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Kissling, Hermann
Die Kirche in Täferrot: [Ostalbkreis] — Täferrot, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.7441#0036
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In diesem und dem nachfolgenden 17. Jahrhundert blieb die Architektur
nicht unangetastet, denn nun wünschte man hellere Kirchenräume. Wohl
noch im 16. Jahrhundert führte dies zur Öffnung der Wände für zwei weitere
Spitzbogenfenster, für das der Nordwand mit seiner ovalen Maßwerkform
(die die Gotik nicht gebrauchte) und das westliche der Südwand. Deren Ge-
wände, Höhen und auch ihr Steinmaterial — ein grobkörniger, verwitterungs-
anfälliger Stubensandstein - stimmen mit den anderen spätgotischen Fen-
stern nicht überein. Im 17. Jahrhundert kamen zwei kleine Rundbogenfen-
ster dazu, jenes hochgesetzte mit Gitterstab versehene der Südwand (das
immer wieder als romanisches Relikt ausgegeben wird) und ein gleiches in
der Westwand, nördlich der Bauachse, das 1906 zugemauert wurde. In dieser
Zeit dürfte zur besseren Belichtung des Altares, der damals noch im Chor-
haupt stand, das Ostfenster ausgebrochen worden sein. In dessen rundbogi-
gen Abschluß schnitt man zur Anpassung an die anderen Chorfenster einen
Spitzbogen ein.

Um 1680 ist nach dem langen Krieg der ersten Jahrhunderthälfte eine neue
Generation heran- und in bessere Verhältnisse hineingewachsen, auch in eine
neue Welt, die wir epochengeschichtlich barock nennen. Jetzt erfährt das
Innere der Kirche eine Neugestaltung, wie sie in diesem Ausmaß erst das Jahr
1906 wiederholen sollte. Daten und Quellenschriften belegen dies, leider nur
indirekt hinsichtlich der Nordempore, mit deren Einbau die Veränderung des
Kircheninneren eingeleitet wurde. Diese der ganzen Nordwand vorgelegte
„Porkirche" erzwang jedoch eine Kürzung der Westempore, die mit jener
nicht verbunden wurde. (Deshalb hatte diese „Galerie der Westseite"38 einen
eigenen Zugang über eine Außentreppe an der Westwand. Diese reduzierte
Westempore von 1491/93 mußte 1896 entfernt werden, um die Aufstellung
einer neuen Orgel im Südwesteck der Kirche zu ermöglichen.) Der neue Em-
porenbau, womit für die wachsende Bevölkerung Platz geschaffen war, spie-
gelt aber auch Tendenzen des protestantischen Kirchenbaus. Nun gruppiert
sich die Gemeinde im Predigtgottesdienst um die Kanzel, das neue Zentrum
der Kirche. In ihrer Nähe wird, Luthers Empfehlungen folgend, der Tauf-
stein und der aus dem Chorhaupt herangerückte Altar aufgestellt. Damals ist
der alten Mensaplatte, die noch die fünf Weihekreuze der vorreformato-
rischen Zeit trägt, groß und sorgfältig die Jahreszahl 1687 eingemeißelt wor-
den.

Im Zuge dieser Ein- und Umbauten bekommen auch die Maler Arbeit. 1683
erhält das Chorgestühl seine Farbenpracht. Die Brüstungsbilder der alten
Westempore werden an die Nordempore, die neue Männerempore, versetzt
und —weil diese länger ist, mit zwei Darstellungen erweitert. Höhepunkt die-
ser Veränderung war für die Gemeinde sicherlich die Aufstellung der ersten
Orgel 1687.

In diesen Renovierungsjahren erhielt die innere Südwand ein Wandbild, wie
die Liste der Legata (Stiftungen) berichtet: „Mart. 685 (Martius, März 1685)

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