth; weder
Zeichnung noch Aus-
führung gehen weit über
jene bekannten Füllun-
gen an italienischen
Leierkasten hinaus.Auch
unsere weniger nach-
ahmenswerthe als den
amerikanischen Ge-
schmack — allerdings
auch in seiner beneidens-
werthen Verwegenheit
— bezeichnende Abbil-
dung Nr. 993, einem
Fabrikkataloge entnom-
men, zeigt dies sehr deutlich. Es ist aber nicht einzusehen, wes-
halb man solche einfachen ausgesägten Füllungen nicht in besserer
Zeichnung ebenfalls salonfähig sollte machen können.

Vermieden werden müßte dabei nur der Gegensatz in der
Textur der Sägeschnittflächen zu derjenigen der glattpolirten An-
sichtebenen; der Eindruck des allzu „Billigen" würde weniger

Abbildung Nr. 979. Interieur mit Giiteriverlr. Siehe erläut. Text.

spiegeln. Letztere bilden eine Spezialität des Hauses und sind oft
von ganz enormem Nmfang, allerdings erreicht dann auch der
Preis eines solchen Lustres manchmal s 0,000 Franks und selbst
darüber. Außerordentlich geschmackvoll sind meist die Dessins,
die sich ausbreitenden aus gerieftem Glas bestehenden Arme in
Bogen geschwungen, denen die Prismenketten in ihren Windungen
folgen, während die rund herabhängenden Ausläufer wieder jeder
einzeln wie ein kleiner Lüster erscheint, der von meist birnenför-
migen Prismen umgeben ist. Mriginell ist es, daß man aller-
dings nicht bei den Aronen, wo dies wohl kaum zur Geltung
kommen würde, als bei Arm- und Wandleuchtern, die ja so viel
wieder aus Porzellan und Glas angefertigt werden, den Prismen
noch oft ein Wüster gibt, das Blumcnbouquets, kleine Land-
schaften u. dergl. darstellt, wie seit einiger Zeit eine Vorliebe
für riesig hohe Lampen vorherrscht, so fertigt man auch Wand-
leuchter von ungeheurer Größe an, die, das Glaspiedestal mit-
gerechnet, die eines hochgewachsenen Wannes übertrifft. Werden
sich aber mit den enormen Lampen Viele kaum befreundet haben,
so finden doch wohl nur Wenige diese prächtig geschliffenen Leuchter
mit ihren zierlich gedrehten Armen nicht schön, besonders wenn
sich in den an feinen Stengeln hängenden Prismen das Licht bricht.

Selbstverständlich sind es aber nicht nur die großen Gegen-
stände, welchen inan beim Durchschreiten der Wagazine der
Fabrikanten in der Aus äs Duruäis seine Aufmerksamkeit schenkt,
wenn diese auch dieselbe zuerst auf sich ziehen, denn gerade bei
den kleineren kommt oft der Geschmack und die Geschicklichkeit

in bester Weise zum Ausdruck. Wer wird z. B. noch einen Likör-
aufsatz in Form einer hocheleganten Galakarosse su luiniukurs
nicht mit Bewunderung betrachten? Dieselbe, der Natur des
Objekts nach, das sie darstellt, allerdings sehr groß, denn sie hat
wohl einen Umfang von zwei Fuß, besteht aus Arystall und ver-
goldeter Bronze und zwar ist die eigentliche Autsche aus ersterem
Material, die Beschläge, der sehr breite, wie mit einer gestickten
Decke behängte Autscherbock, die Trittbretter aus letzterem Material
und die vorn und hinten angebrachten Glaslaternen ebenfalls
davon eingefaßt. Die Aarosse läßt sich Zurückschlagen und so
kann man bequem den Liköraufsatz, dessen Umhüllung sie nur
ausmacht, herausnehmen. Zn einem Lande, das so viel Wein
und Likör produzirt wie Frankreich, sind naturgemäß überhaupt
Flaschen und Gläser, die zur Aufnahme dieser Getränke dienen,
in großer Auswahl zu finden. Wan stellt dieselben jetzt sehr viel
in Verbindung mit Wetallen her, die oft die Flaschen besonders
so weit bedecken, daß von dem Glase selbst nur die Hälfte,
manchmal auch nicht einmal so viel zu sehen ist. So z. B. eine
Aaraffe aus Rubinglas mit Fuß aus oxydirtem Silber, welches
letztere auch in mehreren durchbrochenen Streifen, die nur je finger-
breit von einander getrennt sind, bis fast an den Hals der Aaraffe
sich legt. Der Henkel aus Glas zeigt ebenfalls die durchbrochenen
Wetallverzierungen. Bei einer anderen sehr bauchigen Flasche mit
Stöpsel gehen einzelne Wetallbeläge schräg aufgesetzt bis ungfähr zur
halben Höhe, der Hals ist ebenfalls theilweise so geziert, der Stöpsel
ganz aus durchbrochenem Wetall mit natürlichem Aork. u°nsctzg. s. x-2.)
 
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