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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schmidt, E. A.: Das Kunstgewerbe und die Innen-Dekoration auf der Gewerbe-Ausstellung in Erfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0204
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5eite (5H.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Gktober-!^eft.

Lehnsessel, kleinem Arbeitstischchen, einer zweiten Bank, Schränkchen, ein
paar Postamenten re. dekorirt und nach dem Zimmer zu durch Vorhänge
abgrenzbar. Erker wie Zimmer sind mit Holzpanneelen bis etwa in Brust-
höhe verkleidet. Zn diesem Zimmer lenkt vor Allem das große Büffet die
Blicke auf sich; in reichster Drnamentirung, die obere Schrankthür durch ein
aus eingelegten Holzstückchen gefertigtes Architekturbild geschmückt, ist das-
selbe das Beste, was in dieser Art geleistet worden und ein Meisterwerk
deutscher Kunsttischlerei. von gleicher musterhafter Ausführung ist auch der
große Eßtisch. Mehrere Stühle, ein kleiner Büffetschrank, ein Wandschränkchen
und ein mit echtem persischem Texpichstoff überzogener Divan, Konsolen,
Postamente re. re. ver-
vollständigen die Ein-
richtung, deren Wir-
kung noch durch eine
in Farbe und Stil
mit den anderen Mö-
beln übereinstim-
mende Thür gehoben
wird. Auch die Zim-
merdecke ist dem Ge-
fammteindrucke an-
gepaßt und besteht
aus einer Art Leder-
tapete, braun mit
gold, welcher durch
Renaissance - Muster
bildende Holzleisten
das nöthige Relief
gegeben wird. Stoff-
dekorationen, Sta-
tuen , Kronleuchter
usw. vermitteln in
feiner Abtönung zwi-
schen den einzelnen
Stücken, so daß auch
hier der behagliche
Eindruck gediegenen
Reichthums herrscht.

Als geringwer-
thigere Leistungen
wären die Arbeiten
derFirmen Marge n-
roth und Mang-
ner (Erfurt) zu be-
zeichnen. Es herrscht
bei beiden ein Stil-
mischmasch, der nicht
gerade angenehm be-
rührt; vor Allem
halte ich die Stoff-
bekleidung von Holz-
theilen, wie die
erstere Firma sie an-
gewandt, für äußerst
unpraktisch und auch
unschön. Da man
architektonische For-
men möglichst ver-
mieden, hätte man
wenigstens das Ma-
terial zeigen können.

Ein paar ge-
schmackvolle Dekora-
tionen hat die Firma
w. Weinreiter in
Erfurt ausgestellt.

Das Arrangement besteht erstens aus einem Vorraum in maurischem Stile;
die Rundbogen sind in Stoffaxplikation ausgeführt und mit echten Waffen rc.
dekorirt. Ein großer Divan mit echter Perserdecke ist auf der rechten Seite
zur Allgemeinbenutzung des Publikums angebracht, über demselben befindet
sich eine stilreine Etagsre mit persischen Gefäßen. Hinter diesem vorranm,
durch Rundsäulen und Balustrade getrennt, sieht man zweitens in ein im
englisch-gothischen Stile gehaltenes Damenschlafzimmer, die Bettstelle auf
einem Podium stehend, in hell polirtem Ahorn mit darauf (in Farbe der
Tapeten- rc. Dekoration) gemalten Ornamenten. Ucber dem Bette befindet
sich ein in zwei Farben draxirter Baldachin, von Holzmöbeln erblickt man
außer der Bettstelle nur noch einen reizenden Nachttisch. Aus der ganzen
Zusammenstellung geht hervor, daß die Firma Weinreiter ihr Augenmerk

hauptsächlich auf die Dekoration lenkt. Der Baldachin sowie die daneben
angebrachte Fensterdekoration sind „freihändig" ausgeführt. Zn der rechten
Ecke befindet sich die ebenso prachtvolle wie praktische Damentoilette. Zwischen
derselben und der Bettstelle steht eine Lhaiselongue in einer neuen von
Weinreiter entworfenen Form. Anschließend an das Schlafzimmer erblickt
man drittens einen kleinen Raum mit antiken und imitirt antiken Stoffen
ausgeschlagen. Die Möbel ä la I-ouis XIV. und I-ouis XVI., jedoch mit
modernen Anklängen. Das Gestell des sehr hübschen kleinen Sofas ist mit
Seidenplüsch, das Polster mit Seidenstoff bezogen. Form und Ausführung
ist tadellos. Erwähnenswerth ist ferner noch eine reizende Postament-Säule

ä 1s. I-ouis XVI.,
auch von Weinreiter
entworfen, ein ähn-
liches Stück wurde
von Seiner König!.
Hoheit dem Groß-
herzog von Weimar
angekauft. Die Fen-
sterdekoration dieses
Nebenraumes hat
einen von 2 Säulen
getragenen schmiede-
eisernen Aussatz, der
einen Gobelin um-
rahmt, die Vorhänge
quellen unter dem-
selben hervor und
werden von zwei
Ouasten und Schnü-
ren tragenden Amo-
retten, welche sich auf
den Kapitälen befin-
den, getragen. Das
Ganze hat ein
recht geschmackvolles
Aeußere. von der
genannten Firma
wurden noch eine
Menge anderer De-
korationen gelegent-
lich der Einrichtung
der Ausstellung an-
gefertigt, unter an-
deren auch die von
Schierholz, Porzel-
lanfabrik Veilsdorf,
die Stoffdekoration
der Blumen - Firma
Z. E. Schmidt, der
Sektpavillon rc. rc.

Lin größeres Zn-
teresse hinsichtlich des
Möbelbaues bean-
sxrucht das daneben
befindliche Prunkge-
mach „Damenzimmer
in modern englischem
Lmpirestil"derFirma
Adolph v. Hagen,
Znhaber D. Triesel,
Erfurt, von diesem
Zimmer gilt, was
weiter oben ange-
deutet, die Verwen-
dung von zierlichen
Stützen, Säulchen
und Platten, die ohne streng architektonische Gliederung dennoch so überaus
reizend wirken. Das Mahagonimaterial, das hierbei zur Verwendung gelangte,
bringt die leichten Formen des englischen Empire zur schönsten Geltung.
Die Polsterbekleidung (Plüsch) ist in Hellen, mattgrünen Tönen gehalten und
von röthlich-ockerfarbenen Streifen durchzogen, welche letztere Nüance auch
in der Tapete wiederkehrt, von zierlicher Eleganz und Schlankheit, aber
dennoch von solidester Haltbarkeit sind die einzelnen Möbelstücke, von denen
besonders der Damenschreibtisch durch seine reizenden Formen alle Blicke auf
sich lenkt. Zhm ebenbürtig sind die reizenden, viereckigen, gepolsterten Tabourets
und der originelle Divan. Dein Ganzen ist durch Pelzwerk, Teppiche, Vor-
hänge, Decken, Tapisserien rc. die nöthige vornehme Stimmung gegeben.
Nebenan hat die Firma noch einen Prunkschrank (Sxätrenaissance) ausgestellt,

' Abbildung Nummer 1029. Gothis'rhes VÜsivt. Grig.-Lntwurf von L. Börnstein.
 
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