WOLF RÖHRICHT, WANDMALEREI IN DER KLEMZIGER KIRCHE
GLASFENSTER, AUSGEFÜHRT VON PUHL & WAGNER, GOTTFRIED HEINERSDORF
MAX BECKMANN
VON
KARL SCHEFFLER
T^\er Verlag R. Piper & Co., der für Beckmann so passio-
niert ist, daß er in einem Prospekt behauptet, der Künstler
stelle sich mit seinen Arbeiten neben Brueghel, Goya und
Hogarth, hat dem Vierzigjährigen ein Buch gewidmet, mit
vielen Abbildungen, einem Oeuvreverzeichnis und Essays von
Glaser, Meier-Graefe, Fraenger und Hausenstein. Zur selben
Zeit ist bei Paul Cassirer eine Ausstellung eröffnet worden, die
viele Bilder, Zeichnungen und Graphiken Beckmanns umfaßt.
In der Schätzung, die Beckmann heute zuteil wird, ist
viel Absicht. Seine Kunst erscheint wie ein Sinnbild der
Zeit; sie gilt darum als ein Probierstein des Zeitgefühls und
des Urteils. Ein Berliner Kunsthändler hat geäußert —
drakonisch, wie Kunsthändler so sind — er erkenne die
klugen und die dummen Menschen daran, ob sie Beckmanns
Kunst mögen oder nicht. Die Dummen sind natürlich die,
die Beckmann ablehnen. Das ist eine Anekdote. Selbst ein
vorsichtigerBeurteiler hat aber geschrieben: „Es gilt von Beck-
manns Werk, daß man zu ihm sich bekennen oder es von sich
weisen muß". Er meint, es gäbe nur ein Entweder-Oder.
Warum soll Beckmann von allen Künstlern eigentlich
der einzige sein, der nicht ja und nein zugleich verträgt?
Im Gegenteil: kaum ein anderer deutscher Maler der Gegen-
wart fordert zu einer so bedingten Beurteilung auf.
Beim Lesen des ihm gewidmeten umfangreichen Buches
muß der Künstler eigentlich verlegen geworden sein. Er
weiß am besten, wie schlecht, zum Beispiel, die profunden
Bemühungen Fraengers am Platz sind, seine „Traumgesichte"
(die so garnicht traumhaft sind), ebenso bohrend zu analy-
sieren wie Goyas wirklich unheimlichen Gespenster. Wenn
Beckmann Humor hätte, könnte er auch schmunzeln über
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GLASFENSTER, AUSGEFÜHRT VON PUHL & WAGNER, GOTTFRIED HEINERSDORF
MAX BECKMANN
VON
KARL SCHEFFLER
T^\er Verlag R. Piper & Co., der für Beckmann so passio-
niert ist, daß er in einem Prospekt behauptet, der Künstler
stelle sich mit seinen Arbeiten neben Brueghel, Goya und
Hogarth, hat dem Vierzigjährigen ein Buch gewidmet, mit
vielen Abbildungen, einem Oeuvreverzeichnis und Essays von
Glaser, Meier-Graefe, Fraenger und Hausenstein. Zur selben
Zeit ist bei Paul Cassirer eine Ausstellung eröffnet worden, die
viele Bilder, Zeichnungen und Graphiken Beckmanns umfaßt.
In der Schätzung, die Beckmann heute zuteil wird, ist
viel Absicht. Seine Kunst erscheint wie ein Sinnbild der
Zeit; sie gilt darum als ein Probierstein des Zeitgefühls und
des Urteils. Ein Berliner Kunsthändler hat geäußert —
drakonisch, wie Kunsthändler so sind — er erkenne die
klugen und die dummen Menschen daran, ob sie Beckmanns
Kunst mögen oder nicht. Die Dummen sind natürlich die,
die Beckmann ablehnen. Das ist eine Anekdote. Selbst ein
vorsichtigerBeurteiler hat aber geschrieben: „Es gilt von Beck-
manns Werk, daß man zu ihm sich bekennen oder es von sich
weisen muß". Er meint, es gäbe nur ein Entweder-Oder.
Warum soll Beckmann von allen Künstlern eigentlich
der einzige sein, der nicht ja und nein zugleich verträgt?
Im Gegenteil: kaum ein anderer deutscher Maler der Gegen-
wart fordert zu einer so bedingten Beurteilung auf.
Beim Lesen des ihm gewidmeten umfangreichen Buches
muß der Künstler eigentlich verlegen geworden sein. Er
weiß am besten, wie schlecht, zum Beispiel, die profunden
Bemühungen Fraengers am Platz sind, seine „Traumgesichte"
(die so garnicht traumhaft sind), ebenso bohrend zu analy-
sieren wie Goyas wirklich unheimlichen Gespenster. Wenn
Beckmann Humor hätte, könnte er auch schmunzeln über
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