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Kissling, Hermann
Unsere Kirche, Gegenstand einer Kunstkunde — Stuttgart, 1967

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https://doi.org/10.11588/diglit.15010#0068
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nur mit dem Fotoapparat gelöst werden können, andere nur mit
dem Stift. Doch die meisten Objekte lassen sich mit beiden Ver-
fahren wiedergeben. Solches Sammeln verwandelt den Unterricht
des Lehrers in Selbstbildung des Schülers; »Bildung ist nicht ohne
Selbsttätigkeit zu erzielen«. Wegen seiner geistigen Komponente
kann das Sammeln in den Anfang wissenschaftlicher Arbeitsweise
und Bildung münden. Denn der Wissenschaftler ist auf gewissen
Gebieten auch weithin Sammler und Registrator, er vergleicht und
beschreibt, er bildet Typengruppen und stellt Anomalien fest.

Beim Anlegen einer Sammlung konzentriert sich der Schüler auf
ein Motiv, einen Gegenstand. Das Ordnen nach Systemen zu einem
durchschaubaren Ganzen erfordert intensive vergleichende Betrach-
tung. Das lenkt die Augen auf die Eigentümlichkeit jedes Objektes,
auf den Wandel der Formensprache. Der Schüler erlebt, was Form-
phantasie ist. Steht er später fremden Bauwerken gegenüber, wird
sich wenigstens über eine von ihm erfahrene Tatsache eine Bezie-
hung anbahnen. Hat er zuhause die Bruchsteinmauer der Kirche,
die Quader der Portalumrahmung studiert, wird ihm auf der
Akropolis die unvergleichliche Arbeit der griechischen Steinmetzen
nicht entgehen. Spürte der Schüler Steinmetzzeichen nach, fallen
dem längst der Schule Entwachsenen die antiken Versetzmarken
am Pergamon-Altar in Berlins Vorderasiatischem Museum auf. Ver-
suchte der Schüler verschiedenster Turmansichten habhaft zu wer-
den, wird er die spezifische Eigenart der Turmhelme des Freiburger
Münsters oder von St. Elisabeth in Marburg nicht übersehen und
sie als harmonisches Glied dieser Bauten wahrnehmen.

6 BESCHREIBEN VON KUNSTWERKEN

Ein Werk der bildenden Kunst ist kein Ersatz für Wort oder
Schrift, genausowenig wie ein Sprachkunstwerk sich durch eine
Bildgestalt ersetzen ließe. Aber beide, Bildwerk und Sprache kön-

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