ist ein langes, geduldiges Ringen des Malers um die An-
erkennung, und wir Deutschen unterschätzen nieist, wenn
wir mit Ausstellungen unserer Künstler nicht sofort Erfolge
haben, daß als Fremder, in eine Landcskunstbewegung ein-
zutreten, fast unmöglich ist. Sie haben sich immer nur dann
durchgesetzt, wenn Künstler sich aus ihnen eine Anregung
ziehen konnten. Noch im letzten Jahre traf ich einen auch in
Deutschland sehr berühmten modernen französischen Maler,
der viel gereist war und mir über deutsche Malerei ein paar
Höflichkeiten sagen wollte. „Sie haben in Deutschland auch
gute Maler, Lebell und Lenbac", sagte er und, nach eini-
gem Nachdenken: „Mais je crois, je pref&re Lenbac." Ist
es nicht hoffnungslos, daß so ein Mann, wie leider so viele
Franzosen, an allen unseren Bestrebungen achtlos vorüber-
ging: Beweisen andererseits aber nicht alle Anregungen,
die von Künstlern mit wünschelrutartiger Feinheit aufge-
spürt wurden, daß wir sie ihnen zuerst verdanken: Mancher
I'erserteppich ist uns erhalten, der in Künstlerateliers auf-
bewahrt wurde in Zeiten, wo man sie als völlig wertlos
wegwarf. Wir würden weder Greco verstehen, wenn nicht
Maler um Cezanne ihn wieder zu Ehren und zu neuem
Leben gebracht hätten und würden China, Japan und die
Negerkunst, ohne die Vermittlung der Künstler, noch heute
für eine ethnographische Angelegenheit halten.
Sind es nicht die Mehrzahl der Maler und Kunstliebhaber
aller Länder, die sich die letzten Jahrzehnte mit allem Feuer
eingesetzt haben, die Impressionisten, die Fauves, die Acht-
zehnhundertdreißiger in so hohen Weltruf zu bringen: Be-
trachten es nicht noch heute die jungen Maler als ihr Ideal,
in Paris zu leben: Alle Kulturländer vereint haben Frank-
reichs Malerei zu ihrem jetzigen Ruhm verholfen. Drehen
nicht alle Maler, zum wenigsten für eine kurze Zeit, der Kunst
ihres Heimatlandes den Rücken: Ja, man sucht sich immer
in Paris Kopf und Geist in Ordnung zu bringen und in Gleich-
gewicht zu kommen.
Ich will mich nicht darüber auslassen, wie oft man schon
eine ausschließlich deutsche Kunst aufzubauen versuchte,
und ich will den Wert dieser Bestrebungen nicht bestreiten.
Aber ich, wie so viele andere, halte es mit den großen
deutschen Vorbildern, die in der ständigen Reibung mit
dem Besten, was die Welt zu bieten hat, ihre Eigenart ge-
funden und entwickelt haben, die das Ausländische aufge-
nommen, sofern sie es besser fanden und sich am Ende als
deutsch entdeckten. Wie Dürer in und an Italien gelernt
hat, und doch mit Recht der deutscheste Maler alter Schule
genannt wird.
Soll man sich heute verwundern, daß sich bei diesem
beispiellosen Triumph der französischen Malerei, Kunst-
händler — und nicht nur in Frankreich — fanden, ihn aus-
zunützen, um das Kunstverlangen der ganzen Welt zu er-
füllen. Es trat der Zustand ein, den Fräulein Dr. Ring be-
schreibt, es fehlte an Künstlern, die Bewertungen gelangten,
sogar im Vergleich mit alter Kunst, zu noch nie dagewesenen
und für lebende Künstler nie bezahlten Summen. Man mußte
auf alle Fälle neue Namen schaffen, ja geradezu aus dem
Boden stampfen. Da war jeder Maler jeder Nationalität recht
und willkommen, vorausgesetzt, daß er in Paris lebte und
zur Schule von Paris zu zählen war, neuartig erschien und
Talent hatte. Ein Paradies der Maler, ein goldenes Zeitalter
entstand, das ohne Ende schien, das in Wahrheit aber heute
schon wieder ein Ende gefunden hat. Diese Periode ästhetisch
zu werten, wird bald eine interessante Aufgabe sein, da sie
sich durch große Merkwürdigkeit auszeichnet und die Rolle
der Kunsthändler dabei wird noch zu beurteilen sein.
Als Vorbild und Beispiel aber für die so anders gearteten
deutschen Verhältnisse kann der Aufbau des französischen
Marktes, wie er sich unter der gemeinsamen Wirkung der
Inflation im Lande und der Prosperität in der Welt entwickelt
hat, nicht genommen werden. Um so weniger, als auch wir
eine Inflation und eine Scheinblüte der Kunst und ihres
Marktes hinter uns haben, die wir uns nicht zurückwünschen,
auch wenn sie einigen von uns als paradiesischer Zustand
erscheinen mußte. Wir wollen nicht, daß man noch einmal
den Käufer zur Kunst überredet mit dem gefährlichen Argu-
ment, daß die Preise der Bilder mit der Zeit steigen werden.
Sagen wir es doch ganz offen: es ist schon viel, wenn die
Malerei dahingelangt, einer oder zwei Generationen eine
geistige Befruchtung zu geben, denn für längere Zeiten bleibt
doch von der Kunst so unendlich wenig. Wir wünschen uns
keine Spekulanten, auch wenn wir es unseren Händlern und
Mäzenen von Herzen gönnen, daß sie an unseren Arbeiten
recht viel verdienten. Den Käufer aber, auf den wir wieder
hoffen, wenn die Zeiten ruhiger werden, und den wir früher
in wirtschaftlich normalen Zeiten in spärlicher, aber aus-
reichender Zahl hatten, das ist der Liebhaber, der ein Bild
kauft, weil es ihm gefällt und weil er den Mut dazu hat.
Das ist der Käufer, der für das Vergnügen am Bilde einen
angemessenen Preis anlegt wie für Bücher oder Theater-
karten, ohne zu fragen, ob das Geld sich später einmal ver-
zinsen wird.
Das Unglück des Malers im heutigen Deutschland ist, daß
er nicht für ein Publikum und nicht einmal für einen ge-
ringen Teil des gebildeten und kunstliebenden Volkes ar-
beitet, wie es der Franzose tut. Der deutsche Maler hat das
Wort l'art pour l'art Zu deursch verstanden. Er fällt zu leicht
in die Rolle des belehrenden F>ziehers, mit zu viel Ernst
und Hoheit, aber ohne Spiel und Leichtigkeit. Dabei wird
er unterstützt vom deutschen Museumsleiter, der für seinen
und der Malerei Ruhm Sorge trägt und leider heute fast der
einzige Käufer ist.
Der Kunsthandcl scheint nur parallel einer Stimmung oder
Strömung arbeiten zu können. Den „produktiven Kunsthänd-
ler von früher", hat es den je gegeben: Ja, man sagt, daß
Durand-Ruel achtmal Bankerott machen mußte, ehe es ihm
gelang, Manet durchzusetzen. Es wäre ja auch ungerecht,
wollte man diesem Berufe überhaupt Idealismus absprechen
und leugnen, daß man mit Mut und Glauben Einsätze wagte.
Dafür gaben Franzosen immer schöne Beispiele, und auch
bei uns fehlen sie nicht. Wir brauchen den Kunsthändler
so nötig wie den Museumsdirektor, wir benötigen seine Aus-
stellungen, seinen Anreiz, seine Werbetätigkeit, sein Auf-
spüren der Leidenschaften von Kunstliebenden. Wir Deut-
sche haben leider keine günstige Weltmeinung für uns. Das,
was wir als unsere Kultur bezeichnen, hat einen Beigeschmack
bekommen, der uns bitter verletzen und treffen mußte. Des-
wegen aber wollen wir nicht verzweifeln: die Welt ist groß,
und einmal müssen auch wieder genug Menschen zu finden
sein, die ehrlich schön finden, w as wir als schön empfinden
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erkennung, und wir Deutschen unterschätzen nieist, wenn
wir mit Ausstellungen unserer Künstler nicht sofort Erfolge
haben, daß als Fremder, in eine Landcskunstbewegung ein-
zutreten, fast unmöglich ist. Sie haben sich immer nur dann
durchgesetzt, wenn Künstler sich aus ihnen eine Anregung
ziehen konnten. Noch im letzten Jahre traf ich einen auch in
Deutschland sehr berühmten modernen französischen Maler,
der viel gereist war und mir über deutsche Malerei ein paar
Höflichkeiten sagen wollte. „Sie haben in Deutschland auch
gute Maler, Lebell und Lenbac", sagte er und, nach eini-
gem Nachdenken: „Mais je crois, je pref&re Lenbac." Ist
es nicht hoffnungslos, daß so ein Mann, wie leider so viele
Franzosen, an allen unseren Bestrebungen achtlos vorüber-
ging: Beweisen andererseits aber nicht alle Anregungen,
die von Künstlern mit wünschelrutartiger Feinheit aufge-
spürt wurden, daß wir sie ihnen zuerst verdanken: Mancher
I'erserteppich ist uns erhalten, der in Künstlerateliers auf-
bewahrt wurde in Zeiten, wo man sie als völlig wertlos
wegwarf. Wir würden weder Greco verstehen, wenn nicht
Maler um Cezanne ihn wieder zu Ehren und zu neuem
Leben gebracht hätten und würden China, Japan und die
Negerkunst, ohne die Vermittlung der Künstler, noch heute
für eine ethnographische Angelegenheit halten.
Sind es nicht die Mehrzahl der Maler und Kunstliebhaber
aller Länder, die sich die letzten Jahrzehnte mit allem Feuer
eingesetzt haben, die Impressionisten, die Fauves, die Acht-
zehnhundertdreißiger in so hohen Weltruf zu bringen: Be-
trachten es nicht noch heute die jungen Maler als ihr Ideal,
in Paris zu leben: Alle Kulturländer vereint haben Frank-
reichs Malerei zu ihrem jetzigen Ruhm verholfen. Drehen
nicht alle Maler, zum wenigsten für eine kurze Zeit, der Kunst
ihres Heimatlandes den Rücken: Ja, man sucht sich immer
in Paris Kopf und Geist in Ordnung zu bringen und in Gleich-
gewicht zu kommen.
Ich will mich nicht darüber auslassen, wie oft man schon
eine ausschließlich deutsche Kunst aufzubauen versuchte,
und ich will den Wert dieser Bestrebungen nicht bestreiten.
Aber ich, wie so viele andere, halte es mit den großen
deutschen Vorbildern, die in der ständigen Reibung mit
dem Besten, was die Welt zu bieten hat, ihre Eigenart ge-
funden und entwickelt haben, die das Ausländische aufge-
nommen, sofern sie es besser fanden und sich am Ende als
deutsch entdeckten. Wie Dürer in und an Italien gelernt
hat, und doch mit Recht der deutscheste Maler alter Schule
genannt wird.
Soll man sich heute verwundern, daß sich bei diesem
beispiellosen Triumph der französischen Malerei, Kunst-
händler — und nicht nur in Frankreich — fanden, ihn aus-
zunützen, um das Kunstverlangen der ganzen Welt zu er-
füllen. Es trat der Zustand ein, den Fräulein Dr. Ring be-
schreibt, es fehlte an Künstlern, die Bewertungen gelangten,
sogar im Vergleich mit alter Kunst, zu noch nie dagewesenen
und für lebende Künstler nie bezahlten Summen. Man mußte
auf alle Fälle neue Namen schaffen, ja geradezu aus dem
Boden stampfen. Da war jeder Maler jeder Nationalität recht
und willkommen, vorausgesetzt, daß er in Paris lebte und
zur Schule von Paris zu zählen war, neuartig erschien und
Talent hatte. Ein Paradies der Maler, ein goldenes Zeitalter
entstand, das ohne Ende schien, das in Wahrheit aber heute
schon wieder ein Ende gefunden hat. Diese Periode ästhetisch
zu werten, wird bald eine interessante Aufgabe sein, da sie
sich durch große Merkwürdigkeit auszeichnet und die Rolle
der Kunsthändler dabei wird noch zu beurteilen sein.
Als Vorbild und Beispiel aber für die so anders gearteten
deutschen Verhältnisse kann der Aufbau des französischen
Marktes, wie er sich unter der gemeinsamen Wirkung der
Inflation im Lande und der Prosperität in der Welt entwickelt
hat, nicht genommen werden. Um so weniger, als auch wir
eine Inflation und eine Scheinblüte der Kunst und ihres
Marktes hinter uns haben, die wir uns nicht zurückwünschen,
auch wenn sie einigen von uns als paradiesischer Zustand
erscheinen mußte. Wir wollen nicht, daß man noch einmal
den Käufer zur Kunst überredet mit dem gefährlichen Argu-
ment, daß die Preise der Bilder mit der Zeit steigen werden.
Sagen wir es doch ganz offen: es ist schon viel, wenn die
Malerei dahingelangt, einer oder zwei Generationen eine
geistige Befruchtung zu geben, denn für längere Zeiten bleibt
doch von der Kunst so unendlich wenig. Wir wünschen uns
keine Spekulanten, auch wenn wir es unseren Händlern und
Mäzenen von Herzen gönnen, daß sie an unseren Arbeiten
recht viel verdienten. Den Käufer aber, auf den wir wieder
hoffen, wenn die Zeiten ruhiger werden, und den wir früher
in wirtschaftlich normalen Zeiten in spärlicher, aber aus-
reichender Zahl hatten, das ist der Liebhaber, der ein Bild
kauft, weil es ihm gefällt und weil er den Mut dazu hat.
Das ist der Käufer, der für das Vergnügen am Bilde einen
angemessenen Preis anlegt wie für Bücher oder Theater-
karten, ohne zu fragen, ob das Geld sich später einmal ver-
zinsen wird.
Das Unglück des Malers im heutigen Deutschland ist, daß
er nicht für ein Publikum und nicht einmal für einen ge-
ringen Teil des gebildeten und kunstliebenden Volkes ar-
beitet, wie es der Franzose tut. Der deutsche Maler hat das
Wort l'art pour l'art Zu deursch verstanden. Er fällt zu leicht
in die Rolle des belehrenden F>ziehers, mit zu viel Ernst
und Hoheit, aber ohne Spiel und Leichtigkeit. Dabei wird
er unterstützt vom deutschen Museumsleiter, der für seinen
und der Malerei Ruhm Sorge trägt und leider heute fast der
einzige Käufer ist.
Der Kunsthandcl scheint nur parallel einer Stimmung oder
Strömung arbeiten zu können. Den „produktiven Kunsthänd-
ler von früher", hat es den je gegeben: Ja, man sagt, daß
Durand-Ruel achtmal Bankerott machen mußte, ehe es ihm
gelang, Manet durchzusetzen. Es wäre ja auch ungerecht,
wollte man diesem Berufe überhaupt Idealismus absprechen
und leugnen, daß man mit Mut und Glauben Einsätze wagte.
Dafür gaben Franzosen immer schöne Beispiele, und auch
bei uns fehlen sie nicht. Wir brauchen den Kunsthändler
so nötig wie den Museumsdirektor, wir benötigen seine Aus-
stellungen, seinen Anreiz, seine Werbetätigkeit, sein Auf-
spüren der Leidenschaften von Kunstliebenden. Wir Deut-
sche haben leider keine günstige Weltmeinung für uns. Das,
was wir als unsere Kultur bezeichnen, hat einen Beigeschmack
bekommen, der uns bitter verletzen und treffen mußte. Des-
wegen aber wollen wir nicht verzweifeln: die Welt ist groß,
und einmal müssen auch wieder genug Menschen zu finden
sein, die ehrlich schön finden, w as wir als schön empfinden
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