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Qsb UevWMW.

'Äas letzte Laub streift der Novemberwind
Den Bäumen ab, nackt sie dem Winter lassend,
Der jetzt sein freudlos Regiment beginnt,

Den Vvglein feindlich und die Blumen hassend.
Doch unverzagt! Mag fallen, was da muß!

Ob auch des Winters Macht uns will bezwingen,
Er nimmt zuletzt ein Ende mit Verdruß —

Lin ander Jahr wird andre Blätter bringen.

Der Erd' entsteigt das Schreckgespenst der Noth,
Und nieder setzt sie sich und will nicht weichen;
Mit Sorgen wägt sie das vorhandne Brot
Und rechnet aus: wie lange wird es reichen?

Doch unverzagt! Wenn Hand sich schließt in Hand,
Dann wird der "Noch ihr Anschlag nicht gelingen;
Schon steht im Grün der Wintersaat das Land —
Lin ander Jahr wird voll're Garben bringen.

Ja, wenn der Sorgenbrecher nur, der Wein,

Gerathen wär', ein Trost wär' es gewesen;

Doch eine Schreckenskunde kommt vom Rhein,

Das böse Wort: Wir haben nichts zu lesen! —

Doch unverzagt! Noch ist fiir manches Fest
Genug vorhanden, fröhlich anzuklingen;

In Ruhe lasset trinken uns den Rest —

Lin ander Jahr wird bessre Trauben bringen.

Und nun zu alledem der Ruf: „Zurück!"

Der laut erschallt in diesen trüben Tagen;

Was einst erbaut mit Fleiß ist und mit Glück,

Don rauher Hand mit Spott wird es zerschlagen.

Doch unverzagt! Und kühn darangesetzt
Erneutes Wagen und entschlossnes Ringen!

Der Freiheit Feinde triumphiren jetzt —

Lin ander Jahr wird Andern Aränze bringen.

Kladderadatsch.

An Jortuna. 'eE^p

lNach vollendeter Ziehung der Gewerbe-Ausstellungs-Lotterie.)

„(9 Fortuna, schnöde Metz !

Wehe Denen, so dir trauten
Und auf deine Freundschaft bauten,

Als du sie gelockt ins Netz!

Waruni bist du nicht geblieben
Fern mit deinem Kugeltanz?

Hinterher noch mußt du trüben
Der Gewerb'.Ausstellung Glanz,
Der in Nebel jetzt zerronnen!

Weh unS, weh — daß wir gewonnen!"

Also regt sich bittre Klage
Unter glücklichen Gewinnern,

Wachsend noch mit jedem Tage.

Eiu'ge brummen nur im Innern,

Andre greifen Kühnemann
Offen in der Zeitung an.

Manche schrecklich lästern hört' ich
lieber ihn beschwerend sich
Und, Fortuna, über dich
Um Gewinne, unterwerthig
Od'cr auch ganz ohne Wetth.

Heil mir! Nichts ward mir bescheert!

Als ich es im Blatt gelesen,

Daß von allen meinen Loosen

Keines glücklich war gewesen,

Wollt' ich anfangs toben, tosen,

Und mir schien'S ein hatter Schlag;

Aber schon der zweite Tag
Hat mich ruhiger gefunden,

Und am brüten war's verwunden.

Aber ihr, die ihr gewannst,

Als ihr saht, daß eure Nummer
Wirklich in der Liste stand:

Seit der Zeit mied euch der Schlummer,
Und so manche lange Nacht,

Schwankend zwischen Furcht und Hoffen,
Was der Treffer wohl gekosten,

Habt ihr ruhlos zugebracht.

Als ihr aber den Gewinn
Endlich zu Gesicht bekommen,

Da war alle Freude hin,

Alle Lust war euch benommen.

Kann der Kopf von einem Neger —
Hieß es — wirklich uns erfreu'»?

Können ein Paar Hosenträger
Uns glückselig machen? Nein!

Ach, kein Trost auch wird verschafft
Durch ein Fläschchen Himbeersaft!

Mit Klappstühlen, Ocldruckbildern

Saßen Andre schaudemd da,

Und Verzweiflung, nicht zu schildern.
Zeigte sich, wohin man sah.

Wohl mir, daß von solchen Dingen
Auch nicht eins mir ward beschieden!
Ruhig kann ich weiter singen,

Denn mein Herz behielt den Frieden.
Glücklich diesmal noch enkonnen
Bin ich der Enttäuschung Qual;

Dank, Fortuna, tausendmal
Dank dir, daß ich — nichts gewonnen!

Und versenkt in tiefes Sinnen,

Komm' ich zu dem Schluffe schließlich,
Daß Verlieren ist verdrießlich
Und fataler noch Gewinnen.

Und noch bester mich zu wahren,

Will ich künftig so verfahren:

Sichernd mich für alle Fälle,

Will ich nie mehr Loose kaufen,
Sondern gleich an Ott und Stelle

Künftighin mein Geld ver-trinken.

Dann. Fortuna, wende du,

Wem du willst, dein Lächeln zu!

Aladderadatsch.
 
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