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Über eine Jünglingsstatue zu Boston.
an beiden Oberschenkeln in der Nähe der Hüfte schlecht zu
dieser Voraussetzung, dafür wären sie nur in der Nähe der Kniee
passend. Nach zahllosen Beispielen werden wir auch hier an-
nehmen, daß diese Stützen, ihre Spuren lassen sie als gleichartige
und parallellaufende voraussetzen, einst nach den Handwurzeln
gingen. Setzen wir diese so an, daß sie von der Verlängerung
jener Ansätze getroffen werden, dann ergibt sich, dass die beiden
Arme unserer Figur nicht gesenkt, sondern im rechten Winkel
vorgestreckt waren. Es erübrigt nun nichts weiter zu thun, als
was sich fast wie eine selbstverständliche Forderung aufdrängt.
Denken wir uns ein Halternpaar in die Hände, so ist die Aktion
von einer überraschenden Klarheit, der Anlauf zum Sprung.1
Dazu stimmt alles was wir an Bewegung in diesem Körper sehen,
ja, es wird uns erst jetzt verständlich. Das Gewicht des vorge-
beugten Leibes ruht nicht ausschließlich auf dem rechten Stand-
bein, das linke sich vom Boden lose erhebende wirkt noch mit,
oder sagen wir besser nach, das Muskelspiel des Körpers verrät
jugendliche Spannkraft, aber keinerlei Anspannung, seine starke
Neigung kontrastiert wirksam mit dem emporgerichteten Haupte,
das sich ein wenig nach rechts wendet, das Auge scheint in
die Ferne auf das Ziel gerichtet, der Mund ist geöffnet, der Be-
ginn der Aktion spiegelt sich förmlich in der feinen Erregung
dieses Antlitzes.
So haben wir hier statt des gesuchten Götterbildes ein Sieger-
bild erkannt, und, wenn auch ein jüngster litterarischer Versuch,
beides zu einen, die Vermutung nahelegt, er könne wohl auch einmal
hier wiederholt werden, solchem Thun vorbeugen liegt jenseits
unseres Amtes. Wem ein kunstvoller Schopf genügt, um seinen
Träger zum Apoll zu erheben, dem mag dieses unbenommen bleiben.
Für einen Knaben, der mit keinem andern Schmuck zum Kampf-
spiel kommen durfte, hat er an sich nichts Auffallendes2, und zum
Knaben-Siegerbild will er besonders passend erscheinen, wie uns
die Eros-Frisur des Dornausziehers lehrt.
1 ^rgL Jüthner, Über antike Turngeräte, S. 14 mit Anm. 12. Auch in Robinsons
Beschreibung heisst es S. 19: He might be preparing to run ....
2 Als Beispiel mag der Kindersarkophag des Louvre Clarac 75, 1 R. genügen, auf
welchem sämtliche Knabenkämpfer, der den myronischcn Diskobol imitierende voran, kunst-
voll frisiert erscheinen.
Über eine Jünglingsstatue zu Boston.
an beiden Oberschenkeln in der Nähe der Hüfte schlecht zu
dieser Voraussetzung, dafür wären sie nur in der Nähe der Kniee
passend. Nach zahllosen Beispielen werden wir auch hier an-
nehmen, daß diese Stützen, ihre Spuren lassen sie als gleichartige
und parallellaufende voraussetzen, einst nach den Handwurzeln
gingen. Setzen wir diese so an, daß sie von der Verlängerung
jener Ansätze getroffen werden, dann ergibt sich, dass die beiden
Arme unserer Figur nicht gesenkt, sondern im rechten Winkel
vorgestreckt waren. Es erübrigt nun nichts weiter zu thun, als
was sich fast wie eine selbstverständliche Forderung aufdrängt.
Denken wir uns ein Halternpaar in die Hände, so ist die Aktion
von einer überraschenden Klarheit, der Anlauf zum Sprung.1
Dazu stimmt alles was wir an Bewegung in diesem Körper sehen,
ja, es wird uns erst jetzt verständlich. Das Gewicht des vorge-
beugten Leibes ruht nicht ausschließlich auf dem rechten Stand-
bein, das linke sich vom Boden lose erhebende wirkt noch mit,
oder sagen wir besser nach, das Muskelspiel des Körpers verrät
jugendliche Spannkraft, aber keinerlei Anspannung, seine starke
Neigung kontrastiert wirksam mit dem emporgerichteten Haupte,
das sich ein wenig nach rechts wendet, das Auge scheint in
die Ferne auf das Ziel gerichtet, der Mund ist geöffnet, der Be-
ginn der Aktion spiegelt sich förmlich in der feinen Erregung
dieses Antlitzes.
So haben wir hier statt des gesuchten Götterbildes ein Sieger-
bild erkannt, und, wenn auch ein jüngster litterarischer Versuch,
beides zu einen, die Vermutung nahelegt, er könne wohl auch einmal
hier wiederholt werden, solchem Thun vorbeugen liegt jenseits
unseres Amtes. Wem ein kunstvoller Schopf genügt, um seinen
Träger zum Apoll zu erheben, dem mag dieses unbenommen bleiben.
Für einen Knaben, der mit keinem andern Schmuck zum Kampf-
spiel kommen durfte, hat er an sich nichts Auffallendes2, und zum
Knaben-Siegerbild will er besonders passend erscheinen, wie uns
die Eros-Frisur des Dornausziehers lehrt.
1 ^rgL Jüthner, Über antike Turngeräte, S. 14 mit Anm. 12. Auch in Robinsons
Beschreibung heisst es S. 19: He might be preparing to run ....
2 Als Beispiel mag der Kindersarkophag des Louvre Clarac 75, 1 R. genügen, auf
welchem sämtliche Knabenkämpfer, der den myronischcn Diskobol imitierende voran, kunst-
voll frisiert erscheinen.