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Kladderadatsch: Organ für und von Bummler (ab August:) Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 2.1849

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Hefte 27-31, Juli 1849
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https://doi.org/10.11588/diglit.2230#0105
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Sonntag, den 1. Juli 1849.

II. .IsIu'NMK

X«. 27.



Sonntag de» I. Juli.
Kladderndatsch gebt in bic Kirche.
Äkontag den 2. Juli.
Kladderadatsch bessert sich und
beginnt ein neues Abonnement und ei»
neues Leben.
Dienstag den 3. Juli.
Das Polizeipräsidium bittet um Ent-
schuldigung, daß es AZ 25. des K l a d-
d crada tj'ch hat consiscircn lasse». Der
Direktor der Stettiner Eisenbahn er-
hält die ernste Weisung, künftig
ihm anvcrtrautes Privateigen-
tbum nicht so leichtsinnig ans
Händen zu geben.
Mittwoch den 4. Juli.
Kladderadatsch wird vom Ober-
kommando gebeten, seinen Babcaufcnt-
bait in Neustadl abzukürzcn und nach
Berlin zinückzukchren.

Wochenkalender.
Donnerstag den 5. Juli.
Kladderadatsch wird feierlichst
cingebolt. Der Magistrat bringt ihm
die Schlüssel der Stadt, die Bürger-
schaft Brot und Salz entgegen. Er
erklärt, daß er bloß Brot will.
Freitag den 6. Juli.
Kladderadatsch wird zu den Mi-
nisterialconfercnzen. so wie zu den Sitz-
ungen des Reichsschiedsgerichts hinzu-
gczogcn, wobei er sich die Achtung aller
Parteien erwirbt.
Sonnabend den 7. Juli.
Kladderadatsch bekommt wegen
seiner Bcrdicnste um die Literatur das
Haus Kanonierstraße AZ 1. ge-
schenkt. Er sieht sich genvtkigt, Herrn
Goedschc. dem Zuschauer der sss Zei-
tung, wegen Anstiftung von Klatsche-
reien und wegen zu häufigen Da-
me n b c su ch c s die Wohnung zu kündigen.

Organ von und für Bummler.

Wo das Recht zum Spott, da wird der Spott zum Recht!

Alle politischen Vereine und Versammlungen sind für die Dauer des Belage-
rungszustandes untersagt!
Eines SIbcndS treffen sich einige Leute an einem öffentlichen Orte. Sie unterhalten sich von anderen Dingen als
gerade von den Waden einer Tänzerin, von Cliquot, von der Taille eines Lieutenants und den Schulden eines Majors.
Aber Casar „haßt diese blassen Gesichter, diese magern Leute, die ernst aussehen und des Nachts nicht
schlafen können." Er hat ein böses Gewissen und fürchtet sich vor dem Rauschen des Laubeö und vor eines Lüft-
chens Wehen! Die Leute werden verhaftet und in Soldatenkerker geschleppt. Nach vielen Wochen kommen sie, mitten im
Frieden, vor ein Kriegsgericht. Es wird Recht über sie gesprochen — Recht?! — Pfui doch! —
Hahaha — Wer lacht da? — Ich glaube, ich war es selber — Man verurthcilt sie
wegen Uebertretung eines im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenen
Verbotes und landesverrätherischer Absichten!!!
Während deS Belagerungszustandes versammelt sich in jeder Woche ein politischer Verein, der öffentliche und g c-
h cimc Sratuten hat, und viele tausend Stück Mitglieder zählt, theils bornirtc und engherzige Fanatiker, theils elende,
feige, schuftige Bevicntcnseelen *). Diese erbauliche Sippe hält trotz Verbot und Martialgesctz, offen vor aller Welt fort-
während ihre säubern Conventikel ab, ungehindert und ungestraft-Oder meint man, cS sei Strafe
genug für ein Deutsches Ohr, Zeuge der feierlichen Handlung sein und anhören zu müssen, wie das Oberkom-
mando der Truppen in den Marken mit Adelung und HeinsiuS eine Lanze bricht?
Ordnung und Gesetz sind wieder hergestellt!?!
Wo dos Recht zum Spott, du wird der Spott zum Recht!

') Soll doch nicht etwa heißen V a n b i t c» se e l e n?
Der Setzer.

Kladderadatsch.
 
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