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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 26.1928

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Heft 11
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7393#0463
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4*

im*'

Namen der Vergangenheit. In
der Galerie der Köpfe, mit de-
nen der Salon des Tuileries sei-
nen Katalog einleitet, sucht man
vergebens nach führenden Ge-
stalten. Matisse steht noch im-
mer in vieler Hinsicht an der
Spitze, obgleich eine etwas ober-
flächliche Eleganz die Freude
an einer allzu leichten und ge-
legentlich seichten Produktion
beeinträchtigt. Sammelt ein
Künstler wie Derain seine Kräfte
zu einer Leistung wie dem gro-
ßen Jagdstilleben, das bei Paul
Guillaume zu sehen war, so
zwingt er zur Achtung vor einer
Künstlerschaft, die in vielen
sonst gezeigten Nebenarbeiten
kaum erkennbar wird. Im Salon
war Utrillos „Notre Dame", das
in seinem klaren Bau und seiner
satten Farbigkeit sich eindrucks-
voll über jede Umgebung empor-
hob, das einzige Stück, das sich
fest der Erinnerung einprägte.

Die Galerie Bernheim lud
im April zu einer Manet-Aus-
stellung, die sich allerdings mit
der Berliner Ausstellung der Ga-
lerie Matthiesen weder an Um-
fang noch an Bedeutung messen
konnte. Es wurde hier in er-
schreckender Weise offenbar,
wie wenige von den Haupt-
werken des Meisters seine Hei-
mat zu bewahren verstanden hat.

Daß im Gegensatz viele von
den schönsten Corots noch heute
im Pariser Privatbesitz verbor-
gen sind, zeigte eine vorzüg-
liche Ausstellung bei Paul Ro-
senberg, von der im nächsten
Hefte eingehender berichtet wer-
den soll.

So kultiviert und gewählt
diese Ausstellung, so bunt und in vieler Hinsicht wahllos
zusammengestellt waren die „Portraits de femmes" von Ingres
bis Picasso, die in den Ausstellungsräumen der Zeitschrift
„La Renaissance" gezeigt wurden. Aber auch hier gab es unter
einer fast erdrückenden Menge des Gleichgültigen eine An-
zahl herrlicher Dinge zu sehen, von denen manche selten
oder wohl noch niemals gezeigt worden waren. Vollard hatte
neben einem der schönsten Bilder Cezannes, der Frau mit dem
aufgestützten Arm, ein überraschend glückliches Interieur in
Blau von der Amerikanerin Mary Cassatt geliehen. Degas war
mit vier Werken ausgezeichnet vertreten, darunter der pracht-
vollen Frau vor dem Spiegel aus Doucets Besitz. Von Manet
sah man neben anderen das schöne Porträt der Frau von Che-

EDOUARD MANET, FRAU VON CHEVARRIER

AUSSTELLUNG DER ZEITSCHRIFT „LA RENAISSANCE1', PARIS

varrier, von Renoir vier Bilder, unter denen das Porträt
des Fräulein Durand-Ruel den Preis verdiente. Toulouse-
Lautrec glänzte mit der großen Komposition der Goulue au
Moulin Rouge, einem seiner Hauptwerke, das Arnold Selig-
mann gehört. Felix Feneon hatte seine Zeichnungen von
Seurat geliehen, Paul Guillaume das Porträt seiner Frau, von
Derain gemalt, Picasso endlich das Porträt seiner eigenen
Frau, eine der ernsthaftesten Arbeiten dieses unermüdlichen
Verwandlungskünstlers.

Im achtzehnten Jahrhundert lag der Schwerpunkt einer
anderen Porträtausstellung, die das Jugendbildnis zum Thema
hatte. Die dankbare Aufgabe war von dem französischen
Hauspflegeverein mit einigermaßen unzureichenden Mitteln

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