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79

Aus Abessynien.

(Von unserem Special-Correspondenlen.)

Müller. Sag' mal, Schnitze, wie hceß! cs denn cejcntlich? Heeßt ei
.Bankerott" oder „Bankcrult" oder „Banqueroutc“ oder wie denn?

Schnitze. Dcü wceß ich »ich. Da mußt du dir bei Brcsll in Wien
erkundigen; der weeß es janz jcnau.

Auch ein Kranker Mann.

Varnbüler krank? lind doch ist grade er
Zu gar gcwicht'ger Rolle auserkoren.

Wer tritt nun für ihn ein? Wen schickt ihr her,
Daß er crschüttrc NordlandS Herz und Ohren?

Was fehlt den, großen Künstler? Wo gcbricht'ö? —
— Beruhigt eure Freundesbrust, mein Lieber!

Auch große Mimen — weiter fehlt ihm Nicht» —
Sie leiden manchmal am — Couliffenficber.

Vorschlag zur Hüte.

In Anbetracht, daß die erhöhte Miethssteucr nicht leicht cinzutrcibcn
sein wird, hat der Berliner Magistrat beschlossen, fortan auch Ocstcr-
reichifchc Guldenstücke in Zahlung anzunchmen. Wir geben dem hoch-
löblichen Magistrat unseren unmaßgebliche» Rath, seine Humanität noch weiter
auSzudehncn, und zwar durch Einführung folgender Maßregeln:

1. Auch Polnische Viergroschenstücke werden bei MiethSsteuerzahlun-
gen für roll angenommen.

2. Jene im Verkehr nicht selten vorkommenden, ganz abgcschliffenen
dünnen runden Plättchen, welche die Hoffnung für zwei gute Groschen,
der Argwohn aber höchstens für zwei Ncugroschcn ansieht, erhalten in
dm Augen des Magistrats bei MiethSstcuerzahlungen allemal den Werth von
zwei Guten.

3. Wenn Zweifel obwalten, ob man cs mit einen, wirklichen Geldstück
oder mit einem früheren Knopf zu thun habe, so muß eine Commission von
Sachverständigen, zu j aus gelernten Numismatikern, zu ; aus armen Teufeln
zusamniengesetzl, über die Werthfrage entscheiden.

Die Ausführung dieser Vorschläge dürfte daS Eintreiben der erhöhten
Miethistmer wesentlich erleichtem.

Zollparlamentarischer Hymnus.

Lcce quam bonum, bonuin et jucundum,
üabitare fratres, fratres in uno!

Die sieben Schwaben im „Triangel."

Auf das Erkcnntniß vom 25. d., dahin lautend, daß dem Fräulein
Julie Ebergenvi von TelekcS wegen vollbrachten Meuchelmordes der
Adel aberkannt, dieselbe somit dem Bürgcrstande zuzcwicsen werden
solle, erlauben an einen hohm Gerichtshof wir Unterzeichneten unS die ergebenste
Bitte, da auch wir nicht in der Lage sind, von den bewährten Fähigkeiten der
Genannten in unserer Mitte Gebrauch zu machen, selbige nur wieder ihrem
vorigen Stande zurückerkcnne» zu wollen.

In der Hoffnung u. s. w.

Die Bürger Oesterreichs.

^»rch den meinen Mittheilungcn weit vorauSeilendcn Telegraphen werden
Sic bereits erfahren haben, daß das Ziel der Expedition unserer Britischen
Freunde glücklich erreicht, der Feind besiegt und der Krieg zu Ende ist.

In Folge des siegreichen Ausgangs der Expedition ist unsere sociale
Stellung hier zu Lande eine leidlich angenehme geworden. Wir werden jetzt
überall als Freunde und mit offenen Armen aufgenomme» und namentlich
von dm Frauen und Töchtern der Eingeborene» mit rückhalisloser Offenheit in
die Details der hiesigen Zustände eingeweiht. ES ist mir daher ein LeichtcS,
Ihnen ein treues Bild der bisherigen Vcrhältniffe dieses Landes zu cnttvcrfen.

Abesfynien liegt, um eS kurz zu sagen, noch ziemlich im Argen,
übrigens aber zwischen den Wendekreisen und gehört, so viel mir bekannt ist,
bis jetzt noch nicht zum Norddeutschen Bund. Der Boden ist so frucht-
bar und die Unsicherheit so groß, daß Früchte, Gemüse und Werthsachen in
Abcffynim mit erstaunlicher Leichtigkeit fort kommen.

Die Abessynier sind allerdings Christen — aber was für welche! Vom
heiligen Rock haben sic keine Ahnung, den heiligen Stuhl ignoriren sie gänz-
lich, dem Coelibat sind sic abhold, die Heiligen stellen sie sich schwarz, den
Tmfel weiß vor, und niemals sammeln sic auch nur den geringslcn PctcrS-
pfennig. Man sieht also, daß eS mit dem Christenthum der Abessynier nicht

UebrigenS haben sie doch humane und nachahmenSwerthe Einrichtungen.
Wer z. B. bei ihnen Mönch wird, braucht seine Schulden nicht mehr zu be-
zahlen. Mönch aber kann hier zu Lande Jeder werden.

DaS Land wurde bisher regiert von einem Kaiser oder „Ncguö," dem
ein Ministerium zur Seite steht. Die RegierungSmaschine ist jedoch um
vieles einfacher construirt als in unseren Europäischen Staaten. Der Mi-
nistcr des Inneren z. B. steht zugleich der kaiserlichen Küche vor und ist ver-
antwortlich für Reis, Hirse und Datteln. Der Justizminister besorgt vor-
nehmlich die Executionen, zu welchem Behuf er statt des Portefeuilles eine
Keule bei sich führt. Des Finanzministcrs Hauptgeschäft ist cd, die Steuern
einzuziehcn. Die anderen Minister werde» nur hinzugezvgen, wenn cs ans
Hosbällen an Tänzern mangelt.

Ab und zu wird zur Berathung wichtiger Angelegenheiten ein Parla-
ment versammelt, an welchem jeder Abcffynier Thcil nehmen darf, der das
Entrvc — drei Thalcr nach unserm Gcldc — zu erschwingen im Stande ist.
Die Entscheidung über die Vorlagen geschieht mittels Kugelung. Beeinflus-
sung findet nicht statt; doch werden die mit Nein Stimmenden der alphabe-
tischen Ordnung »ach durch den Justtzmmiiler erschlagen.

Dieses wird hinreichcn, Sie und Ihre Leser über die äußeren und inneren
Verhältnisse Abessynien» vollständig an fait zu setzen.

Wir waren lange im Vorrücken begriffen. Im Hauptquartier, wo man
von allen Bewegungen des Feindes genau unterrichtet war, behauptete man
stets mit Bestimmtheit, daß der Kaiser Theodor sich irgendwo befinde, und
daß die Gefangene», falls sie nicht schon getödtet wären, noch am Leben seien.
Ebenso wußte man ganz sicher, daß der König von Schoa mit 40.000 Alaun
und irgendwelchen Absichten irgendwohin marschire, und daß die Königin der
Wcllo-GallaS gleichfalls untenvegS fei.

Welches der eigentliche Zweck der Expedition war, darüber kan» ich Ihnen,
bei der großen Zugcknöpfthcit des Hauptquartiers auch »och jetzt nach dem glück-
lichen militärischen Erfolge, nur wenig verrathen. Blau spricht davon, daß
die Linie Hietzing den ausgesprochenen Wunsch hege, daS erledigte NeguS-
thum in Besitz zu nehmen. Ob sich aber nicht noch manche andere Be-
werber um das schwarze Hochland melden dürsten und auf diese Weise vielleicht
eine Abeffynlsche Frage-

Aber halt! Ich bin genkthigt, meine Betrachtungen abzubrechen. So eben
kommt Obrist Merewether aus mich zugeritlen, um sich bei mir nach deni
Wege zu erkundigen. Wie gut, daß ich den Bädccker für Abessynien
mitgenommen habe. Nächstens mehr!

(gortleeung vei Feuilletons im Beiblatt.)

I

i

Der Verlaus t« von uns heiausgcgeleucn JtfüUlU-äUrtffcS ÖC!5 Kladderadatsch, ;»m Vehlen der Nothlcidcndcn in Ost-
preußen, hat nachträglich, außer den von uns bereits abgeliefcrtcn 3000 Thalcrn, noch eine Summe von Fünfhundert Thalern ergeben, welche wir
folgendermaßen verthcilt haben:

An das Provinzial-Comite in Königsberg zum Beßtcn der Witwen und Waisen

der am Typhus Gestorbenen... 300 Thlr.

An das Comitö zur Unterstützung hilfsbedürftiger Lehrerfamilien in Ostpreußen . 100 Thlr.

An das Comitv für die nothlcidcndcn Inden in Ostpreußen (durchHrn. A.H. Heymann

in Berlin).100 Thlr.

.A.. Hofmann, Verleger des Kladderadatsch. Die Ucdaclion und die Mitarbeiter des Kladderadatsch.

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in Beiblatt.

Wir bitten, vaS Beiblatt ;u beachten.
 
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