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ZMraiiloiitaner ScharMnn.
——
Das Zentrum hat sich geweigert, diejenigen für strafbar zu erklären,
welche die Bedrohung von Beamten rechtfertigen oder gar anpreisen. Der
Abg. Gröber begründete das Votum feiner Fraction, indem er sagte: „(5s
kann ja sehr leicht Vorkommen, das; mit einer durchaus erlaubten Handlung
gedroht wird, und das würde auch strafbar sein."
Wer das Leben kennt, wird Herrn Gröber bezeugen, daß derartige
Bedrohungen nicht nur theoretisch möglich sind, sondern auch in der Praxis
oft genug Vorkommen. Wie oft bekommt ein Gerichtsvollzieher die Drohung
zu hören: „Wenn Sie nicht sosort meine Wohnung verlassen, so schlage ich
Ihnen vor, auf dem Sofa Plan zu nehmen, bis ich meinen letzten Tausend-
markschein bei dem nächsten Kaufmann habe wechseln lassen."
Vor einigen Tagen sollten dem Rentier Dickkopp mehrere werthvolle
Gemälde abgepsändet werden, weil er sich hartnäckig weigerte, die Er-
gänzungssteuer zu bezahlen. Kaum halte der Gerichtsvollzieher den Salon
betreten, als Herr Dickkopp ihm drohend zurief: „Wenn Sie nicht
in drei Secunden die Thür von außen zugcmacht haben, so gebe ich Ihnen
einen Tritt, damit Sie die Sachen leichter von der Wand hcrunterholen
können!" Wäre eS nicht unmenschlich, die Glorification einer solchen Be-
drohung mit Strafe, vielleicht mit mehrjährigem Gefängnis; zu belegen?
Es ist beschämend für den Reichstag, das; die übrigen Fraktionen gar
nicht aus dies Bedenken gekommen sind. Dem Eentrum war es wieder
einmal Vorbehalten, das Recht, und speciell dem Abg Gröber, die Wahr-
heit in würdiger Weise zu vertreten.
Zur Krinntrung an Wakdeck.
Seit Waldeck ist von uns gegangen,
Sind fünfundzwanzig Jahr entflohn.
Viel durften wir seitdem empfangen
Als blut'gen Ringens reichen Lohn.
Nur eines, ach, war nicht beschieden
Dem nach ihm kommenden Geschlecht:
Ein Mann wie er, der ohn' Ermüden
Im Kamps für Freiheit stand und Recht.
Unbeugsam, kühn, des Wortes Meister,
. Groß denkend war er, treu und wach;
Ihm aber folgten kleine Geister,
Ach, was für kleine Geister nach!
Anfrage.
--
Der Herr Iustizministcr Schönstedt hat im Reichstage von dem „sonst
o richtigen Blick" des Centrums gesprochen.
Ist dieser „sonst so richtige Blick" vielleicht dasselbe, was sonst der
„böse Blick" oder das „böse Auge", in Italien „mulooclüd" oder ,.zolln-
tura" genannt wird?
Maturgeschichtkiches.
——
Die Vogelwelt des Berliner Zoologischen Gartens hat eine Bereicherung
erfahren durch den Schmarotzer-Milan MIvus pru-asitious) der neuer-
dings dort eingezogen ist. Von diesem Raubvogel sagt Brehm in seinem
illustrirten Thierleben: „Der Schmarotzer-Milan ist der frechste, zu-
dringlichste Vogel, welchen ich kenne. Kein Thier kann seinen Namen besser
verdienen als er. Sein Handwerk ist das Betteln. Seinem scharfen Auge
entgeht nichts."
Das Verbreitungsgebiet des Schmarotzer-Milans umfaßt nach Brehm
ganz Afrika, mit Ausnahme der Atlasländer, Madagaskar, Palästina.
Syrien und Kleinasten. Außerdem kommt er aber auch, was Brehm ent-
gangen zu sein scheint, in Serbien vor und ist dort sogar sehr gemein.
Vom ritterschaftlichen Polizeiamt zu Dassow in Mecklenburg ist eine
arme Arbeiterfrau „wegen unbefugten Haltens einer Grabrede" zu 2 M.
Strafe verurtheilt worden und hat außerdem noch für Gebühren und Aus-
lagen 1,50 M. entrichten müssen, weil sie in Abwesenheit eines Geistlichen
beim Leichenbegängniß am Grabe ihres Kindes einen Gefangbuchvers ge-
sprochen hat.
In Mecklenburg existirte wohl noch vor nicht langer Zeit die Prügel-
strafe. Wäre sie heute noch in Gebrauch, und dem Polizeirichter, der das
obige Urtheil gefällt hat, würden 25 aufgezählt, so würden vielleicht auch
principielle Gegner dieser Strafart sagen, in diesem Fall wäre sie doch
nicht ganz unangebracht gewesen.
Der Zlrn stürz von oben.
——
Die „Schlesische Zeitung" fordert die Negierungen aus. das Reich und
damit auch den Reichstag aufzuheben und so den Boden für eine gesundere
Neubildung zu schaffen. Das Blatt sagt: „Hat das Reich nur auf eine
Stunde aufgchört zu bestehen, so können sich die früheren Glieder desselben
die doch zu bestehen fortfahren, in der nächsten Stunde zu einem neuen
Bunde vereinigen."
Wenn die vereinigten Negierungen geneigt sind, auf den Vorschlag ein-
zugehen, so möchten wir ihnen zur Ausführung der Sache die Stunde von
4—5 Uhr Morgens empfehlen. Dann sind nur noch Nachtwächter, Hebammen,
Hazardspieler und heimkehrende Zecher wach, lauter Leute, die für die
Verfassung des Reiches kein besonderes Interesse haben, alle Politiker von
Fach liegen in festem Schlaf und können keinen Einspruch erheben. Beim
Aufstchen finden sie das neue Reich fix und fertig vor und müssen sich in
die Thatsache fügen. Wird daS Unternehmen bis zum Winter verschoben,
wo die Parlamentarier beim Bier und in Gesellschaften länger aufzubleiben
pflegen, so würde sich vielleicht die Stunde von 5 — 0 Uhr Morgens mehr
empfehlen.
Die drei gestrengen Kerren von 1895.
So lob' ich mir die gestrengen Herren!
Die sonst uns in die Häuser sperren
Und nur darauf aus sind, uns zu schaden,
Erwiesen sich diesmal voller Gnaden.
Servatius trat zuerst herein,
Schwang fröhlich das Glas voll Maienwein
Und lachte über das ganze Gesicht.
Strenger war auch Pankratius nicht,
Kam auch mit gar willkommenen Spenden,
Hielt duftende Blumen in den Händen.
Es machte den angenehmen Schluß
Mit Sang und Klang Bonifacius,
Mit lauten bald und bald mit leisen
Anmuthigen Singvogelweisen.
So kamen angetanzt die drei,
Die gerne verderben uns sonst den Mai.
Es strahlten von Güte und von Milde,
Die sonst nichts Gutes führen im Schilde
Und unhold sich zeigen meistentheils.
So ist's geschehen im Jahr des Heils,
Als eben, zur Beruhigung allen,
Die Umsturzvorlage war gefallen.
Das hatte wohl die Strengen auch
Erheitert, so daß sie wider Brauch
Und Herkommen diesmal sich benommen
Und sind als lustige Knaben gekommen.
Hrkkärnug.
—...
Es ist mir zu Ohren gekommen, daß der für unsere Firma rhätige
p. p. Köller unsere vcrehrlichen Kunden durch ungefälliges Gebaren und
geflissentliche Grobheit vor den Kopf stößt. Ich kann leider nichts dagegen
machen, will aber doch keinen Zweifel darüber lassen, daß ich solches Be-
nehmen des p. p. Köller entschieden mißbillige und von Herzen beklage.
Ich bitte die verehrten Kunden, unserer Firma das frühere Wohlwollen
zu bewahren.
Achtungsvoll und ergebenst
Kytodrvig KoHerrkoye.
Engros-Geschäft für Herstellung von Steuervorlagen
und Gesetzen jeden Genres.
ZMraiiloiitaner ScharMnn.
——
Das Zentrum hat sich geweigert, diejenigen für strafbar zu erklären,
welche die Bedrohung von Beamten rechtfertigen oder gar anpreisen. Der
Abg. Gröber begründete das Votum feiner Fraction, indem er sagte: „(5s
kann ja sehr leicht Vorkommen, das; mit einer durchaus erlaubten Handlung
gedroht wird, und das würde auch strafbar sein."
Wer das Leben kennt, wird Herrn Gröber bezeugen, daß derartige
Bedrohungen nicht nur theoretisch möglich sind, sondern auch in der Praxis
oft genug Vorkommen. Wie oft bekommt ein Gerichtsvollzieher die Drohung
zu hören: „Wenn Sie nicht sosort meine Wohnung verlassen, so schlage ich
Ihnen vor, auf dem Sofa Plan zu nehmen, bis ich meinen letzten Tausend-
markschein bei dem nächsten Kaufmann habe wechseln lassen."
Vor einigen Tagen sollten dem Rentier Dickkopp mehrere werthvolle
Gemälde abgepsändet werden, weil er sich hartnäckig weigerte, die Er-
gänzungssteuer zu bezahlen. Kaum halte der Gerichtsvollzieher den Salon
betreten, als Herr Dickkopp ihm drohend zurief: „Wenn Sie nicht
in drei Secunden die Thür von außen zugcmacht haben, so gebe ich Ihnen
einen Tritt, damit Sie die Sachen leichter von der Wand hcrunterholen
können!" Wäre eS nicht unmenschlich, die Glorification einer solchen Be-
drohung mit Strafe, vielleicht mit mehrjährigem Gefängnis; zu belegen?
Es ist beschämend für den Reichstag, das; die übrigen Fraktionen gar
nicht aus dies Bedenken gekommen sind. Dem Eentrum war es wieder
einmal Vorbehalten, das Recht, und speciell dem Abg Gröber, die Wahr-
heit in würdiger Weise zu vertreten.
Zur Krinntrung an Wakdeck.
Seit Waldeck ist von uns gegangen,
Sind fünfundzwanzig Jahr entflohn.
Viel durften wir seitdem empfangen
Als blut'gen Ringens reichen Lohn.
Nur eines, ach, war nicht beschieden
Dem nach ihm kommenden Geschlecht:
Ein Mann wie er, der ohn' Ermüden
Im Kamps für Freiheit stand und Recht.
Unbeugsam, kühn, des Wortes Meister,
. Groß denkend war er, treu und wach;
Ihm aber folgten kleine Geister,
Ach, was für kleine Geister nach!
Anfrage.
--
Der Herr Iustizministcr Schönstedt hat im Reichstage von dem „sonst
o richtigen Blick" des Centrums gesprochen.
Ist dieser „sonst so richtige Blick" vielleicht dasselbe, was sonst der
„böse Blick" oder das „böse Auge", in Italien „mulooclüd" oder ,.zolln-
tura" genannt wird?
Maturgeschichtkiches.
——
Die Vogelwelt des Berliner Zoologischen Gartens hat eine Bereicherung
erfahren durch den Schmarotzer-Milan MIvus pru-asitious) der neuer-
dings dort eingezogen ist. Von diesem Raubvogel sagt Brehm in seinem
illustrirten Thierleben: „Der Schmarotzer-Milan ist der frechste, zu-
dringlichste Vogel, welchen ich kenne. Kein Thier kann seinen Namen besser
verdienen als er. Sein Handwerk ist das Betteln. Seinem scharfen Auge
entgeht nichts."
Das Verbreitungsgebiet des Schmarotzer-Milans umfaßt nach Brehm
ganz Afrika, mit Ausnahme der Atlasländer, Madagaskar, Palästina.
Syrien und Kleinasten. Außerdem kommt er aber auch, was Brehm ent-
gangen zu sein scheint, in Serbien vor und ist dort sogar sehr gemein.
Vom ritterschaftlichen Polizeiamt zu Dassow in Mecklenburg ist eine
arme Arbeiterfrau „wegen unbefugten Haltens einer Grabrede" zu 2 M.
Strafe verurtheilt worden und hat außerdem noch für Gebühren und Aus-
lagen 1,50 M. entrichten müssen, weil sie in Abwesenheit eines Geistlichen
beim Leichenbegängniß am Grabe ihres Kindes einen Gefangbuchvers ge-
sprochen hat.
In Mecklenburg existirte wohl noch vor nicht langer Zeit die Prügel-
strafe. Wäre sie heute noch in Gebrauch, und dem Polizeirichter, der das
obige Urtheil gefällt hat, würden 25 aufgezählt, so würden vielleicht auch
principielle Gegner dieser Strafart sagen, in diesem Fall wäre sie doch
nicht ganz unangebracht gewesen.
Der Zlrn stürz von oben.
——
Die „Schlesische Zeitung" fordert die Negierungen aus. das Reich und
damit auch den Reichstag aufzuheben und so den Boden für eine gesundere
Neubildung zu schaffen. Das Blatt sagt: „Hat das Reich nur auf eine
Stunde aufgchört zu bestehen, so können sich die früheren Glieder desselben
die doch zu bestehen fortfahren, in der nächsten Stunde zu einem neuen
Bunde vereinigen."
Wenn die vereinigten Negierungen geneigt sind, auf den Vorschlag ein-
zugehen, so möchten wir ihnen zur Ausführung der Sache die Stunde von
4—5 Uhr Morgens empfehlen. Dann sind nur noch Nachtwächter, Hebammen,
Hazardspieler und heimkehrende Zecher wach, lauter Leute, die für die
Verfassung des Reiches kein besonderes Interesse haben, alle Politiker von
Fach liegen in festem Schlaf und können keinen Einspruch erheben. Beim
Aufstchen finden sie das neue Reich fix und fertig vor und müssen sich in
die Thatsache fügen. Wird daS Unternehmen bis zum Winter verschoben,
wo die Parlamentarier beim Bier und in Gesellschaften länger aufzubleiben
pflegen, so würde sich vielleicht die Stunde von 5 — 0 Uhr Morgens mehr
empfehlen.
Die drei gestrengen Kerren von 1895.
So lob' ich mir die gestrengen Herren!
Die sonst uns in die Häuser sperren
Und nur darauf aus sind, uns zu schaden,
Erwiesen sich diesmal voller Gnaden.
Servatius trat zuerst herein,
Schwang fröhlich das Glas voll Maienwein
Und lachte über das ganze Gesicht.
Strenger war auch Pankratius nicht,
Kam auch mit gar willkommenen Spenden,
Hielt duftende Blumen in den Händen.
Es machte den angenehmen Schluß
Mit Sang und Klang Bonifacius,
Mit lauten bald und bald mit leisen
Anmuthigen Singvogelweisen.
So kamen angetanzt die drei,
Die gerne verderben uns sonst den Mai.
Es strahlten von Güte und von Milde,
Die sonst nichts Gutes führen im Schilde
Und unhold sich zeigen meistentheils.
So ist's geschehen im Jahr des Heils,
Als eben, zur Beruhigung allen,
Die Umsturzvorlage war gefallen.
Das hatte wohl die Strengen auch
Erheitert, so daß sie wider Brauch
Und Herkommen diesmal sich benommen
Und sind als lustige Knaben gekommen.
Hrkkärnug.
—...
Es ist mir zu Ohren gekommen, daß der für unsere Firma rhätige
p. p. Köller unsere vcrehrlichen Kunden durch ungefälliges Gebaren und
geflissentliche Grobheit vor den Kopf stößt. Ich kann leider nichts dagegen
machen, will aber doch keinen Zweifel darüber lassen, daß ich solches Be-
nehmen des p. p. Köller entschieden mißbillige und von Herzen beklage.
Ich bitte die verehrten Kunden, unserer Firma das frühere Wohlwollen
zu bewahren.
Achtungsvoll und ergebenst
Kytodrvig KoHerrkoye.
Engros-Geschäft für Herstellung von Steuervorlagen
und Gesetzen jeden Genres.