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Bei den Somali-Negern.

(2n dem bekannte» Gehege deö zoologischen Gartens bummeln einige
Strauße, 4 Dromedare, mehrere Gazelle», Schafe und 7 Schwarze herum.
Die letzteren, vom Hals herab bis zu den rolhen türkischen Schuhen mit
einen, weiße» Hemde bekleidet, sind sehr schwärz und rauchen Cigarretten.)

Fchmann. Worauf lauern wir denn? Ick stehe nu schon ne aus-
jeschlagcne halbe Stunde hier an'n Zaun, habe beinahe meinen Cigarrn
verpufft und eS jetzt immer noch »ich an! Wo sind se denn überhaupt?

Frau KehUiann. Na schrei doch man nich so! Da stehn se ja schon lange.

Kehmann. Wo denn? Ach du meine Jute, die 7 Stück! Js des der
janze Zauber? Ei

Carl. Aber Vater, cS wird wohl nur ein ganz kleines Land sein, das
Somal, und da konnte» sie augenblicklich vielleicht nicht mehr entbehren.

Fchmann. Na, vor meinswegen hätten sie die ooch da behalten können,
det sind ja Jungcns.

Müller. Des muß wahr sind. Det Disken, wat sie zeigen, is aber
ooch wirklich schwarz.

Schnitze. Ick jloobe, det is des Einzigste, was se gelernt haben. Na-
türlich außer Rauchen. Ick möchte wirklich wissen, ob es von die Polizei
verboten iS, deß Nichtraucher öffentlich ausgestellt werden dürfen. Ick habe
hier wenigstens noch keenen Wilden ohne Jlimmstengel gesehn. Wenn übrigens
Hagenbeck »och weiter ins Schwarze will, bleibt ihm bald nifcht übrig,
als deß er nächstens mit 'ne Herde Schornsteinfeger anrückt.

Müller. Du redst wieder Blech! Du jloobst wol, deß es wilde Schorn-
steinfeger gibt, die waschecht sind un »ich abfärben? Unsere würden doch
schon nach zwee Tage bis uf das Eaucasische abjejriffen sind.

Schultze. Da haste Recht. Wenn damals die Nubier abgefärbt hätten,
würde manche Berlinerin die ersten 14 Tage nich ohne Handschuhe haben
inS Belte jehn können.

Kansteirnthin. Hugo, ich komme nich eher an das Gitter, bis du mir
die Versicherung gibst, daß ich diese wilden Stämme ansehen kann, ohne zu
errötheu.

Kanfteiralh. Emilie, du kannst ohne Scheu näher treten.

Kanzlrirnlhiu. Herrjees! Die sind ja vow oben bis unten angezogen.
Na, das ist wieder einmal ein recht fauler Schwindel. Kommt, Mädchen,
daS ist nichts für uns. Hugo, wir wollen in die Restauration gehen. (Sie
entfernen sich wüthend.)

(Die Strauße gehen an der Barriere vorüber. Einer von ihnen fährt
mit dem Kopf durch eine Lücke in der Einfriedigung, reißt mit den, Schnabel
einer Frau die Buttersemmel aus der Hand und schleudert sic in das Gehege.
Allgemeiner Jubel.)

Frau Hrösicke. Nu seh den Racker, wie er det liebe Jut veraast!
Wenn er ihr wenigstens »och jejesjen hätte, aber so!

Ein Herr. Verzeihen Sie, gnädige Frau, die Strauße genießen weder
Brot noch Butter.

Hrösickc. Aber von Flcesch allecnc können se doch »Ich leben; oder
sind se Vegetarier? Von wat erhallen se sich denn?

Herr. Bekanntlich haben die Strauße so gute Magen, daß sic Steine
und Glas verdauen können. Um sich nun nicht zu verwöhnen, nehmen sie
Tuchnadeln, Ohrringe, Stockknöpfe, Uhren und sonstige Nippsachen.

Frau Hrösicke. Da muß ja daS Futler Hagenbecken en Heidenjeld

Herr. Gewiß. Er hat neulich erst einen ganzen 80 Pfennig-Bazar
gefahren.

Junge. Fritze, nu seh blos, jetzt woll'n se uf die Strauße reiten und
kennen et nich. Hurrah! Da liegt schon wieder eener unten.

Zweiter Junge. Da jcht eener ab mit ihm. Aber er hackt bloS janz
hinten uf. Aujust, sollst 'mal runter kommen! Det is ja jar nich mehr
Strauß. Du sitzst ja uf die Tournüre! Da liegt er wieder in'n Sand'!

Schultze. Die Arbeitstheilung is hier übrijens famos. Wenn die
Schwarzen lange jcnug jcraucht haben und einer Erholung bedürftig sind,
jehen die Strauße un die Dromedare en paar Mal uf und ab und füllen die
Pausen aus.

Müller. Na, was Recht is, muß Recht bleiben. Die Jungens können
man wenig, aber des auS'm Jrunde. So jut anjeroochte Köppe habe ick
noch »ich jesehn. Blos des Eene verstehe ick nich, deß se so injemummelt
sind. So kalt is eS doch jetzt nich, un Schwarz soll ja wol warm halten.

Gin Herr. Der Nnterschied ihres heimischen Klimas mit dem unsrigen
ist allerdings so bedeutend, daß man es nicht riskiren kann, sie noch weniger
bekleidet austreten zu lassen.

Schultze. Noch, weniger is jut. Mit den Anzug kann man bei uns
Schlittschuh loofen. Wer war denn der Herr?

Müller. Ick jlobe, des is der jetzige Bodinus, uf Deutsch Schmidt.

Schnitze. Netter Mann. UebrijenS steht da drüben Virchow, der will
wohl die Jungens Maß nehmen, denn wird sich ja allens rausstelle».

pastwalli. Was mir Spaß macht, ist diese reine, ungebrochene Natür-
lichkeit der Somalis. Sie sind noch an keiner Stelle von der Eultur beleckt.
Wenn ich da an die Singhalescn und Nubier zurückdenkc. Diese können
ja noch nicht einmal betteln!

Holle. Das macht, weil sic frisch vom Faß kommen. Bei wem sollen
sie wohl zu Hause betteln? Lassen Sie sie ei» Mal in Paris gewesen sein,
und Sie werden sie nicht wieder erkennen.

pascuialii. Ja so! Sie meinen, wenn sie erst das „Fachblatt für
Bettler" gelesen haben.

Fräulein Aurora. Am besten gefällt mir das Federvieh. Blos komisch
is es, daß sie das, was wir auf den Hut stecken, auf der Tournüre tragen.

Frcising. Man sollte doch mit dem Unfug ein Ende machen, Menschen
wie wilde Thiere für Geld zu zeigen, lediglich weil sie eine anders gefärbte
Haut haben als wir.. Wenn Hagenbeck nun doch einmal Leute aus Afrika
herschleppcn muß, dann sollte er nächstens eine Earavane ganz gesunder
deutscher Ansiedler aus Kamerun öffentlich zur Schau stellen. Das wäre
noch viel belehrender.

Fchmann. Sie sind wol Nichtmitglied im Verein für Eolonisatio» ?
Aber wat iS denn los? Sie jehen ja ab. Nu aber nach.

Wärter. Die Somalis gehen jetzt zu Tische, und da dürfen sie nicht
gestört werden.

Hrösicke. Wie schade! Des Eenzigste, wat se vielleicht niachen können,
darf keener vor sein schweres Jeld mit ansehn. Komm Inste, nu jehn

lluch ein Parlament.

Frohe Botschaft wird getragen
Durch die Welt von allen Kabeln:
Fern am Nil voll ernster Würde
Tagen jetzo die „Notabeln."

Alle Weisen rings im Lande
Sind um ihren Rath gebeten,

Wie einmal zu steuern wieder
Den Finanz-Ealamitäten.

Nicht zu lang wird man bemühen
Diese auserwähltcn Kräfte,

Den» im Parlament Aegyptens
Gehen glatt noch die Geschäfte.

Oppositionelles Streben

Trat noch nicht hier in Erscheinung;

Jeder dieser Landesbotcn

Hat ein Amt, doch keine Meinung.

Und das Amt, daS alle üben
Pflichtgetreu und mit Behagen,

Ist, sogleich zu jedem Antrag
Der Regierung „Ja!" zu sagen.

Holder Friede, süße Eintracht!
Keinen Windthorst, keinen Richter
Kennt man hier. Wer sich zum Worte
Meldet, deutlich„Ja!" nurspricht er.—

Mancher Landrath liest die Kunde
In der kreuzgeschmückten Zeitung;
Und er ruft: „O schöne Sitte!
Würdig weitester Verbreitung!

Ob auch faul ist und bedenklich
Im Aegupterland gar vieles,
Wahrer Parlamentarismus
Blüht allein am Strand des Niles!"

3l«tfj|cf(jaft.

Erst wunderliche Bautenpracht, absunderliche Lauteupracht, gcheimnißvollcr
Namen Schall und reimnißtoller Dramenschwall,

Dann Rheingoldnixen-Schwimmerei und Fenerzauber-Glimmere!, Tarn-
kappen - Albrich - Stehlerei, Wotan - Allvater-Quälerei,

Dann Wundertränkchen - Dieberei, geheime Schwestern Liebere!, hoch-
musikant'schc Fiedele!, romantische Einsiedelei,

Dann echte Renaissance-Schau und echter „ä la France“-Sa»,

Dann wünschelruthen-sucherlich und Zinsen zahlend wucherlich,

Dann Guldennolh und Schuldennoth und
Endlich großer Massenkrach und ungeheurer
Kassen krach.

Mut Staunen löse üch ün dön Szeutungen, daß dör börühmter Eom-
ponüst Hörr Anton Rubünsteun eune genstlüchcOper „Mosös" ün acht
Acten componürt hat. Acht Aufßüge scheunt mür doch ölwaS ßu vül, und
üch dönkc: wönn Hörr Rübünsteun seunen Mosös auf dör Bühne brüngen
wüll, so würd ör such wohl öntschlußen müsse», ühm ßu boschneuden.

Zwickauer.
 
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