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Kladderadatsch: Organ für und von Bummler (ab August:) Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 2.1849

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Hefte 44-48, November 1849
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https://doi.org/10.11588/diglit.2230#0178
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eimer

oder

Auszug aus deu zwei Gespräche», welche ich mit Sr. Majestät dem Köuige Friedrich Wilhelm IV.,
im November 1817 und am 1!). März 1818 gehabt habe.

Seite . 1—7. Ich heiße Ludwig Reilstab und nicht Wahl-
stab, stamme auS Magdeburg und nicht aus der
Scknveiz, wo es viele Subjecte meines NamcnS
giebt; in Berlin bin ich das einzige.
Seite 7—10. Eigentlich könnte ich auch Mengler oder Sta-
berle heißen. (Erstes Sclbstbckenntniß.)
Seile . . II. Majestät beliebte mit mir zu scherzen und sagte zu
mir: „ES wird Ihnen der Scherz erinner-
lich sein, daß man am Lorleyselsen rusen
muß: Wie heißt der Bürgermeister
von Obcrwesel'k daS Echo verschluckte
dann daS W und sagte-
Seite 12—26. Reil stab, ich Ludwig u. s. w. bin berühmt und
wäre gern in den Märzlagen noch berühmter ge-
worden ; aber eS gehörte Courage dazu und war
dabei Nichts zu verdienen. (Zweites Selbstbe-
kenntnis!.)
Seite . . 27. „Elende Abkömmlinge, die später ihre
Ansicht mit jedem Lufthanch wechselten,
ihre Feder und ihr Wort nach allen Rich-
tungen feil hatten, fingen (schon) in die-
sen Tagen an, ihr Wesen zu treiben.
(Drittes Sclbstbckenntniß.)
Seile 28—34. Ick' habe Angesehen, daß die Revolution nicht
gemacht worden ist, sondern daß sie kommen
mußte. Jetzt natürlich sehe ich ein, daß sie von
Bösewichtcrn, Polen, Juden und Literaten
gemacht worden ist. (Viertes Selbstbekcnntniß.)
Seite 34—40. Am 18. standen vor dem Schloßportal die edelsten
Bürger Berlins; da ich aber selbst dabei
war, so entsinne ich mich heut, den gemeinsten

Pöbel dort gesehen zu haben. (Fünftes Selbst-
bckenntniß.)
Seite 40—49. Von den Kämpfern an der Breiten-Straße-Barri-
kade wurde ich zu Sr. Majestät geschickt, hatte
aber nicht die Courage, die Breite Straße zu
Ende zu gehen, sondern war froh, als ich zu
Hause war. (Sechstes Selbstbekcnntniß.)
Seite 49—58. Am 19. Morgens 6 Uhr fragte ich: „schießen
sie noch? und da man dies verneinte, so ging
ich zu Sr. Majestät.
Seite 59—65. Ich habe mich gegen viele Männer, wie gegen
General von Rohr und den König selbst über-
eilt, erhitzt, umgezogen und d-ausgesprochen,
was ich heute demnächst bereue. (Siebentes
Selbstbekcnntniß.)
Seite . . 77. „Ich machte an diesem Morgen die Er-
fahrung von der heuchlerischen Mantel-
trägerei der Welt und von jener feigen
Vorsicht, die durchaus Nichts thun will,
bevor sie nicht versichert ist, aus welche
Seile sich die Waageschaale deS Erfolgs,
des Nachtheils, der Sicherheit neigt.
(Achtes Selbstbekcnntniß.)
Seite 77—88. Heute sage ich: die Revolution ist von Juden,
Pole» und Literaten angezcttell worden. Heut
kenne ich den Erfolg, meinen Vorth eil und
weiß, daß ich sicher bin; denn ich heiße Rell-
stab, könnte aber auch Staberlc oder
Mengler heißen. (Neuntes und letztes Selbst-
bekenntniß meiner-Seele.)
Kladderadatsch.

Feuilleton.
Nur für Mosaische Männer und Christliche Theologen.

Herr Simson soll ausgerechnet Haren, daß, wenn man die einzelne» Ele-
mente aller „Jüdischen Gauner" zusammcnzählt, man die Zahl des einzig wahren,
und von ihm mit so viel patriotische» Eiser vertheidigten Artikels der Neuen
Preußischen Verfassung heraust-ckömmt. Wer Augen hat ,n hören,
der rechne:
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Folgender, als Beitrag zur Geschickte des Somnambulismus gewiß hockst
merkwürdiger Vorfall, reffen Wahrheit wir verbürgen, hat sich-in diesen Tage»
hier zugetragen.
Jeder anständige Mensch kennt daö „Lied von der Majestät,"
welches im Verlage des Hofbuchhändlcrs Alexander Dunckcr in Berlin
erschienen ist. Als der unbekannte Dicktcr dieses Liedes neulich vor den Spiegel
trat, um sich zu rasiren, erblickte er in demselben nickt sich, sondern — seinen
Verleger.
Er soll sich in Folge des Schreckens stark geschnitten haben.

I» Folge genauer Nnlcrsncknngcn ist cs jetzt gelungen, die Ursache der neu-
licken Durchfall-Epidemie im Königl. Eadeltenhausc zu entdecken. Unter dem
Essen befanden sieb Bücklinge, die früher einmal in einem Blatte der Eon-
Ilitntioncllen Zeitung eingewickelt waren.
Die Absolutisten sind doch von allen politischen Parteien die bescheidensten.
Wahrend die breitmäuligen Eonstilulioncllcn ohne zwei Kammern gar nicht
fertig werde» können; während die Demokraten sich allenfalls mit einer
Kammer begnügen wollen, verlangen jene nichts weiter als ein Cabinet.-
Nur die Lnnipc sind bescheiden!
Herr von Manteuffel wünscht eine erste Kammer mit besonderer
Vertretung der Intelligenz und der Interessen des Volkes.
Wir siimmen diesem Wunsche nicht nur von Herzen bei, sonder» dehne» denselben
um so mehr auch auf die zweite Kammer aus, als je mehr nur die Erfahrung
der jetzigen Kammern für uns haben, in welchen die Intelligenz und die
Interessen des Volkes nicht besonders vertreten find.
 
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