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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 8
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Elias, Julius: Aus der Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0407
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AUS DER AKADEMIE DER KÜNSTE

VON

JULIUS ELIAS

Das amtliche Ausstellungs wesen wollte in unsern be-
wegtenTagen sich von den unter weit schwierigeren
Verhältnissen wirkenden Privatunternehmungen nicht
beschämen lassen; es fühlte das Bedürfnis, sich zu regen,
um dem Geist der Zeit, so wie es ihn verstand, ein Opfer
darzubringen. Unter den Akademiepräsidenten der letz-
ten Laufte sind zwei Architekten gewesen; sie schliefen,
was die Ausstellungen des Bundes betraf, auf beiden
Ohren. Der letzte Führer war ein Maler und, als
Organisator, ein Diplomat und Ausgleicher. Dem
jüngsten Oberhaupt aber, einem Bildhauer, Herrn Man-
zel, war das Los gefallen, zwischen der friedsamen Kunst
und dem aufrührerischen Kriegsgestirn, unter dem wir,
die Aufgeregten, stehen, einen Pakt zu schliessen. Es
musste nicht bloss eine Ausstellung in der Notzeit des
Krieges werden, sondern auch eine Ausstellung des
Krieges. Ehedem hat man in diesen jährlichen Samm-
lungen den Sauerteig vermisst; sie waren so aristokratisch
wie eintönig und durf-
ten beileibe nicht revo-
lutioniert werden.Mehr
Klasse als Rasse. Diese
gründliche Verkennung
künstlerischer Adels-
verpflichtungen ist in
diesen Blättern oft be-
klagt worden. Nun aber
kommt die Revolution
ganz vonselbstinsHaus.
„Puchritudo quae est
supra verum", — das ist
der Wahlspruch unge-
fähr aller dieser Akade-
mien. Unsere Zeit aber
bringt die Wahrheit in
ihrer grässlichsten Ge-
staltungan alle und alles
heran. Und diese Aka-
demie, der die „Fertig-
keit"(die äusserliche)als
Richtschnur und ober-
stes Gesetz galt, muss
nun ein Studienmaterial
aufnehmen, wie es frag-
mentarischer und kras-
ser nicht gedacht wer-
den kann, und muss
überdies die Erfahrung
machen, dass diese Stu-
dien- und Notizen fülle
zu einer Art Zugstück

ERNST WENCK, SINKENDER JÜNGLING

wird. Hat man nämlich in früheren akademischen
Ausstellungen ein bequemes Einsiedlerleben führen
können, so trifft man jetzt dort eine kompakte Ma-
jorität, die sich drängt und schiebt, und mehr noch:
man sieht ehrliche Erschütterung und nasse Augen.
Die Schönheit scheint also doch nicht immer über
Wahrheit und Hässlichkeit zu stehen. Was wir Da-
heimgebliebenen vom Kriege lesen und hören, bringt
nur Unklarheit und Verwirrung in unser Gefühl; un-
sere Phantasie sucht sich zu einer Anschauung heraus-
und emporzuarbeiten; aber stets mahnt eine innere
Stimme: das ist es doch nicht, — das kann das Rechte
nicht sein. Durch Ludwig Dettmanns zeichne-
rische Erlebnisse von den östlichen Kampfplätzen nun
trat der Krieg zum erstenmal unmittelbar an uns
heran als menschliche Erfahrung. Man empfing das Ge-
fühl vom Kriege. Der Krieg wird unser inneres tragi-
sches Eigentum. Wie Millet aus seinem reckenhaften,

gespenstischen Walde,
so kommt man aus die-
sem Brausen und Sau-
sen, Dröhnen und Kra-
chen, Jubel- und Jam-
mergeschrei und dann
wieder unheimlicher
Stille, aus dieser Glut
und Kälte, diesem Lei-
densglanz und Sieges-
taumel, diesem grellen
Leuchten und atmosphä-
rischen Pechschwarz
wie zerschlagen zu-
rück. Gleich einem
Schriftstück mit Namen
und Siegel steht es vor
uns: so muss der Krieg
sein. Und dies hat uns
ein biederer Kunsthand-
werksmann geleistet,
einer, der als Illustrator
(siehe: Moltke in Krei-
sau) begann und sich
dann als Maler aus Lie-
bermann, Uhde und
Kuehl eine Manier be-
reitete, immer wacker,
immer wirksam, doch
selten persönlich und
interessant. Esistfalsch,
zu sagen: dieser Künst-
ler sei hier über sich

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