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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1879

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Heft 1/2
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Pecht, Friedrich: Kunstindustrielle Ergebnisse der Pariser Weltausstellung, [2]
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.6905#0015
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Wir können daher das Gesainmtresultat unserer Untersuchung fremder Industrien, vorab der französischen,
nur in die folgenden Desiderien für die unsere zusammenfassen:

I. Wiedereinführung und zeitgemäße Verbesserung der Zünfte zur Sicherung der Tradition und der
Technik, zur Erhaltung eines Stammes geschickter Arbeiter und Künstler.

II. Förderung der monumentalen Kunst durch die Regierungen, als beste Schule für das Kunsthandwerk
und allgemeine Adoptirung der deutschen Renaissanceformen durch dieses wie durch die Architektur.

III. Bessere Sicherung des heimischen R carktes durch genügenden Zollschutz, vorab Ersetzung der Gewichts
durch Werthzölle und Herstellung einer wirksamen Reziprozität.

Die letzte Forderung ist um so schärfer zu betonen, als ohne ihre Erfüllung ein Aufleben des Unter-
nehmungsgeistes in unserer Industrie nur schwer denkbar ist. Wer sollte denn auch Kapital und Zeit wie Arbeit
in einein so gründlich ungleichen Kampfe wagen, bei dem man in den eigenen Vertretern die schlimmsten Gegner
hat? Ohne Selbstvertrauen und Unternehmungsgeist aber ist auch kein Fortschritt möglich; wer wird gerne in
den Streit ziehen, wenn er nicht einmal den Rücken gedeckt weiß?

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Unsere kunstgewerblichen Musterblatter.

Tafel ;: Layade zum vereinshause des bayer. Lunst-
gewerbevereins in München. Nachdem die durch eine frei-
willige Konkurrenz dein bayer. Kunstgewerbeverein zu Gebote
gestandenen Faxadenpläne des Vereinshauses in früheren heften
dieser Zeitschrift bereits veröffentlicht worden, dürfte es auch für
weitere Kreise und insbesondere für die Vereinsmitglieder von
einigem Interesse sein, mit dem Bild der Fa?ade, wie sie nun
zur Ausführung gekommen ist, bekannt zu werden. — Unser
Vereinsvorstand, Herr v. Miller, hat in seiner Rede bei der
feierlichen Eröffnung des Vereinshauses die allmälige Entwick-
lung des Vereins geschildert und als deren Kulminationspunkt
die Jubiläumsausstellung im Jahre 1876 hervorgehoben, welche
den verein aus seinem bisherigen Wirken im engern vaterlande
hinausführte auf das erweiterte Forum aller deutschen volks-
stämme und ihm durch die damals errungenen Erfolge nicht
nur der Zeit, sondern auch der Thätigkeit nach den ersten Platz
unter den verwandten Vereinigungen einräumte. Um die einmal
erkämpfte Stufe behaupten zu können, erschien es geboten, daß
der Verein sich eine eigene Heimstätte gründe, welche ihm die
Möglichkeit biete, unbeirrt durch äußere Einflüsse die inneren,
ihm zugewiesenen Aufgaben lösen und seine Kräfte nach außen
wirksamer entfalten zu können, und Dank dem bereitwilligen
Entgegenkommen von Seite der Gemeindevertretung der Stadt
München ward diese mit Vorliebe gepstegte Idee im Laufe des
Jahres ;878 zur Wirklichkeit. Nach dem vom Vereinsausschuffe
aufgestellten Programm und unter möglichster Berücksichtigung aller
Wünsche desselben wurden im Aufträge des Magistrates von
dem Unterzeichneten die Pläne zum Vereinshanse durch Umbau
der ehemaligen Leihanstalt an der Pfandhausstraße angefertigt
und die Ausführung geleitet. — Nachdem das im Faxaden-
entwurf des Herrn Rudolf Seitz (Iahrg. *877 , Heft \ \ 8c \2
dieser Zeitschrift) ausgesprochene Motiv, durch einen Giebelaufbau
ein Gegengewicht der weit in die Straße vorsxringenden Säulen
architektur der angrenzenden Kirche entgegen zu setzen, als voll-
berechtigt anerkannt worden war — wie es auch in allen in
dieser Zeitschrift mitgetheilten Entwürfen berücksichtigt ist —
so konnte auch der Unterzeichnete diesem Mittel zu einer leben
digen Gestaltung der Fa?ade nicht entsagen, um so weniger, als
der Giebelbau auch den Festsaal, welcher die höhe von zwei
Stockwerken einnimmt, nach außen kennzeichnen sollte. Auch
dieses Motiv berechtigte und verlangte für den Giebelbau eine
kräftigere und reichere Architektur, welche durch eine doppelte
Säulenstellung mit verkröpftem, weit vortretendein Rustika-
Unterbau und den mit Abstufungen und Ausläufern — wie sie ]

die deutsche Renaissance geschaffen hat — gezierten Giebel, sowie
durch die Umrahmung der Saalfenster gewonnen ist. Die Friese
des Rustika-Unterbaues sowohl wie der Säulenstellungen wurden
mit plastischer Ornamentik ausgestattet. Die Bogeunische int
Giebel harrt noch der Belebung durch eine Figur, welche das
Kunstgewerbe zu repräsentiren hätte. — Die Front, welche das
trennende Mittelglied bilden soll zwischen dem Giebelbau und
der Kirche, wurde in ihrer architektonischen Disposition einfacher
und ruhiger gehalten, mit vorzugsweise horizontalen Glieder-
ungen, um die Kirchenfacade mit ihren vertikal durchschneidenden
Linien nicht zu beeinträchtigen und um die Bestimmung der hier
untergebrachten verwaltungs - und Wohnräume nach außen
kenntlich zu niachen. — Auf beiliegendem Blatt wurde statt der
Zeichnung der Fa^ade die Photographie derselben wiedergegeben,
um im kleinen Rahmen ein möglichst getreues Bild von der
Gesammtwirkung der Ansicht unseres Vereinshauses zur An-
schauung zu bringen. Voit.

Tafel 2: In Kupfer getriebener Gaskronleuchter, entworfen
von Rudolf Zeitz, ausgeführt von Adolf Halbreiter in Mün-
chen. Der Kronleuchter wurde im Aufträge des Herrn L.
v. Gonzenbach für sein im Kanton Zug gelegenes Schloß
„Bnonas", dessen innere Einrichtung und Ausschmückung größ-
tentheils von Rud. Seitz geschaffen wurde, nach S.'s Entwurf,
in der Werkstätte des Herrn Halbreiter gefertigt. Der Kron-
leuchter, sowie die demselben entsprechenden Wandleuchter, sind
ganz in Kupfer getrieben. Die hauptvorzllge dieser Technik
gegenüber dem Guß sind: Geringeres Gewicht und höhere künst-
lerische Schönheit, weil getriebene Ornamente mehr ursprüng-
liche Frische haben und lebendiger sind, als durch Güß hergestellte,
da erstere mehr den Stempel der unmittelbaren Herstellung
an sich tragen. Die größte Schwierigkeit bietet bei dieser Technik
das zu verarbeitende höchst unvollkommene Material, da reines
und darum weiches Kupfer gegenwärtig im Handel fast gar
nicht inehr vorkommt. Es wäre deshalb dringend nöthig, daß
sich Fabriken fänden, welche dieses Rohmaterial in derselben
Reinheit und Gediegenheit wieder xroduzirten, wie es unfern
Vätern bei Herstellung ihrer mustergiltigen Werke zu Gebote
stand. Im Interesse der Metall-Kunstindustrie wäre es deshalb
sehr erwünscht, daß Fabriken, welche sich mit dieser gewiß höchst
lohnenden Aufgabe befassen wollten, ihre Namen den Metall-
arbeitern in dieser Zeitschrift kundgeben würden. Ein geradezu
schreiendes Bedürfniß ist es ferner, zu erfahren, welche Hochöfen
und Walzwerke noch weiches, vollkommen schwefelfreies Eisen
liefern, da das gegenwärtig im Handel vorkommende Eisen den
 
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