Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

DOI issue:
Heft 12
DOI article:
Chronik
DOI article:
Kunstausstellungen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0511
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Ösebergfund. Von der monumentalen Publikation
des im Jahre 1903 gefundenen Schiffsgrabes der Königin
Aasa, die im Auftrage des norwegischen Staates von A. W.
Brögger in Verbindung mit H. Falk und H. Schetelig be-
sorgt wird, liegt jetzt der dritte Band vor. Der Inhalt des
Grabes mit seinen reichen Schätzen an Werken dekorativer
Holzschnitzerei wirft ein ganz neues Licht auf die nordische
Kunst des neunten nachchristlichen Jahrhunderts. Die Ver-
wandtschaft mit gewissen Werken karolingischer Kunst so-
wie die Beziehungen mit orientalischen Formen werden
von der Forschung noch eingehend geprüft werden müssen.
Strzygowski hat kürzlich darüber in der Zeitschrift für bil-
dende Kunst berichtet. Mit Recht klagt er, daß die Kunst-
geschichte von dem hochbedeutenden Funde, der im Na-
tionalmuseum zu Kristiania aufgestellt ist, noch sehr wenig
Notiz genommen hat. Die mustergültige Veröffentlichung,
von der übrigens auch eine Ausgabe mit einem Textauszug
in deutscher Sprache vorliegt, wird diese Schöpfungen alt-
nordischer Kunst hoffentlich auch in weiteren Kreisen be-
kannt werden lassen.

JAN VETH f

Im einundsechzigsten Jahre ist in Holland Jan Veth ge-
storben, der in den ersten Jahrgängen dieser Zeitschrift
ein eifriger und geschätzter Mitarbeiter gewesen ist. Die
älteren Leser werden sich der geistreich treffenden Aufsätze
Jan Veths gern erinnern. Er schrieb als Maler und doch
auch als einer der am reifsten literarisch Gebildeten. In
seinem Wesen war etwas wahrhaft Europäisches, er ge-

hörte zu den feinsten Geistern seiner Zeit. Der Dichter
Rilke, der damals in der Nähe von Rodin lebte, schrieb
uns seinerzeit, als er einen der Aufsätze Veths in „Kunst
und Künstler" gelesen hatte, er sei erstaunt, daß man so
über Kunst schreiben könne, und es regt ihn die Lektüre
dann zu eigenen schönen Notizen über Rodin an.

Als Maler war Veth in Holland und Deutschland ein
geschätzter Porträtist. Er malte genau, zeichnete mehr als
er malte und alle Besteller waren sehr zufrieden. Eine
starke Persönlichkeit hatte Veth als Maler nicht einzusetzen.
Er glich es aus durch Treue und Sorgfalt. In den ersten
Ausstellungen der Berliner Sezession war er stets mit einigen
Bildnissen vertreten. In allem war Veth ein typischer Hol-
länder: patrizierhaft im Empfinden und in der Erscheinung,
erfüllt von Tradition und Lebenskultur, bestimmt, sogar
scharf im Wesen und voller Selbstdisziplin.

EDUARD ARNHOLD f

Sechsundsiebzigjährig ist in Berlin der Geheime Kommer-
zienrat Eduard Arnhold gestorben. Er war, neben allem
andern, einer der wenigen und letzten Sammler großen
Stils in Berlin und darüber hinaus im stillen ein unermüd-
licher Helfer aller der Hilfe bedürftigen Künstler. Über die
Sammlung Arnholds hat Hugo von Tschudi in diesen Heften
(Jahrg.VII, S. 3, 45 u. 99) ausführlich berichtet. Tschudi hoffte
damals still, diese bedeutende Sammlung würde einst an
die Nationalgalerie fallen. Arnholds Name bleibt als Stifter
auch verknüpft mit der Errichtung und Subventionierung
eines Atelierhauses für deutsche Künstler in Rom.

UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

Unter den Berliner Ausstellungen der
letzten Wochen scheint die „Ausstel-
lung von Werken alter Kunst" aus Ber-
liner Besitz in der Akademie der Künste die wichtigste zu
sein. Es scheint nur so. Mit Bewußtsein widmen wir die-
ser Ausstellung keinen besonderen Aufsatz. Mit Absicht las-
sen wir es auch bei diesem kurzen Hinweis bewenden.
Gingen wir auf diese Veranstaltung ausführlich ein, so müßte
Bitteres gesagt, so müßten Fragen allgemeiner Natur auf-
gerollt werden; eine ernsthafte Besprechung der Ausstellung
müßte über die Veranstaltung weit hinausgreifen, in das
Berliner Kunstleben tief hineinleuchten und dort Dinge zei-
gen, die um so ärgerlicher sind, als jedermann sich mit
Fleiß davon abwendet. Wir können und wollen uns der
Pflicht, über diese Dinge einmal offen zu sprechen, nicht
entziehen; doch soll es nicht gerade bei dieser Gelegenheit
geschehen, wo viele harmlose Interessen verletzt werden
müßten. Ein besserer Anlaß wird sich gewiß bald finden
lassen. Heute können wir nur mit Grünfeld sagen: „wollten
wir ehrlich sein, so müßten wir lügen".

Im Kupferstichkabinett sind die aus der Sammlung Sa-
vigny kürzlich erworbenen sechs Handzeichnungen von
Grünewald ausgestellt. Eigentlich sind es sieben, da eines
der Blätter auch auf der Rückseite eine Zeichnung trägt. Zwei
andere Blätter sind von einem Sammler erworben worden.
Zugleich werden alle Grünewald zugeschriebenen Bilder
in Photographien (die Aufnahmen des Isenheimer Altars
sind besonders schön) und die Zeichnungen in Lichtdrucken
gezeigt, so daß das ganze Lebenswerk Grünewalds, soweit
es bekannt ist, in einer sehr anschaulichen und instruktiven
Weise dem Betrachter vor Augen geführt wird. Max J.
Friedländer bereitet bei Grote eine Publikation der neu ent-
deckten Zeichnungen vor, die eine der wichtigsten Neu-
erwerbungen der letzten Zeit darstellen. Wenn dieses Werk
erscheint, werden wir ausführlicher auf den Wert der sel-
tenen Blätter, auf ihre höchst interessante Herkunft und auf
die faßt aufregende Geschichte der Erwerbung eingehen.
Heute bilden wir nur eines der Blätter ab und weisen auf
die Bedeutung der schönen Ausstellung hin. Auch sei bei
dieser Gelegenheit betont, daß großer Dank dem Direktor
des Kupferstichkabinetts und dem Kultusministerium ge-
bührt, weil sie tatkräftig und klug die Blätter in Deutsch-
land festgehalten und für das Museum gerettet haben, in

496
 
Annotationen