EPITAPHBILD DES JOHANNES VON EUENHEIM (f 1438)
NÜRNBERG, ST. LORENZ, AUSGESTELLT IM GERMANISCHEN MUSEUM, NÜRNBERG
NÜRNBERGER MALEREI VON 1350- 1450
AUSSTELLUNG IM GERMAX ISCHEN MUSEUM
VON
KARL KOCH
as fünfzehnte Jahrhundert ist für die Tafelmalerei Deutsch-
lands die Zeit der lokalen Stilbildung, des mächtigen
Hervorbrechens der Stammeseigenart in Auseinandersetzung
mit den überlegenen Kräften jenseits der Grenzen in Süd
und West. Kein Kunstzentrum Süddeutschlands hat den Vor-
zug, daß ihm aus dieser problenireichen Zeit ein so impor-
tantes Material erhalten blieb, zu großem Teil in seinen
eigenen Mauern, wie Nürnberg. Es ist begreiflich, daß einer
der ersten entwicklungsgeschichtlichen Versuche der deutschen
Kunstforschung diesem Thema galt. Henry Thodes vielge-
nanntes Werk vom Jahre 18gi erscheint trotz seiner befrem-
denden Unsinnlichkeit und seiner vielen Irrwege noch heute
als achtunggebietend. Ein intuitiver Spürsinn spricht aus
dieser nahezu erschöpfenden Materialsammlung. Aber Thodes
Feststellungen sowie die der nachfolgenden Forscher, die
Teilgebiete dieses Jahrhunderts behandelten, müssen heute
schon insofern als antiquiert erscheinen, als man von dem
Gesamtverlauf des Jahrhunderts noch zu wenig Vorstellung
besaß und die besondere Leistung Nürnbergs nicht scharf
genug erfaßt werden konnte. Während in den letzten zehn
Jahren das Wissen um die deutsche Malerei sehr lebendig
erweitert wurde und Entdeckungen wie die der Wiener
Schule überraschende Perspektiven eröffneten, blieb eine
Neueinschätzung der in Nürnberg wirkenden Kräfte gänzlich
aus. Das Germanische Museum gibt nun der Forschung einen
großen Anstoß, indem es die malerische Produktion bis zur
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, von den Heilsbronner
Passionstafeln bis zum Marienaltar in Breslau, ausstellt, wie
es schon vor drei Jahren auf der Dürerausstellung die Vor-
läufer Dürers seit Pleydenwurff gezeigt hatte. Aus der großen
Zahl der Leihgaben aus Nürnberger und fränkischem Kirchen-
besitz erhellt die Vertrauensstellung, die das Germanische
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NÜRNBERG, ST. LORENZ, AUSGESTELLT IM GERMANISCHEN MUSEUM, NÜRNBERG
NÜRNBERGER MALEREI VON 1350- 1450
AUSSTELLUNG IM GERMAX ISCHEN MUSEUM
VON
KARL KOCH
as fünfzehnte Jahrhundert ist für die Tafelmalerei Deutsch-
lands die Zeit der lokalen Stilbildung, des mächtigen
Hervorbrechens der Stammeseigenart in Auseinandersetzung
mit den überlegenen Kräften jenseits der Grenzen in Süd
und West. Kein Kunstzentrum Süddeutschlands hat den Vor-
zug, daß ihm aus dieser problenireichen Zeit ein so impor-
tantes Material erhalten blieb, zu großem Teil in seinen
eigenen Mauern, wie Nürnberg. Es ist begreiflich, daß einer
der ersten entwicklungsgeschichtlichen Versuche der deutschen
Kunstforschung diesem Thema galt. Henry Thodes vielge-
nanntes Werk vom Jahre 18gi erscheint trotz seiner befrem-
denden Unsinnlichkeit und seiner vielen Irrwege noch heute
als achtunggebietend. Ein intuitiver Spürsinn spricht aus
dieser nahezu erschöpfenden Materialsammlung. Aber Thodes
Feststellungen sowie die der nachfolgenden Forscher, die
Teilgebiete dieses Jahrhunderts behandelten, müssen heute
schon insofern als antiquiert erscheinen, als man von dem
Gesamtverlauf des Jahrhunderts noch zu wenig Vorstellung
besaß und die besondere Leistung Nürnbergs nicht scharf
genug erfaßt werden konnte. Während in den letzten zehn
Jahren das Wissen um die deutsche Malerei sehr lebendig
erweitert wurde und Entdeckungen wie die der Wiener
Schule überraschende Perspektiven eröffneten, blieb eine
Neueinschätzung der in Nürnberg wirkenden Kräfte gänzlich
aus. Das Germanische Museum gibt nun der Forschung einen
großen Anstoß, indem es die malerische Produktion bis zur
Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts, von den Heilsbronner
Passionstafeln bis zum Marienaltar in Breslau, ausstellt, wie
es schon vor drei Jahren auf der Dürerausstellung die Vor-
läufer Dürers seit Pleydenwurff gezeigt hatte. Aus der großen
Zahl der Leihgaben aus Nürnberger und fränkischem Kirchen-
besitz erhellt die Vertrauensstellung, die das Germanische
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