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1-8

Ub

{Sin Aelüböe.

3l;v fo-llt mich nicht von meinem Stuhle jagen!
Noch Hab' ich, hier zu sitzen, Recht und Pflicht;
Was ich geschworen in der Jugend Tage»,

Das will ich halten, bis mein Auge bricht.
Beschloflen ist's zu meines Landes Wohle:

Den Nacken beug' ich nie in euer Joch,

Nie ihn' ich, was ihr fordert! Ma parole!

Ihr kennt des alten Degens Wahlspruch doch?
Zu diesem Worte steh' ich treu und feste —

Ich blieb ihm treu, und nie verleugnet habe
Ich, was dies Wort und Nitterchr' gebot,
Selbst damals nicht, als meinem Marschallstabe
Der grimme Sieger bei Sedan gedroht.

Mein Herz war kühn und ungebeugt niein Hoffen,
Und in dem Schlachtgewühle stand ich brav,

Bis mich — sie hat dort wirklich mich getroffen -
Des unbarmherz'gcn Feindes Kugel traf,

Die mir den Angst- und SchmerzenSruf entpreßte:

Ich blieb ihm treu und Hab' es nie vergeffen!
Gedenkt ihr wohl der schwülen Maiennacht,

Da Thiers an meinem Platze noch geseffen
Und wir ihn stürzten von dem Stuhl der Macht ?
Wie sicher trafen wir den Ahnungslosen!

Wie fiel der große Kleine gar so tief!

Wie bebtet ihr vor Freud' und Schreck, Franzosen,
Als mich das Parlament zur Macht berief!

Ich stieg zum Stuhl mit majestät'schcr Geste:

Ich blieb ihm treu, und treu in diesen Reichen
Hab' ich gehütet eurer Ehren Schatz;

Ich sprach: Sollt' je von diesem Stuhl ich weichen,
So mach' ich doch nur einem König Platz.

O daß er kam' zum Heil der gläubig Frommen,
Der „Roy“, auf dem des Papstes Segen ruht!
Doch, ach! der Roy, er wollte halt nicht konimen —
Mir und der Gattin ward da weh zu Muth,
Und endlich dacht' ich mir: Es ist das Bcßte,

Ich blieb ihm treu. Die Männer, die zur Seite
Ich als der Herrschaft Räthe mir erwählt,

Wie waren sie gemuth zu kühnem Streite,

Ja selbst zu muntrem 6o»p d’etat beseelt!

Doch andre Zeiten, andre Männer kamen
Und haben frech der Räthe mich beraubt,

Und frech — o Fluch sei dem verhaßten Namen! —
Erhob Gambetta sein verwegnes Haupt.

Ich aber rief mit donnerndem Proteste:

„J’y suis,j’y roste!“

Ich bleibe treu! Bei meiner arnien Seele,

Ich baue fest auf mein gehorsam Heer.
Entlaffen soll ich meine Generäle?

Die liebsten just? Das thu' ich nimmermehr!
Wer weiß, wie bald ich ihrer zur Bataille
Bedarf? Just Diese sollen zu mir stehn.

Deff' seid gedenk, ihr Herren von Versailles;
Ich bin bereit — ihr wißt schon, gegen Wen!
Ich bin der Stamm, und sie sind meine Aestc —

J’y suis! Was fährst, rebellisches Gezüchte,

Und du, Gambetta, wüthig auf mich los?

Muß ich denn wirklich gehn — je nun, so flüchte
Ich fromm mich in des heil'gen Vaters Schooß.
Schon hat im Voraus mir dazu den Segen
Der Bischof Freppel von Angers ertheilt;

In R o m will ich mein Haupt zur Rast dann legen,
Dort will ich ruh», von allein Schmerz geheilt.

Als wie ein Vöglein ruht in sichrem Neste-

So sprach noch gestern er; doch gab er brovi
Manu schon heute seine Demission,

Und leichten Herzens setzt sich Monsieur Gr«vy
Auf den noch warmen Präsidentcnthron.

Bewunderung und Dank wird ihm gespendet
Für diese kühne, schnell cntschloffne That —

Die erste ist'S — kraft deren er vollendet
Den rühmlichen scchsjähr'gen Septennat;

Und Frankreich gönnt ihm, dem Regierungsmüüen,

Den ew'gen Frieden.

KtsMrsösW.


Hon DHci)cr=flinsmaCöE iiöer die Elementartehrer.

Meine Herren! Wenn ich als Landrath vor Ihnen stehe und spreche,
so geschieht dies mit Autorität, obgleich ich von Meyer heiße; aber wenn
Lehrer sich versammeln und Reden halte», wo bleibt da die Autorität?
Wo ist da ei» Landrath? Ja, meine Herren! es fehlen sogar Landräthe
gänzlich in den allgemeinen Lehrerversammlnngen, und das ist ein Zeichen
des Umsturzes, der OrdnungSlosigkcit, deS Chaos. In jeder große»
Versammlung müßte eine große Säule in der Mitte stehen, und
ich meine, das müffe ein Landrath sein; sonst wird ohne alles
Verständlich gesprochen. Sogar über Culturkampf reden diese Menschen!
Sie lehren zwar Religion; aber nur ein Landrath kann ein Ver-
ständniß von Religion und Culturkampf haben, da er täglich gesehen
hat, daß Dünger und gutes Viehfutter nicht auSreicht für das Gedeihen
der Patur-Producte. Ja, Mancher wird sogar dabei bankerott; denn
der Segen kommt von oben. Ich gehe noch weiter, und mci» Freund
von Minnigerode wird es mir bestätigen: ein Elementarlehrer darf
absolut nicht avanciren! Denn, wird der Mann durch großen Fleiß
Schul-Jnspector, so verläßt er seinen Ort, und der Gutsbesitzer, der sich
mit diesem intelligenten Mann „eingescatet" hat. verliert dadurch
doppelt, was etwa der Kreis gewönne. Denn, glauben Sie mir, meine
Herren es ist nicht leicht, eine» jungen Lehrer so lange im Kartenspiel zu
üben, bis er vollständig „sinn" ist, um den dritten Man» machen zu können,
an dem es auf dem Lande so häufig fehlt. Daher fehlt unseren Semmanen
so häufig Eins: ein Cursus mit der Maxime, daß ein Lehrer nichts, absolut
nichts sei, und keine» anderen Ehrgeiz habe» dürfe, als den: der dritte
Mann zu werden bei einem gemüthliche» Gutsbesitzer-Scat.

Monsignor Masella, welcher sich geweigert hat, auf das bairische
Vaterland" zu abonniren, wird jetzt von Dr. Sigl mit Galle und
Schmutz beworfen. Er weigert sich trotzdem, sowohl das Blatt z» halten,
als auch, es wegen der Schmähungen anzufaffen — wie er sagt, aus Ruck-
sichten der Reinlichkeit. _

aus der „gefiederten Welt“.

A. Du hast wieder nichts abbekommen?

8. Nein; aber eine Genugthuung hatte ich doch: mein alter Erzfeind,
der Geheime Kanzleirath X., ist mit der vierten Claffe abgcspcist worden.

A. Da kannst du dich allerdings über dein leergebliebenes Knopfloch
trösten.

Uech muß mür söhr wundern über dön Leuten, was süch so söhr darüber
wundern, daß dü hüsige Polüßcn sich döm Oerk'schen Gesangvereun für
döm neulücheu Reuchshallcn - Conßört dön Vortrag dös alten bäurüschen
Volkslüdes: „Als wür jüngst ün Rögensburg waren" :c. ßu ver- |
bitten und öS für „Tüngeltangel" ßu erklören bewogen gefunden ge- !
wollt hat. Uech in» Gögentheul fände düses Verbot vollstöndig ge-
röchlförtigt. Dönn örstens pro prümo, waS hat dör alter Oerk ün !
Rögensburg ßu suchen? Und ßwcutens, wie heußt „Tüngel-
tangel"? Wüll ötwa düser Hörr Profössor Oerk ün Abröde stölle», daß !
seun gaußes Ströben und Trenben öbenfalls eun volkSlüderliches üst? |
Also worüber beklagt ör süch? Und sollen wür, dü Wöltstadt, ötwa hünter I
düsem klcuncn Stöttün ßurückstöhen? Quod örat döinonslrandum.

Zwickauer.

«für (Dnoinrfreunöe.

Wer dem astrachanischen Caviar heutzutage nicht traut, ihn aber !
gern essen will, bestelle 10 Pfund vom beßten und lade ein halbes Dutzend
guter Freunde zum Frühstück ein. Die guten Freunde, leichtsinnig wie sie I
fast immer sind, werden ohne Scrupel den Caviar bis auf einen kleinen f
Rest verzehre». Nachdem dieses geschehen, lege nian sich aufs Beobachten.
Sind seit sothanem Frühstück 27 Tage verflossen, ohne daß Einer der guten !
Freunde inzwischen an der Pest gestorben ist, so kann man sich den vorhandenen I
Rest des Caviars, wenn anders man immer noch Appetit darauf hat, ruhig I
auf Semmeln streichen und zu Gemüthe führen.
 
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