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Kladderadatsch: Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 19.1866

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Hefte 31-34, Juli 1866
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126


An die Rcichsarmcc.


Binder von der Donau Wogen,
Von des Rheines Weingeländen,
Von der Isar Dkarmorbogen
Uno deS Neckars Felsenwänden —
Sohne Tentö mit Teutschen Zungen,
Lasset ab vom Schlachtengrause,
Brüder, Freunde, alte Jungen —
Ich beschwör' euch: geht nach Hause!

»Und der Durst! Man möcht' versinken
Und vor Hitze schier verschmoren!
Eh man kriegt ein Maß zu trinken.
Geht der beßte Durst verloren!
Ach, der Durst! Im Land der Ketzer
Peinigt er uns unablässig!
Sauer Bier und saurer Krätzer!" —
Geht nach HauS! Bei uns ist'S Essig!

Wozu spielet ihr Soldaten
Alö blutdnrst'ge Schwerenöther?
Todt schon schießen die Granaten,
Doch Zündnadeln schießen tödter!
Und wofür? — Ja, wer das wüßte!
Wollt ihr euer Blut vergießen
Für Herrn Pfordtenö Herrschgelüste?
Ich beschwor' euch: laßt ihn schießen!

„Näpfle wie die Fingerhüte!
Topfte, nur für Finken nütze!
Tulpen — ei du meine Güte! —
Nichts als GlaS und Sckaumgesprütze!
Kleines Maß und große Kosten!
Hohler Magen, hohle Fäflcr!
Mag der Teufel stehn auf Posten!" —
Geht nach HauS; da ist es besser!

Seufzet ihr nicht schwer zur Stunde
Bei dem allgemeinen Zeter?
Wiegt dreihundert nicht der Pfunde
Der Feldwebel und Trompeter?
Schwitzen sich nicht eure armen
Rößlein elend zum Gerippe?
Reitet heim, o habt Erbarmen!
Führt sie an teS Friedens Krippe!
„Nichts zu beiße, nichts zu brocke!
Immer laufe, immer renne!
Stets die Preuße auf die Socke!
'S isch fei Lebe mehr zu nenne!" —
Geht nach Haus; da kennt in Frieden
Jl)r auSrasten euch und futtern.
Ueberall ist'S gut hienieden,
Doch am beßten ist'S — bei Muttern!

„Und daS Lager — MooS und Steine!
Wenn der Preuß' sie nicht zerschossen,
Sucht man Morgens seine Beine
Sich zusammen kampfverdrossen.
Welche Leere in den Därmen!
In dem Bäuchle welch ein Wühlen!
Und kein Bier, um sich zu wärmen.
Und kein Bier, um sich zu kühlen!"
Wofür wolltet ihr ertragen
Durst und Hunger und Strapaze?
Seht ihr Frankreichs Banner ragen
Nicht bereits am MarcuSplatze?
Brudervolk! Für solche Siege
Wär'S um jeden Tropfen schade!
Darum bleibet fern dem Kriege!
Kinder, blast — zur Retirade!
Kladderadatsch.


Theater-Anzeige.
Zur Zerstreuung des PublicumS und um vielfach geäußerten Wünschen
nachzukommen, werde ich in nächster Zeit alle nur möglichen Anstrengungen
machen. Ich habe deßhalb daS nicht mehr zeitgemäße Holtei'sche Stück
„Die Wiener inBerlin" zurückgelegt und werde statt besten daSKalisch-
Berg'sche Stück „Die Berliner in Wien" zur Aufführung bringen.
Mars, Director deS Kriegstheaters.

An den „in der Höhte schlafenden Löwen"!

Ausgcschlafen?
Guten Morgen! Stribro!
Die „asfenähnlichen" Ermunterer.

Äusgesangene Uundgefiung.
An den Erzherzog Albrecht in Italien!
(Gesunden im Walükater bei Vater Fessel.)
Die Unterzeichneten vernehmen so eben, daß Ew. Wohlgeboren die Jtaliä-
nische Armee mit den Deutschen Reichstruppen vereinigen und ans heimlichen
Gebirgswegen nach Berlin vorrücken wollen. Kundig aller Päste und Stege,
und bei dem diesjährigen Ausbleiben der Dergnügungsreifenden ohne Beschästi.
gung, erbieten wir uns hiermit. Ihnen den Weg zu zeigen. Die nöthigen
großen „Maulesel"*) bitten wir jedoch auS Wien mitznbringen.
Die privilegirten Harzführer.
gez. Ho mann.
*) 2cfl wrhl heißen „Großwar l-E sel"? D. Cetzer.

Durch einen glücklichen Zufall ist unü das Gedicht „Gruß an Oester-
reich int Juni 1866", welches die A. Allg. Zei 1 ung wegen der neuesten
Ereigniste zu unterdrücken beliebt hat, in die Hände gefallen. ES lautet:
Du. die du der das Rechte, fortpstanzend im Geschlechte.
Anstrebenden Gewalt
Stets höchste Achtung zollend, an Spitze stehen sollend,
Zwar alternd, doch nie alt,
Schon in der Vorzeit Tagen manch bösen Feind geschlagen
Und immer siegreich stehend da,
Aus Doppelaare schwebend, daö Herz, weil muthig. hebend,
T» felix mibe, Austria,
Du wirst, ob süd> ob nordend bedroht von Völkern mordend.
Weil wuchernd frech der Ehrsucht Keim,
Hervorgegangen strahlend, zwar blutend, blutig zahlend
Alö Sieger, was verschuldet, heim.

Wie süddeutsche Blätter alles Ernstes versichern, wird auf Antrag des
Cardinalö Rauscher in Wien der heilige Vater in Rom den Bann»
spruch über daS Zündiiadelgewekir al4 TeufelSwerk aussprechen.
Demnach dürften alle Gerüchte über die Einführung dieser protestantischen Re.
formationS-Waffe in Frankreich durch den „ältesten Sohn der Kirche"
eine baldige Witcrlegung erfahren.

«jjrctcfjeil (aus Schwerin) llll «fatifl (in Berlin).
Ich lieb' dich — ein wenig — mit Schmerzen — mit Dertzen — odcr
gar nicht!
 
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